Hochzeit

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Keyword: Hochzeit

Links: Beziehung, Coniunctio, Eros-Prinzip, Fruchtbarkeit, Heirat, Mysterium Coniunctionis, Mystos-Prinzip, Sexualität, Weiß

Definition: Hochzeit (mhd. hochgezit, verkürzt hochzit „hohes kirchliches oder weltliches Fest; höchste Herrlichkeit; höchste Freude; Vermählung[sfeier]; Beilager) bezeichnet das Fest der Eheschließung zwischen zwei Menschen. Unter einer Hoch-Zeit wird auch ein glänzender Höhepunkt, Höchststand einer Entwicklung, eines Zeitabschnitts; die Blütezeit verstanden

Information: Keine

Interpretation: Hochzeit lässt sich als archetypisch strukturiertes Muster mit einem umfangreichen, die Grenzen des Menschlichen überschreitenden Bedeutungsspektrum betrachten. Es steht unter dem Zeichen der Coniunctio, d. h. einer Gegensatzvereinigung, konkret (sieht man einmal von homophilen Verbindungen ab) in der Vereinigung von Mann und Frau, die sich gemäß eines eigentümlichen, d. h. kulturabhängigen Ritus ehelich verbinden. Die Religionen kennen vielfältige kultische Feiern, die sich jeweils theologisch (nicht nur im christlichen Sinn) begründen und interpretieren lassen.

Dem Fest der Freude, das in alten Kulturen orgiastische Züge annehmen kann, liegt ursprünglich eine naturreligiöse Bedeutung zugrunde. Nicht nur Menschen vereinigen sich, sondern dem irdischen Geschehen liegt auf der Ebene der Götter ein überirdisches Ereignis den irdischen Vollzügen beispielgebend zugrunde. Es handelt sich hier um eine heilige Hochzeit (griech. Hieros gamos), bei der der Gott des Himmels mit Mutter Erde Hochzeit feiert, sodass von einer "kosmischen Struktur des Eherituals" gesprochen werden kann. „Für den nichtreligiösen Menschen der modernen Gesellschaft ist diese zugleich kosmische und sakrale Dimension der ehelichen Vereinigung schwer fassbar. Doch für den religiösen Menschen der archaischen Gesellschaften ist die Welt voll von Botschaften. Den Mythen und Riten der Mutter Erde liegen vor allem die Vorstellungen von Fruchtbarkeit und Reichtum zugrunde. Dabei handelt es sich um religiöse Gedanken, denn die vielerlei Aspekte der Fruchtbarkeit offenbaren letzten Endes das Mysterium der Geburt, der Erschaffung des Lebens. Das ist alles in den kosmischen Rhythmen 'chiffriert', und man braucht nur zu dechiffrieren, was der Kosmos in seinen vielfachen Seins-Weisen 'sagt', um das Mysterium des Lebens zu begreifen" (M. Eliade, S. 86 f. )

Dieses hochzeitliche Geschehen wird im umgrenzten heiligen Bereich vollzogen, in dem der Priester als der Repräsentant seines Gottes in "heiliger Zeit", z. B. zum Jahresbeginn, mit der dafür ausersehenen Gattin die heilige H. begeht. In der Tempelprostitution findet sie ihre vielfältige Fortsetzung.

Eine Spiritualisierung erhält das Motiv der Hochzeit in der Mystik. Der äußere Akt der Vereinigung ist in die Seeleninnerlichkeit gerückt. Es geht um die mystische Hochzeit, dem Hochziel aller Mystik (via unitiva; unio mystica). Das Streben in frommer Hingabe an Gott ist darauf gerichtet mit der Tiefe des Seins eins zu werden. Dazu bedarf es bestimmter Schritte der Vorbereitung, etwa der Reinigung (via purgativa) in seelisch-geistiger und in ethischer Hinsicht, ehe als nächster Schritt (via illuminativa) die spirituelle Erleuchtung (illuminatio) erfolgen kann. Bisweilen wird Wert auf die Feststellung gelegt, dass es zu einer totalen Verschmelzung mit der Gottheit nicht kommen könne, sondern bestenfalls zu einer communio mystica, bei der die Personhaftigkeit und das Gegenübersein der beiden Kommunizierenden gewahrt bleiben müsse. Dies, so fordert die jüdische und bis zu einem gewissen Grade auch die christliche Mystik, habe aufgrund der Transzendenz Gottes zu geschehen. Der Versuch einer Vermischung beider Wesenheiten unterliege einer gefährlichen Selbsttäuschung der menschlicher Hybris.

Analog zur heiligen Hochzeit bezieht sich die chymische Hochzeit auf Entwicklungs- bzw. Reifungsvorgänge in der Alchemie, die der Goldwerdung, d. h. der Veredelung von Mensch und Materie betrifft. In der Analytischen Psychologie hat dieser Aspekt dadurch besondere Beachtung gefunden, dass es nach H. Silberer vor allem C. G. Jung gelang, bemerkenswerte Entsprechungen zwischen der alchemistischen Symbolik und vergleichbaren Vorgängen im Selbstwerdungsprozess (Individuation) des Menschen aufzudecken.

Literatur: Standard; Eliade, M.: (1957): Das Heilige und das Profane; Wehr, G.: (1998): Heilige Hochzeit

Autor: Wehr, Gerhard