Seelenfunke

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Keyword: Seelenfunke

Links: Feuer, Licht, Selbst

Definition: Seelenfunke - Scintilla ­ Spinther. Ein von Meister Eckhart verwendetes Bild, eigentlich ein umfassendes Konzept des Inneren Lichts und der inneren Führung im Rahmen der abendländischen Mystik.

Information: Entsprechungen gibt es in der chinesischen Philosophie, im tibetischen Buddhismus sowie unter dem Stichwort Licht und Erleuchtung in allen Religionen. Auch in der Alchemie sind scintilla vitae und spinther in der Gnosis dem Seelenfünklein von Meister Eckhart bedeutungsgleich. Paracelsus beschreibt in seinen Schriften mit dem lumen naturae das gleiche Phänomen. Schon die Vielfalt und Ubiquität des "Fünkleins" verweist auf eine allgemein menschliche Erlebnisbasis im Sinne eines Archetyps nach C. G. Jung.

Interpretation: "Wenn sich der Mensch abkehrt von sich selbst und von allen geschaffenen ­ so weit du das tust, so wirst du geeint und beseligt in dem Fünklein in der Seele, das weder Zeit noch Raum berührte." (Meister Eckehart, 1979, S. 315 / 316)."Es gibt eine Kraft in der Seele, die spaltet das Gröbste ab und wird mit Gott vereint: das ist das Fünklein der Seele." (a. a. O. S. 243).

Der Seelenfunke symbolisiert die Kraft im Menschen, die seine Seele unmittelbar, vom Wesen her mit Gott vereint, dem Ziele aller unio mystica. Und vom spinther heißt es in der Gnosis " [...] daß die Menschen oder wenigstens einige Menschen von Anbeginn an ein höheres, aus der Lichtwelt stammendes Element, (den spinther) in sich tragen, das sie befähige, sich über die Welt der Sieben in die obere Welt des Lichtes, des unbekannten Vaters und der himmlischen Mutter zu erheben."

Es ist auch die Rede von dem "allerkleinsten Funken", "der sich einmischt und sich zu einer unbegrenzten und unveränderlichen Kraft entwickle." (C. G. Jung, G. W. 9 / II, 344). Das scheinbar so winzige Seelenfünklein ist Träger einer unermesslichen Kraft und damit Symbol einer entsprechenden Energie im Menschen und der Natur. Fast könnte man in ihm die Energie der Evolution in symbolischer Form erkennen. Dieser die konventionelle Religion ängstigende Gedanke sprengt jeden Rahmen, als Grundelement der Mystik muss das kleine Fünklein sehr verdächtig sein, verbindet es doch den Menschen direkt mit dem Ewigen.

Bei Meister Eckhart finden sich viele Hinweise auf diese Verbindung. Das Fünklein ist der Wegweiser "in den einfaltigen Grund, in die stille Wüste, in die nie Unterschiedenheit hineinlugte [...] Denn dieser Grund ist eine einfaltige Stille, die in sich selbst unbeweglich ist; von dieser Unbeweglichkeit aber werden alle Dinge bewegt. (Meister Eckhart, a. a. O. S. 316) Damit ist das Fünklein auch Wegweiser in jenen unnennbaren Bereich jenseits aller Dualität oder Trinität, weder Vater noch Sohn noch Heiliger Geist haben da je hinein gelugt. Im Fünklein verbindet sich damit das unendlich Kleine und das unendlich Große zu einer im mystischen Symbol erscheinenden Einheit. Es entspricht der Jungschen Definition, nach der das Symbol eben gerade das noch nicht Benennbare darstellt im Sinne einer transzendenten Funktion. Vor diesem Hintergrund meint Jung sei die scintilla als Symbol des Selbst aufzufassen.

In seinen Studien zur Mandalasymbolik kommt Jung zu dem Schluss, "dass auch im westlichen Mandala die scintilla, der Seelenfunke, die innerste göttliche Essenz im Menschen, durch Symbole gekennzeichnet, darstellt, die ebenso gut ein Gottesbild bezeichnen können". (C. G. Jung, GW 9, II, 717).

Den Scintilla hat Jung ein Kapitel in Mysterium Coniunctionis gewidmet und dort den Kontext dargestellt. (C. G. Jung, GW 14 / 1, 41 ff).

Im Jungs Kommentar zu "Das Geheimnis der Goldenen Blüte" wird die Verbindung zum TAO dargestellt."Die Goldblume ist das Licht, und das Licht des Himmels ist das TAO." (C. G. Jung, GW 13, 33) Die Lichtsymbolik kann hier angedeutet werden.

In seiner Darstellung der "Grundlagen tibetischer Mystik" spricht Lama Anagarika Govinda von einem inneren Licht als einziger Möglichkeit der Führung in der Tiefe unseres Bewusstseins wie auch vom "Wunder jenes inneren Lichts, das in der Tiefe unseres Bewusstseins schlummert". (Govinda, 1991, S. 329 und 337). Dieses Licht entspricht dem Seelenfünklein und der Goldblüte.

Literatur: Standard

Autor: Seifert, Theodor