Kerze

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Keyword: Kerze

Links: Feuer, Geist, Licht, Sonne, Logos

Definition: Ein saugfähiger Docht, meist aus geflochtenen Baumwollfäden, umgeben von Wachs oder einem ähnlichen Brennstoff.

Information: Aus den Vorgängern (Öl-Talglampen, Fackeln) entwickelte sich die Kerze ab dem 2. Jhr. n. Chr.

Interpretation: Die brennende Kerze als Lichtquelle steht in enger symbolischer Verbindung zur Sonne und ihrem Licht als Quelle allen Lebens, ist aber auch wie Licht allgemein Symbol des Bewusstseins, des Geistigen. Sie gehört mit ihrer Flamme zum Symbolkreis des Feuers. In der winterlichen Jahreszeit bringt sie als Licht Helligkeit, Geborgenheit und Wärme in die Dunkelheit. Die K. kann auch als Lebenslicht eines Menschen verstanden werden. Da sich die Kerze verzehrt, während sie ihr Licht abgibt, wird sie auch zum Symbol des verrinnenden Lebens und versinnbildlicht die Ungewissheit des Lebens als etwas leicht auslöschbarem. In der Edda bestand der Glaube, dass man Totengeister mit Kerzenlicht besiegen könne. Bei der Wintersonnwendfeier (Saturnalfa) schenkte man sich in Rom Kerzen, um den Kampf des Lichtes gegen die Finsternis zu unterstützen. In der orthodoxen Christenheit des Ostens stellen drei miteinander verbundene Kerzen die Heilige Dreifaltigkeit dar, zwei miteinander verbundene Kerzen die Doppelnatur Christi. Im Judentum bedeutet der siebenarmige Leuchter die göttliche Gegenwart, der Fuß des Leuchters wird auch als der Weltenbaum und die axis mundi gedeutet, die sieben Arme als Sonne, Mond und Planeten, als die sieben Tage der Woche, die sieben Sterne des Großen Bären oder die sieben Zyklen oder Mächte in der Welt. In der Kabbalistik verkörpern drei Kerzen bzw. Leuchter Weisheit, Stärke und Schönheit. Der Symbolgedanke im Christentum, Jesus als Sonne der Gerechtigkeit und Licht der Welt anzusehen, förderte die Verwendung der Kerze als Symbole des Lichtes u. des Glaubens während des Gottesdienstes, bei Begräbnissen, bei besonderen Festen (Ostern, Taufe, Advent, Weihnachten) und bei Prozessionen. Beim Tode angezündete Kerzen beleuchten dessen Finsternis und repräsentieren das Licht in der kommenden Welt; sie spielen in katholischen und bei den meisten orientalischen Begräbnisriten eine wichtige Rolle. Die Kerze stellt auch ein Symbol dar für das Verhältnis von Geist u. Materie (die das Wachs verzehrende /Flamme) "Bei brennender Kerze" ist ein mittelalterlicher Rechtsbegriff, gelegentlich wurde die Kerze z. B. bei Wahlen und Versteigerungen als Zeituhr verwendet."Die Kerze an beiden Enden anzünden" meint seine Lebenskraft zu sehr einsetzen."Wie eine Kerze im Wind erlöschen" bedeutet, keine Lebenskraft mehr besitzen, zu sterben. Im Märchen "Die Nachtigall Gisar" bedeutet das Anzünden der Kerze als Lebenslicht, die Lebenserneuerung der Heldin. Im Märchen "Gevatter Tod" (KHM 44) bewacht der personifizierte Tod in einer unterirdischen Höhle Kerzen als brennende Lebenslichter der Menschen und hat die Macht, über deren Leben und Tod zu bestimmen. Kerzenlicht anzünden kann in Märchen als Prozess der Bewusstwerdung und Erkenntnis verstanden werden. So sieht der Held bei Kerzenlicht, dass er mit einer Hexe verheiratet ist (Vergl. Scherf, W.: Bd. 1, S. 587), oder erkennt die Heldin im Lichtschein der Kerze in "Östlich von der Sonne, westlich vom Mond" (Scherf, W.: Bd. 2, S. 924), dass der weiße Bär neben ihr (Tierbräutigam) in Wirklichkeit ein wunderschöner Königssohn ist, dessen Erlösung sich jedoch auf diese Weise hinauszögert.

Wie die Sonne, das Licht und das Feuer gehört die Kerze als Symbol zum Logos-Prinzip, zum Bereich des Bewusstseins, des Geistigen, Erkennens und Verstehens. In Religionen ist sie Symbol der Erleuchtung, des Glaubens, der göttlichen Gegenwart. Als Lebenslicht, das abbrennt, bedeutet sie die Vergänglichkeit und die Ungewissheit des Lebens, das wie ein Kerzenlicht leicht erlöschen kann.

Wie das Feuer ist auch die Kerze ein Symbol des Coniunctio, der Verbindung von Gegensätzen des Geistig- Männlichen mit der Materie, dem Weiblichen.

Literatur: Standard; Scherf, W. (1995): Das Märchenlexikon. München: Beck

Autor: Kuptz-Klimpel, Annette