Kentaur: Unterschied zwischen den Versionen

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Aktuelle Version vom 19. Oktober 2023, 16:51 Uhr

Keyword: Kentaur

Links: Bios-Prinzip, Pan, Pferd, Sexualität

Definition: Auch Zentaur, (lat.) Centauri. In der griech. Mythologie dämonische Mischwesen mit dem Oberkörper eines Menschen bis zur Hüfte und dem Unterkörper eines Pferdes (Pferd), die als Volksstamm in den Bergwäldern Thessaliens gelebt haben sollen. Ihre Waffen waren Feuer - Pfeile und Bogen.

Information: Im Mythos wurde "Kentauros" von Ixion, dem Sohn des lapithischen Königs gezeugt mit Nephele, einer Wolke, die Zeus nach Heras Abbild formte, um sich an Ixion zu rächen. Kentauros habe sich mit den Stuten Magnesias gepaart, daraus sei der Stamm der Kentauren hervorgegangen. Im Mythos traten die Kentauren überwiegend gewalttätig, heimtückisch und archaisch triebhaft meist nach dem Alkoholgenuss in der Gruppe auf, entführten häufig Frauen anderer Stämme und seien letztendlich infolge einer ihrer blutigen Kämpfe untergegangen. Cheiron, ihr Anführer und König wurde hingegen als gütig, weise, und in der Heilkunst und Bildhauerei besonders bewandert dargestellt. Er gilt als Symbol für den Archetyp des inneren Heilers und erzog und unterrichtete in seiner Höhle im Peliongebirge die Helden Achilleus, Asklepios, Aktaion und Iason. Herakles traf auf der Jagd nach dem Eber von Erymanthos in den Wäldern auf die Kentauren, wo er von einem von ihnen, Pholos zunächst gastfreundlich aufgenommen und mit Wein bewirtet wurde. Auch hier entbrannten wieder unter dem Einfluss des Alkohols blutige Kämpfe zwischen den Kentauren und Herakles, in denen der weise Cheiron wie auch Pholos unbeabsichtigt von vergifteten Pfeilen durch Herakles unheilbar verletzt wurden. Der Unsterbliche Cheiron, dessen größter Wunsch infolge der Schmerzen zu sterben war, erhielt erst seine Sterblichkeit wieder, als Zeus zustimmte, dass Prometeus Cheirons Unsterblichkeit auf sich nahm. In der mittelalterlichen Bilderwelt galt der Kentaur als Gegenbild des edlen Ritters, da er seine Tiernatur nicht überwunden hat.

Die Kentauren sind hauptsächlich wegen ihres Kampfes mit den Lapithen, einem thessalischen Gebirgsvolk bekannt, welcher oft in Kunstwerken dargestellt wurde (z. B. Giebel am Zeus-Tempel in Olympia, 5. Jh. v. Chr. ). Von Zeus sei das Bild von Cheiron unter die Sterne gesetzt worden, erlangte somit als Sternbild und Tierkreiszeichen Schütze (sagittarius) eine andere Art von Unsterblichkeit. Als Motiv des Kampfes des Geistes mit der Materie, als Sehnsucht vom Tierleib befreit zu werden ist Rodins "Kentaurin" in die Kunstgeschichte eingegangen. Das Motiv des berühmten und sagenumwobenen Meisters der Heilkunst wurde von Michael Ende in seiner "Unendlichen Geschichte" in der Figur des weisen Zentauren Cairon wieder aufgenommen, der dem Helden Atrèju das Amulett der kindlichen Kaiserin übergibt. Auch Joanne Rowling hat in ihren Romanen über "Harry Potter" die Figur der Kentauren als im Wald lebende Angst erregende Mischwesen aufgegriffen, von denen einer, der eher gutmütige "Firenze", den Helden Harry vor der Vernichtung durch das Böse beschützen kann und später zum Lehrmeister der Zauberschüler wird.

Interpretation: Die Kentauren, in deren mythologischer Gestalt sich ursprünglich instinkthafte Tiernatur, phallisch-vitale Kraft des Pferdes mit Schattenaspekten des menschlichen Daseins verbunden haben wie u. a. rücksichtsloser Triebhaftigkeit, Gewaltbereitschaft und Neigung zum übermäßigen Trinken von Alkohol, können als Repräsentanten für ungeschlachte, ungezügelte Begierden verstanden werden. Zwei von ihnen haben über Güte zur Weisheit gefunden. In der mythologischen Gestalt des Cheiron, des weisen Heilers und Lehrmeisters, der selber unheilbar verletzt wurde, wird das zugrunde liegende archetypische Motiv des verwundeten Heilers deutlich. Der weise Kentaur Cheiron verkörpert eine hohe Stufe geistiger Entwicklung, die aus dem positiven Umgang mit der Triebnatur basiert und aus der Auseinandersetzung mit eigenen Angst erregenden Triebimpulsen und Machtbedürfnissen.

Literatur: Standard

Autor: Kuptz-Klimpel, Annette