Fuchs
Keyword: Fuchs
Links: Fruchtbarkeit, Hermes-Mercurius, Hund, Intuition, Jenseits, Narr, Psychopompos, Teufel, Tier, Trickster, Wolf
Definition: Ein Fuchs ist hundeähnliches heimisches Raubtier mit buschigem Schwanz, in Nord- und Mitteleuropa mit meist rotbrauner Fellfärbung.
Information: In Märchen, Mythen und Fabeln wird der Fuchs einerseits als kluges, listiges, flinkes, sehr waches Tier dargestellt, das oft die Schwächen anderer ausnützt, um die geringen eigenen Körperkräfte zu kompensieren, andererseits aber auch als verschlagen, betrügerisch, hinterlistig und angeberisch. Das seinem Verhalten zugrunde liegende archetypische Muster entspricht dem des Tricksters. Narrheit und Weisheit liegen beim Fuchs, wie auch bei Trickster und Narren nahe beisammen. Während der Fuchs bei den Bauern als Eindringling, Räuber und gieriger Fresser galt, der es legendär auf das Federvieh (Gans, Huhn) abgesehen hat, schätzten asiatische Völker seine Instinktsicherheit und Weisheit, galt er als Symbol für Langlebigkeit und Schlauheit; aber auch als Bote oder als Geist toter Seelen. Im alten Griechenland war er dem Gott Dionysos zugeordnet, dem Gott des Rauschhaften und Ekstatischen (hieß hier "Bassareus", der mit dem Fuchsfell bekleidete). Wegen seiner rötlichen Farbe galt er in der Antike als Feuerdämon. Bei den Germanen war der Fuchs Symboltier des trickreichen Gottes Loki, in der keltischen Tradition Seelenbegleiter, der wie der griech. Gottes Hermes Türe und Tore hütet und öffnet.
In unserem Kulturkreis spielte der Fuchs als Fruchtbarkeitsdämon eine große Rolle, dem als Begleittier von Hexen starke sexuelle Triebhaftigkeit zugeschrieben wurde. Fuchs wurden aber auch für die Seelen von Hexen gehalten, die ausgehen und Schaden stiften, während der Körper der Hexe halbtod im Bett liege. Im Mittelalter wurde der Fuchs häufig wegen seines roten Felles als Verkörperung des Teufels angesehen. In christlicher Zeit wurde er, wie viele Tiere der alten Götter, dämonisiert und verteufelt, im biblischen Sprachgebrauch Hinterlist, Bosheit, Maßlosigkeit und Gier mit ihm in Verbindung gebracht.
Interpretation: Seit der Antike haben die Fabeln des Äsop und (Mittelalter) der "Roman de Renart" (Reinhart der Fuchs), wie auch Goethes Tierepos "Reineke Fuchs" das Bild des Fuchses geprägt. Die echte oder vermeintliche Klugheit und Listigkeit, die den Fuchs als Herr jeder Situation in Dichtung, Märchen und Fabeln erscheinen lässt, verschafften dem Fuchs in der Volksmeinung eine ungeheure Popularität und spiegelt sich bis heute in Redewendungen wieder: "schlau/ listig wie ein Fuchs ", oder "den Fuchspelz anziehen" (sich einer List bedienen). In Fabeln von Lafontaine, in Märchen, wie auch in der heutigen Werbung, ist der Fuchs meist der Durchtriebene, Raffinierte, Listige, der in der Tierwelt dem meist auf seine archaischen Triebe reduzierten Wolf dank seiner tricksterhaften Aspekte deutlich überlegen ist (Grimm KHM 73 "der Wolf und der Fuchs", KHM 74 "Der Fuchs und die Frau Gevatterin"), sich aber auch gelegentlich bei der Jagd auf Gänse (Gans) von diesen übertölpeln lässt. (Grimm KHM 86 "Der Fuchs und die Gänse"). In anderen Märchen gehört der Fuchs zu den sogen."hilfreichen Tieren" die dem Held oder heldenhaften Tier (KHM 132 "Der Fuchs und das Pferd") helfend und Rat gebend zur Seite stehen: Im Grimmschen Märchen der "Goldene Vogel" (KHM 57) begleitet der Fuchs den Held mit seiner instinktsicheren Weisheit durch alle Gefahren, bis dieser zu der glücklichen Verbindung mit der Prinzessin und zur Lösung der Aufgaben gelangt. In europäischen Märchen wird der Fuchs häufig mit Sexualität und Potenz in Verbindung gebracht., wie am Grimmschen Märchen "Die Hochzeit der Frau Füchsin" (KHM Nr. 38), anschaulich wird, wo der Fuchs als Liebhaber mit 7 Schwänzen ausgestattet ist. In China ist die Vorsicht des Fuchses, wenn er über das Eis geht, sprichwörtlich und im 64. Zeichen des I Ging "Vor der Vollendung" dargestellt. Der "alte" Fuchs, der mit Instinktsicherheit und Intuition vorgeht, wird hierbei dem "jungen Fuchs" gegenübergestellt, der kühn drauflos geht und gefährdet ist einzubrechen, oder zumindest seinen Schwanz nass macht. In Saint- Exuperys Geschichte "Der kleine Prinz" spielt die Freundschaft zw. dem kleinen Prinzen und dem Fuchs eine große Rolle. Der Fuchs, als Freund, der von behutsamen Wachstumsprozessen in Freundschaften weiß, lehrt den Prinzen, dass Gefühle eine Beziehung einzigartig machen sowie weitere zentrale Aspekte von Individuation und Lebenskunst: "Hier ist mein Geheimnis. Es ist ganz einfach: Man sieht nur mit dem Herzen gut. Das Wesentliche ist für die Augen unsichtbar."
Vom über Jahrhunderte währenden grausamen Kampf (Fangmethoden) zwischen Mensch und gejagtem Fuchs zeugen zahlreiche Redewendungen, wie auch Lieder, dessen Biss als gefährlich und giftig galt und der bis in unsere heutige Zeit als Hauptträger der die Tollwut verursachenden Erreger verfolgt und abgeschossen wird: "Fuchs mit Füchsen fangen", "endlich ist der Fuchs in der Schlinge", "auf den Busch klopfen" (Treibjagden), Kinderlied "Fuchs, du hast die Gans gestohlen …". Im bei Kindern und Jugendlichen sehr beliebten Gesellschaftsspiel "Halali" versuchen Fuchs und Bären (als Aspekte der Trieb- und Instinktseite) im Kampf gegen Jäger und Holzfäller (Aspekte des Über-Ich) zu überleben, bzw. diese zu besiegen.
Füchse in Träumen und symbolischen Darstellungen können verschiedene Facetten der Trieb- und Instinktkräfte des Menschen darstellen, sein instinktsicheres Wissen, Intuition und Witterungsvermögen, aber auch die Fähigkeit zu gesunder Aggressivität, sexueller Sinnlichkeit und Triebstärke. Aggressivität im Sinne des Vorgehens eines Fuchses meint, die Fähigkeit zuzupacken, an eine Sache heranzugehen, jedoch gepaart mit Klugheit und List, nicht blindlings vorzugehen, sondern sich überlegt und beherzt darauf zu verstehen, das Eigene zu erlangen. Als Tier, das des Nachts jagt und im Dunklen gut sieht, erweist der Fuchs sich häufig als wahrer Seelenführer, der seine vom Instinkt geleitete Begleitung anbietet, auf dem Weg in neu zu erschließende, unbewusste Bereiche der eigenen Seele, voll Spürsinn, Findigkeit und natürlicher Weisheit.
Träume von verletzten, angeschossenen, manchmal auch tollwütigen Füchsen können uns vermitteln, dass das, was der Fuchs symbolisiert, Instinktsicherheit, Klugheit, auch Bezogenheit auf Aggression und Sexualität, in uns leidet, krank ist und nach Hilfe ruft. Mit dem Fuchs wird in der Tiefenpsychologie häufig die Trieb- und Instinktseite (Es) verbunden, mit dem Jäger die triebfeindliche Über- ich bestimmte Seite.
Im nachfolgenden Traum einer Jugendlichen, die an einer vorübergehenden depressiven Symptomatik litt, wird deutlich, dass die Hilfe für den eingesperrten, vernachlässigten Fuchs zum richtigen Zeitpunkt kommt: "Ich komme in mein Zimmer zurück und öffne eine Schranktüre. Zu meinem Schrecken springt ein kleiner Fuchs aus dem Schrank, der dort eingesperrt war. Ich gebe ihm Wasser zu trinken und schaue dabei zu. Ich bin froh, dass er so lebendig ist und die Zeit in seinem Gefängnis offenbar unbeschadet überstanden hat."
Mit dem eingesperrten Fuchs brachte sie ihre beeinträchtigte Vitalität, Lebensfreude, Aggressivität und Sinnlichkeit in Verbindung, die vorübergehend für sie aufgrund ihrer depressiven Verstimmung nicht mehr spürbar waren. Die Zufuhr seelischer Energie (Befreien, Wasser trinken) stimmten sie hingegen optimistisch und beschwingt, auch weil der lebendige Fuchs als Symbol ihrer inneren Möglichkeiten die Zeit "im Schrank" offenbar ohne Verlust seiner Gesundheit und Vitalität überstanden hatte und auf Verwirklichung seines Potenzials wartete.
Literatur: Standard, Riedel (1986)
Autor: Kuptz-Klimpel, Annette