Spiel

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Keyword: Spiel

Links: Fantasie, Spielen, Ritual, Tanz

Definition: Spielen wird definiert als Tätigkeit, die ohne weiteren bewussten Zweck, aus Vergnügen an der Tätigkeit an sich und an ihrem Gelingen ausgeübt wird und mit Lustempfindungen verbunden ist.

Information: Spiele sind Spiegel der Kulturen und Zeitepochen, aus denen sie stammen, zweckfreie, lustbetonte, freiwillige Tätigkeiten, die nach bestimmten Regeln ablaufen und z. T vergessene Symbolbedeutungen in sich bergen. Selten machen wir uns klar, auf welch lange Tradition, welchen kultureller Ursprung sie zurückzuführen sind. Huizinga definiert Spiele als freiwillige Handlung oder Beschäftigung, die innerhalb gewisser festgesetzter Grenzen von Raum und Zeit nach freiwillig angenommenen, aber unbedingt bindenden Regeln durch geführt werden, ihr Ziel in sich selber haben und begleitet werden von einem Gefühl der Spannung, Freude und einem Bewusstsein des „Andersseins“ als das gewöhnliche Leben. (Huizinga S. 45) Als Gegensatz zum Spiel, das geistige Aspekte beinhaltet, sieht Huizinga den Trieb.

Interpretation: Fließend ist die Grenze zwischen reinen Spielen und Kultspielen. Der Tanz als zweckfreies Spiel und äußerer Ausdruck innerer Bewegtheit geht durch die Jahrtausende und umfasst auch den Volkstanz und den modernen Gesellschaftstanz. Der Tanz, auch Urform des Kultes, hat im Bereich des Sakralen eine magisch-beschwörende Funktion, die relikthaft noch in manchem Kinderspiel und säkularisiert im künstlerischen Tanz nachlebt.

Eine Hauptstätte für Spiele waren die Spinnstuben, in denen die Unverheirateten Tanz-, Scherz-, Pfänder-, Rate-, Gesellschaftss. aller Art trieben. Über zweckfreier Freude hinaus dienten sie zugleich der Charaktererforschung und Partnerwahl. Im Kinderspiel kommen einerseits archetypische Aspekte zum Ausdruck, andererseits Aspekte, die durch Kultur, Zeitgeist, wirtschaftliche Situation und gesellschaftliche Wertvorstellungen geprägt werden.

Zum Menschsein gehört die Freude am Spielen, die beim Kleinkind mit Genuss am zweckfreien Gebrauch der Muskeln und Glieder, zu lustigem Herumspringen und Umhertollen führt, zu geregelten Bewegungsspielen mit agonalem Charakter, zu Nachahmen des Lebens der Erwachsenen und in Nachahmung von Riten und Kultspielen gipfelt, die oft im Kinderspiel noch nachleben, wenn sie bei den Erwachsenen längst vergessen sind.

So z. B. kann das "Himmel und Hölle-Spiel", bei dem Kinder einen spiraligen Schneckengang auf den Boden zeichnen und auf einem Fuß hüpfend ein Steinchen durch zwölf Felder zum Zentrum schieben, als mimische Nachahmung des Sonnenlaufes verstanden werden. Kinderspiele sind über die zweckfreie Betätigung hinaus Symbol einer Einordnung der Kinder in Leben, Kultur und Kette der Generationen. Durch Würfel-, Brett- und Gesellschaftsspiele, die oft als Grabbeigaben gefunden wurden oder in Fels eingeritzt waren, hat man die ältesten Belege des Spieltriebes des homo ludens gefunden.

Die heute zu kaufenden Brett- und Gesellschaftsspiele sind häufig Weiterentwicklungen aus uralter Zeit, die z. Tl. in Riten, als Kultspiele, zur Orakelbefragung, zu wahrsagerischen Zwecken oder im Anschluss an lebenswichtige Ereignisse, wie z. B. die Ernte Ausdruck des Dankes an die Götter waren.

Schon früh kristallisierten sich 2 Haupttypen heraus: einerseits die vom Schicksal / Zufall bestimmten Spiele, die meist mit einem Würfel gespielt wurden (z. B. Königsspiel Ur, Gänsespiel, Leiterspiel, Pachisi) andererseits Spiele, die auf taktischen Fähigkeiten, Übung und Können beruhen (z. B. Schachspiel, Mühle, Dame, Go).

Sehr viele Brett- oder Würfellaufspiele beinhalten archetypische Motive (z. B. Höhen und Tiefen des Lebensweges, dessen Gefahren und Chancen vom Spieler / Ich gemeistert werden müssen - Aspekte des Heldenmythos - Kampf mit Drachen, Hexen, Überwindung von Gefahren und Suche oder Erringen des Schatzes) oder Themen aus der evolutionären Entwicklung (unser Überleben sichern, das Bedürfnis Erster / Erste zu sein, sich durchzusetzen, Rivalen abzuschütteln, Reviere erkunden, abstecken und behaupten, damit verbunden das Vergrößern und Verteidigen unserer Machtposition und der oft unvermeidliche Kampf mit den Konkurrenten sind zentrale Themen und Verhaltensmuster in der Menschheitsgeschichte. )

Vordergründig geht es z. B. um Kräftemessen zweier feindlicher Lager, oder wie beim Schach, dem „Spiel der Spiele“ um ein regelrechtes Kriegsspiel, beim dem die 2 Parteien versuchen mit Taktik und Strategie die Figuren des Gegners zu schlagen, seine Abwehrreihen zu durchbrechen und den König matt zu setzen. Vom tieferen Sinn her kann das schwarz- weiße Brett mit den 64 Feldern alle polaren, widerstreitenden Kräfte, Mächte und Möglichkeiten, die im Universum und im Leben des Menschen selbst wirksam sind, symbolisieren, z. B. Tag und Nacht, Licht und Schatten, Leben und Tod, Männliches und Weibliches. Das Brett kann als Weltbühne verstanden werden, auf der der Mensch das Drama seines Lebens spielt. Spielkarten mit ihren vier Farben sind sie wahrscheinlich vom Spielbrett gelöste und popularisierte vierfarbige Steine des ursprünglichen Schachspieles.

Im Vergleich zu heutigen Mengen und Vielfalt von Spielzeug in Kinderzimmern, gab es früher vergleichsweise wenig Spielsachen. Zu Beginn dieses Jahrhunderts waren Spielsachen für Kinder eine kostbare Rarität, die häufig nur Familien aus wohlhabenderen Schichten vorbehalten waren. Seit der Antike sind jedoch Rasseln, Trillerpfeifen, Glöckchen (die wohl auch magische Bedeutung hatten und böse Geister vertreiben sollten), Kreisel, Säuglingsflaschen in Form von Tieren, kleine Götterfiguren, Puppen (Puppe) und Nüsse bekannt, die z. B. aus Anlass des Festes der Saturnalien Kindern im antiken Rom geschenkt wurden und z. Tl. als Grabbeigaben gefunden wurden. Mit Nüssen, den Vorläufern von Murmeln, Bällen (Ball) und Knöchelchen, den Vorläufern von Würfeln (Würfel) wurden Gemeinschaftsspiele ausgeübt, weiter sind Schaukeln, Tauziehen, Seilspringen, Pferdchenreiten, Bockspringen, Drachensteigen und Stelzenlaufen meist durch Abbildungen auf Vasenbildern, Freskos oder als Statuen belegt, Tätigkeiten, die auch Kindern von heute noch gelegentlich Spaß bereiten.

Auch Spiele mit Tierfiguren, Wagen und Schiffen (aus Terrakotta oder Holz) waren bereits für Kinder in der Antike möglich. Bei Spielzeug- Funden ist jedoch schwer zu unterscheiden, ob sie in der Vergangenheit tatsächlich dem kindlichen Spiel oder einem Repräsentationsbedürfnis dienten. Aufgrund der Symbolisierungsfähigkeit und der Fantasie des Kindes kann jedoch jeder Gegenstand für das Kind zum Spielzeug werden. So hatte das Spielzeug aus natürlichem Material, das von Eltern und Kindern zum eigenen Bedarf hergestellt wurde, und Spiel mit Gebrauchsgegenständen eine nicht zu unterschätzende Bedeutung.

Bis in die heutige Zeit und auch trotz des Überangebots von Spielzeug für Kinder gehören Puppen, Spieltiere, Bälle (Ball), Murmeln, Kreisel, Rasseln, Fahrzeuge aller Art, Bausteine und ihre modernen Varianten, wie auch die Beschäftigung mit den vier Elementen Erde (Ton / Lehm, Farbe, Knete, Wasser, Feuer und Luft / Wind) zu den wichtigsten Spielmaterialen, durch die sie Beziehung zu sich selbst und ihrer Umwelt herstellen können, ihre Angst bewältigen, ihre inneren Konflikte in die Darstellungen bringen wie auch im Sinne einer schöpferischen Erfahrung die polaren Aspekte ihres Selbst entdecken und entfalten.

Heute erscheinen uns die sogen. Gesellschafts- oder Regelspiele, von denen recht viele Autoren und Verlage leben, oft nur noch als Freizeitartikel der modernen Zeit, mit denen u. a. ein erheblicher Umsatz gemacht wird. Die meisten modernen Spiele sind aber Weiterentwicklungen sehr alter Grundtypen von Spielen, Würfellauf- oder Brettspiele setzen sich häufig archaisch und darum Kinder und Jugendliche unmittelbar ansprechend mit Grundproblemen- / themen des Menschen auseinander. Bei vielen Spielen sind archetypische Motive erkennbar oder / und Themen aus der evolutionären Entwicklung. Meist drehen sie die Inhalte um wesentliche Grundbedürfnisse des Kindes / Menschen im Spannungsfeld zwischen Sehnsucht nach Erfüllung und Angst vor Nichterfüllung.

Spielmittel haben eine Symbolfunktion und einen Aufforderungscharakter. Das Spielzeug wird zum Vermittler zwischen Fantasie und Realität und dient dem Kind einerseits als Requisit der Selbstdarstellung, -entdeckung. Andererseits werden Spielsachen (z. B. Puppen, Plüschtiere, Spielfiguren oder sonstige Gegenstände (wie Autos, Bälle etc) zum Träger der innerseelischen unbewussten Projektionen (wie Schattenaspekte, Ich-Ideal), aber auch zu einem Entwurf zukünftiger Möglichkeiten und inneren Ressourcen (Selbstaspekten). Kinder besetzen sie mit psychischer Energie, „beseelen“ sie dadurch oder erfahren durch die Aktivität des Spielens damit eine Abreaktion wie auch seelische Verarbeitung ihrer inneren Konflikte.

Träume von Kinderspielen und Spielsachen (der eigenen Kindheit) können den Träumer ermutigen, mehr spielerische Leichtigkeit zu entfalten oder sich verstärkt seinen inneren Kind zuzuwenden. Spiele, in denen der Gemeinschaftscharakter betont wird, deuten oft auf den Wunsch hin, Kontaktprobleme zu überwinden und den Mitmenschen lockerer zu begegnen. Handelt es sich in dem Traum um kindliche Spiele, so kann dieses Bild auf Probleme des Träumenden mit dem Älterwerden und auf die Sehnsucht nach der Unbeschwertheit der Kindheit hinweisen. (Spiel, / Puppe, / Ball, Auto usw.)

Literatur: Standard, Fitta (1988), Glonnegger (1999)

Autor: Kuptz-Klimpel, Annette