Gast
Keyword: Gast
Links: Abendmahl, Haus, Nahrung, Waschen
Definition: Gast, Gastfreund (germanisch gastiz "Fremdling", gotisch gasts - ahd. gast "Fremdling", vgl. engl. guest) Bezeichnet allgemein einen fremden Menschen, der zur Teilnahme einer gemeinsamen Tätigkeit eingeladen ist. Hierbei handelt es sich zumeist um ein gemeinsames Essen oder die Beherbergung. In diesem Sinne ist der Gast auch der Gastfreund, welcher der ursprüngliche Sinn und kulturelle Zusammenhang des Gastes ist (Freundschaft).
Information: Der Gast bzw. die Gastlichkeit symbolisiert sich in einladenden Gesten, in denen der Fremde den Status des Gastes erlangt, sowie in danksagend-verehrenden Gesten, in denen der Fremde den Status des Gastes erbittet. Hierin demonstriert sich die Heterogenität des Gasts, die als die des Eigenen und des Fremden verstanden werden kann. Zeigt sich der Gast zunächst als der Fremde, wird er dadurch, dass er Gast wird, als Aspekt des Eigenen anerkannt. In diesem Sinne begegnet sich der Gastgeber durchaus selbst in seinem Gast und lädt sich geradezu selbst ein. Erwähnenswert ist neben dem geladenen Gast insbesondere der ungebetene und ungeladene Gast, dem jedoch aus kultureller Konvention heraus nach seinem Auftreten der Gaststatus nicht versagt werden kann. Dies verweist sowohl auf die Schutzpflicht des Gastgebers als auch auf den unpersönlichen Charakter des Gaststatus, der bei Einhaltung entsprechender Regeln ohne Ansehen der Person gewährt wird. Dies bedeutet nicht, dass nicht nach dem Woher und Wohin gefragt würde.
Bereits in mythisch-rituellen Kulturen findet sich der Status des Gastes. In der Unterwerfung des Gastes unter bestimmte Regeln verpflichtet er den Gastgeber auf dessen Schutz und Beherbergung.
In griechischer Mythologie wacht Zeus über die Gastfreundschaft und die Einhaltung ihrer Regeln. In der Genesis des Alten Testaments verpflichtet die Gastfreundschaft sogar tiefer als die Vaterschaft. Neben der privaten oder familiären Beherbergung gab es bereits in der Antike Gasthäuser für Fremde und Reisende (Xenodochien), die später v. a. den Klöstern zugeordnet waren und sich schließlich allgemein Bedürftigen zuwandten. Hieraus gingen die Hospitäler/Spitäler/Hospize und somit sowohl die heutigen Krankenhäuser als auch die klassischen Herbergen, Restaurants und Hotels hervor.
Interpretation: Neben dem Ablegen der (wärmenden) Reisekleidung, dem Angebot von Wasser zum Trinken und Obdach, galt insbesondere im Mittelalter das Waschen der Füße als auszeichnendes Symbol, jemanden als Gast aufzunehmen. Auch heutzutage gilt es als gastlich, sich zunächst den "Reisestaub" abzuwaschen (z. B. Schuhe abtreten, Handschuhe ausziehen, Hände waschen) sowie Kopfbedeckungen, Jacken und Mäntel abzulegen. Umgekehrt bittet der Fremde um die Aufnahme als Gast, indem er den Gastgebern seine Verehrung ausspricht. Dies kann bis zu Geschenken reichen (z. B. Blumen, Mitbringsel). Als wichtigstes Symbol der Gastfreundschaft kann aber wohl weiterhin das Anbieten von Getränken und gemeinsame Trinken (Begrüßungstrunk, Bescheid tun) und insbesondere das gemeinsame (Gast-)Mahl (hier wäre der Begrüßungstrunk dann der Aperitif) angesehen werden. Das Gastmahl (grch. symposion), bei welchem gemeinsam Wein getrunken und auch – insbesondere in der römischen Form – gegessen wurde, war zugleich Ort und Ritual dialogischen – sokratischen – Gesprächs. In seiner frühchristlichen Form fand sich dies als Liebesmahl (grch. agape), in welcher sich der irdische Christ als geliebter Gast Jesu feierte. In der christlichen Symbolik findet sich dies insbesondere als Abendmahl bzw. Eucharistie, in welcher in Wiederholung des letzten Gastmahles Jesu mit seinen Jüngern die christliche Verehrung Gottes und dessen ursprüngliche Liebes- und Rettungsintention gefeiert wird. Auch wenn der Christ sich nicht als Gast Gottes versteht – obwohl die Eucharistie im "Haus Gottes" (Gotteshaus, Kirche) gefeiert wird –, sondern sich als dessen Geschöpf begreift und erlebt, kann die Gastlichkeit der Eucharistie kaum übersehen werden. Insgesamt kann die Feier als höchstes Symbol der Gastfreundschaft angesehen werden. Auch in professionellen Gasthäusern wie den Hotels ist der Gaststatus an das Einhalten bestimmter Regeln gebunden (Hausordnung, Zahlungsverpflichtung) und kann wechselseitig durch einladende Gesten ("auf Kosten des Hauses") und Dankbarkeitsbezeugungen ("Trinkgeld") vertieft werden. Im antiken Griechenland ist zudem das "symbolon" (grch. Erkennungszeichen) die in zwei Teile zerrissene Marke, mit der Gastgeber und Gastfreund sich für später füreinander identifizierbar machen (Abschied).
Literatur: Standard
Autor: Schlimme, Jann; Te Wildt, Bert T.