Astrologie: Unterschied zwischen den Versionen
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Aktuelle Version vom 19. Oktober 2023, 16:51 Uhr
Keyword: Astrologie
Links: Elemente, Jupiter, Magie, Mandala, Aphrodite, Mars, Merkur, Mond, Saturn, Sonne, Stern
Definition: <lat. astrologia, griech. astrologia: Antikes Deutungssystem, das aus der astronomischen Erfassung der Örter und Bewegungen der Himmelskörper sowie orts- u. zeitabhängiger Koordinatenschnittpunkte, die sich zu einem bestimmten signifikanten Zeitpunkt (Geburt, Anfang einer Unternehmung etc.) konstellieren, Schlüsse zur Beurteilung der speziellen Eigenart einer Gegebenheit u. deren Entwicklung zieht.
Information: Die Astrologie ist eine Welt-Anschauungs-Kunst, die tief in imaginativer Erfahrungsweise wurzelt und ihr Funktionieren der sinngebenden Einordnung und Deutung von Erfahrungsbeziehungen verdankt. Ihr Urstoff ist das psychische Erleben und seine Verknüpfung mit den Erscheinungen und Erfordernissen der gegebenen Welt. Sie ist ein symbolisches Ordnungsmittel elementarer Lebenserfahrung, das sich des Sternenhimmels als Projektionsfeld bedient. Als Entsprechungslehre beruht sie auf der Verknüpfung von Astronomie, Mythos und der Vorstellung der Wiederholung oder Spiegelung universaler, archetypischer Analogiemuster des Makrokosmos im Mikrokosmos. C. G. Jung hat sie ein "Schatzhaus archetypischer Gestalten" genannt (GW 12, § 38).
Um Aussagen über eine bestimmte mundane Erscheinung (Situation, Person, Anfangsmoment eines Prozesses) machen zu können, wird ein Horoskop erstellt, das die Gestirnsstände und ihre Beziehungen abbildet. Aufgrund der symbolischen Interpretation der erfassten Analogien kann die Potenz der entsprechenden Zeitqualität betrachtet werden. Grundkomponenten der A. sind die Sternzeichen der Ekliptik (Zodiak, Tierkreis), die Planeten, die Beziehungen zwischen den Himmelskörpern sowie deren Bezug zum irdischen Ort in diesem Zeitmoment (Aszendent, "Häuser"-System).
Nach neueren astropaläontologischen Studien bereits in altsteinzeitlichen Höhlenzeichnungen (z. B. Lascaux, 15 000 v. Chr.) astrologische Bezugssysteme. Schriftliche Belege der A. seit dem 4. Jt v. Chr. im Zweistromland. Als "Chaldäerkunst" kam sie nach Griechenland, fand in der Harmonie- und Entsprechungslehre des Pythagoras (582-507 v. Chr.), später in Anschauungen Platons (427-347) fruchtbaren Boden. Seit hellenistischer Zeit vielerlei Differenzierung. Besonders durch den "Tetrabiblos" des Ptolemäus (87-165 n. Chr.) exakte Grundlagen. Bis zur Wende des Denkens um 500 v. Chr. jedoch keine individuell bezogene A. Das frühe Christentum betont Gottes bewirkende Kraft "hinter" der Sternensphäre. Nach Origines (185-254 n. Chr.) sind die Gestirne Zeichen, jedoch nicht Ursache, der Mensch trägt den Kosmos im Kleinen in sich und ist aufgerufen, ihm sittlich-harmonischen Ausdruck zu geben. Diese Sichtweise ist auch mit dem späteren Humanismus zu vereinigen. Durch die Geschichte und bis heute anhaltend einerseits ernsthafte Bemühungen, A. als symbolisches System mit Physik, Metaphysik und Psychologie in kunstvolle Einheit zu bringen, andererseits Missbräuche möglich.
Interpretation: C. G. Jung betrachtete die Konfigurationen des astrologischen Systems als Repräsentanzen, welche den archetypischen Mächten in seiner Psychologie des Unbewussten entsprechen. Als Ordnungsmethode entspricht die A. dem herausführenden Vaterarchetypus. Sie differenziert die Übermacht des Urmutter-Archetypus (Finsternis, Abgrund, Uroboros, prima materia, Chaos, Urdrache, "Tohuwabohu"). Der entscheidende Bewusstseins- und damit Schöpfungsschritt geschieht durch Trennung einer "unteren" und einer "oberen" Sphäre, sodann Setzung eines festen Kristallgewölbes, an dem die Gestirne als Zeichen der Chaosüberwindung der dadurch ermöglichten Schöpfung erscheinen. Sie sind damit zugleich Symbole des immer neu in die Schöpfung eintretenden Geistlichts und auch der andauernden Überwundenheit des Chaos. Dieser psychologisch öffnenden, vaterarchetypisch-transzendenten Bezugsebene zu überpersönlichen Ordnungsgesetzlichkeiten, die über die Fixierung im persönlich-Gefühlshaften hinausführen, verdankt die A. auch heute noch ihre Anziehungskraft. Sie bewährt sich vor allem durch kritisch tätige Auseinandersetzung mit den symbolischen Hintergründen als Distanz ermöglichendes Instrument der Selbsterfahrung und Wegleitung. Zwar geben die a. Ordnungsmuster zunächst nur ein zeichenhaftes Gerüst, das der Übersetzung zum konkreten Lebensbezug bedarf, doch kommt die A. dem Bedürfnis entgegen, etwas bzw. sich selbst als ein Sinnganzes zu überblicken und Orientierungspunkte zur Konfliktbewältigung zu gewinnen. Zugleich kann das astrologische Modell Entlastungsfunktion haben: Was bisher als persönliches Versagen oder Schuld anderer erlebt wurde, wird als archetypisch motivierte Aufgabe in einen transpersonalen Bezugsrahmen gestellt, bekommt eine objektive Position, in der Interesse vor Urteil geht.
Ein Rest astro-symbolischen Entsprechungsdenkens und Wunsch nach Sinnganzheit mag sich bis heute in der Gestaltung von gesellschaftlich bedeutungsvollen Emblemen erhalten haben (Europa-Emblem, Flagge der USA usw.)
Literatur: Knappich (1967), Romankiewicz (2002)
Autor: Romankiewicz, Brigitte