Jenseits und Zombie: Unterschied zwischen den Seiten

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'''Keyword:''' Jenseits
'''Keyword:''' Zombie


'''Links:''' [[Geist]], [[Hölle]], [[Selbst]]
'''Links:''' [[Dämon]], [[Geist]], Gespenst [[Jenseits]], [[Nacht]], [[Seele]], [[Teufel]], [[Tod]]


'''Definition:''' Unter dem Jenseits versteht man üblicherweise einen Bereich der Existenz, der mit den üblichen "diesseitigen" Möglichkeiten des Erkennens und Wahrnehmens nicht zugänglich ist.
'''Definition:''' Zombies sind lebende Tote, "Untote", die als tote, oft seelenleere Körper in der Welt herumirren; möglicherweise ist diese Vorstellung verbunden mit dem Glauben früher Kulturen an ein Leben nach dem Tode.


'''Information:''' Im archaisch-mythischen Weltbild setzt sich die Gesamtheit des Seins aus Diesseits und Jenseits zusammen. Bei einem interreligiösen Quervergleich fällt auf, dass alle Religionen, trotz unzähliger Differenzen im Einzelnen, eine gemeinsame Grundstruktur besitzen: den dualen Glauben, das Weltganze bestehe aus der Zweiheit von Diesseits und Jenseits. Dieses Weltbild herrschte von der Altsteinzeit bis zum Beginn der europäischen Neuzeit überall. Neben "dieser" Welt gab es die "andere"; man lebte "hüben" und "drüben", im Leib "hienieden", mit der Seele "dort oben ".
'''Information:''' Viele Kulturen rüsteten ihre Toten für die Fahrt ins Totenreich mit Waffen, Kleidung, Nahrung etc. aus. In einigen Kulturen herrschte offenbar die Angst davor, dass die Verstorbenen wieder zurück kommen und Schaden anrichten könnten. Wo diese Vorstellung herrschte, wurden entsprechende Vorkehrungen bei der Bestattung der Toten getroffen, die es ihnen unmöglich machen sollten, wieder aufzuerstehen und das Grab zu verlassen, z.B. durch Fesseln der Toten, Einsperren in fest verschlossenen Särgen, Brechen der Knochen, Pfählen oder Verbrennen der Leichen.  


Beide Welten waren grundverschieden, dafür vielfach auf einander bezogen und in einander verwoben. Jenseitige Wesen konnten "Fleisch werden" (sich inkarnieren), und Sterbliche wurden durch Apotheose in den Rang von Göttern erhoben oder verkamen postmortal zu unerlösten Geistern und Dämonen. Das Diesseits galt als die vordergründige, sichtbare, materielle, vergängliche, den leiblichen fünf Sinnen zug ängliche Welt, das Jenseits als ewig, unsichtbar, hintergründig, unfassbar und unheimlich. Es umfing das Leben der Menschen auf mysteriöse Weise. Es wurde zugleich geliebt und gefürchtet, und von ihm gingen Heil wie Unheil aus.
Der alte Volksglaube kennt Untote unter dem Namen Wiedergänger als eine Form der dunklen, ängstigenden, schwarzen Geister: unerlöste Seelen, die als lebende Tote ihr Unwesen treiben, oft in der Nähe von Friedhöfen oder an Orten, an denen ihnen Schreckliches widerfahren ist oder an denen sie anderen Schreckliches angetan haben. Manchmal sind Wiedergänger plötzlich aus dem Leben Gerissene, die noch eine Aufgabe zu erledigen haben, bevor sie zu den Toten gehen können. Manchmal sind Wiedergänger auch von bösen Geistern besetzte Körper von Toten, Mumien oder wandelnde Skelette.


'''Interpretation:''' Das Jenseits tat sich den Alten kund durch "Zeichen": Etwa in Kometen, Feuersbrünsten, ungewöhnlichem Wetter, abnormen astrologischen Konstellationen, Träumen, Visionen und Wundern, im Rauschen heiliger Bäume, Aussehen der Leber von Opfertieren, im Fallen des Loses oder sibyllinischen Orakel. Man war scharf auf "Zeichen". Die Kunst, Auspizien zu lesen, hieß bei den Römern Mantik. Diese wurde vor allen wichtigen Unternehmungen angefragt. Alle alten Völker waren "religiös". Das lat. Wort religiosus stammt von relegere: sorgfältig beachten (das Gegenteil davon ist neglegere: unachtsam sein).
Wieder belebt und neu gestaltet wird das Motiv der Untoten in der kompensatorischen Ausgleichs- und Gegenreaktion auf die Ideen der Aufklärung. Gerade schien es möglich mit dem Logos und Rationalität des hellen, trennenden, solaren Bewusstseinslichtes Religion, Aberglauben und das Unbeherrschbare und Unkontrollierbare zu besiegen, da kehrten Volksglauben, Märchen, Sagen und Mythen mit dem geheimnisvollen Licht des Mondes, mit Schauder und Horror in der Romantik und in den okkultistischen Strömungen des 19. und 20. Jahrhunderts zurück: W. Hauff, H. Heine und R. Wagner bearbeiteten beispielsweise die Gestalt des fliegenden Holländers aus einer alten Seefahrerlegende literarisch und musikalisch, T. Storm schrieb die Novelle vom Schimmelreiter. Einer der bekanntesten Untoten, der im 20. Jh. in Horrorerzählungen immer neu gestaltet wird, ist der Vampir. Manchmal, u. a. in zeitgenössischen modernen Filmen, kehren Wiedergänger auch als hilfreiche Figur oder Engel in die Welt zurück wie im Film "The sixth sense".


Die Menschen knüpften Kontakt zum Jenseits, indem sie Opfergaben darbrachten, heilige Rituale zelebrierten, sangen, tanzten, fasteten, beteten, uralte Formeln rezitierten und einen gottgewollten Lebenswandel führten. All das stärkte den "Bund" zwischen Diesseits und Jenseits. Die Mythen, die erzählten, wie es zum "Bund" gekommen sei, wurden an Festtagen dramatisch als Riten aufgeführt. Dabei wurden chaotische Mächte, magisch gebannt und Kosmos erhaltend gestärkt. Die Wirkung der Riten war real: Nach ihrer Inszenierung war die Welt wieder in Ordnung.
Der Zombie entstammt den mit den afrikanischen Sklaven nach Amerika gelangten Vorstellungen und Ritualen des Voodoo-Kultes. Abgeleitet ist die Bezeichnung Zombie vermutlich von zumbi, dem Namen für einen Geist oder Totengeist. Im Voodoo Haitis und Südamerikas wird als Zombie 1. ein zu neuem Leben erweckter Toter, 2. auch der zur Wiederbelebung nötige Geist und 3. eine Schlangengottheit genannt. 4. können Zauberer einem Lebenden seine Seele rauben und diesen dann als Zombie, d.h. als willenlosen Körper ohne Seele, beherrschen. In Horrorfilmen und -geschichten ist diese Zombie-Variante manchmal aufgegriffen in somnambulen oder hypnotisierten, willenlos gesteuerten Menschen, wie etwa 1919 in "Das Kabinett des Dr. Calligari". S. Kubricks Hauptfigur in "Clockwork Orange" (1971) kann als vom Verbrecher zum willenlosen Zombie therapierte Gestalt interpretiert werden.


Ob es überhaupt ein Jenseits gäbe, konnte zurzeit des archaischen Weltbildes noch gar nicht gefragt werden, so selbstverständlich war der Glaube an ein Jenseits. Der Einzelne empfand sich nicht als Individuum im modernen Sinn und fügte sich in der Regel instinktiv ins Kollektiv ein. Die westliche Aufklärung und ihr: "Wage selbstständig zu denken !" ist menschheitsgeschichtlich eine junge, noch lange nicht überall verbreitete Errungenschaft. Das 2-Welten-Schema ist seinerzeit dadurch entstanden, dass innere Wahrnehmungen für Wahrnehmungen einer außen existierenden anderen Welt gehalten wurden. Visionen, Träume und Inspirationen wurden konkretistisch aufgefasst. Wenn jemand beispielsweise in einer Vision einen Engel vor sich sah, traute er naiv dem Augenschein und meinte, der Engel stehe wirklich vor ihm. Er glaubte, hinter den Schleier zu sehen, der das Diesseits vom Jenseits trennt. Er hatte eine Offenbarung, eine re-velatio: Der Schleier (velum) vor dem Jenseits wurde zurückgezogen. Oder wer träumte, er sei einem verstorbenen Angehörigen begegnet, nahm an, seine Seele sei dem Verstorbenen tatsächlich begegnet. Es gab zwei Möglichkeiten, mit Verstorbenen im Traum zusammenzukommen: Entweder fuhr des Träumers Seele während des Schlafes aus und gelangte durch eine Reise ins Jenseits; oder der Verstorbene kam von drüben ans Bett des Schläfers (man nahm an, die Seele sei wach, wenn der Leib schlafe; im Traum hat man ja das Gefühl, wach zu sein!).
Zombies und Untote gehören in Fantasy- und Horrorliteratur und -film, den Comics, Video- und Computerspielen des 20. Jahrhunderts zum Standardfigurenrepertoire. Von Gespenstern und Geistern unterscheiden sie sich dadurch, dass sie körperlich-materiell vorhanden sind und wirken können. Während Vampire wie Dracula ihrem Sarg nachts als unverwester, lebender Leichnam entsteigen, zeigen Zombies häufig Spuren der Verwesung, treten in Horden auf und sind nicht mehr als individuelle Menschen mit persönlicher Biografie und eigenem Motiv erkennbar, sondern degradiert zum Werkzeug und Objekt anderer. Manchmal können Zombies (ähnlich wie Vampire oder Werwölfe) durch Bisse andere Menschen in Zombies verwandeln. Getötet werden können sie oft durch Zerstörung des Gehirns.


Die Tiefenpsychologie hat das Jenseits im Unbewussten des Menschen angesiedelt. Im archaischen 2-Welten-Schema spiegelt sich das dual strukturierte menschliche Seelenleben mit seinen beiden Polen des Bewusstseins und des Unbewussten. In der Vorstellung von einer vielfachen Vernetzung von Diesseits und Jenseits erscheinen die nach außen projizierten Verbindungen zwischen der bewussten und der unbewussten Psyche: der Informationsfluss zwischen dem Assoziations-Cortex in der Hirnrinde und dem tiefer gelegenen limbischen System, der in den zahlreichen neuronalen Verknüpfungen beider Systeme erfolgt. Die archaische Vorstellung von der Überlegenheit des Jenseits über das Diesseits spiegelt schließlich die Übermacht des uralten unbewussten Führungszentrums, des Selbst, über das evolutionsgeschichtlich jüngere Bewusstsein ("Vater - Sohn "). Der Verlust des Jenseits hat die Moderne ethisch und spirituell zutiefst verunsichert (Ethik). Die damit verbundenen Probleme sind gravierend und ohne Tiefenpsychologie nicht zu meistern.


'''Autor:''' Kaufmann, Rolf
'''Interpretation:''' Zombies und Untote symbolisieren dunkle Schattenseiten, die im Einzelnen wie in der Gesellschaft wirksam sind. Es sind entweder wichtige, z. B. vitale, lebenshungrige, sexuelle und aggressive Anteile, die aus dem Leben verbannt wurden und nun ihr "Unwesen" im Unbewussten treiben. Vielleicht "metzeln" Jugendliche gerade deswegen in ihren Computerspielen so gerne Zombies ab, weil in der Pubertät mit ihrem Triebpotential so viele aggressive und sexuelle Schatten- und Dunkelaspekte bekämpft werden müssen, um überhaupt ein dem Fremd- und dem Eigenanspruch gegenüber als ein einigermaßen akzeptiertes Ich bestehen zu können. Es kann sich aber bei den Zombies auch um Aspekte handeln, die wirklich überlebt sind, von denen man sich aber durch Gewohnheit und Anpassung nicht trennen kann und die im Leben noch herumirren, nicht sterben können. Auch können sie süchtige und triebhafte Anteile darstellen, von denen man nicht weiß, wie man mit ihnen am besten umgehen kann. Weiter können sie depressive, "seelenverlorene" Zustände symbolisieren.
 
Im Allgemeinen sind Zombies dem Schatten- und Dunkelreich zugehörig, unmenschlich, verloren, feindlich und nicht mehr in die Gemeinschaft zu integrieren, obwohl sie einmal Menschen waren. Vor allem in animierten Filmen und Spielen müssen sie oft "massenweise" mit Sägen, Keulen und Waffen jeder Art niedergemetzelt werden.
In der Popkultur ab den 80igerJahren des 20. Jahrhunderts zieren Zombies und Untote Covers von CDs, tanzen in Videoclips. Umgangssprachlich abwertend werden z. B. die Anhänger der Jugend-Gothic-Szene als Zombies bezeichnet oder die sogenannten Computerkids, die ihre Zeit im Übermaß mit Computer- und Internetspielen verbringen. Umgekehrt sehen Jugendliche oft die manchmal die etablierte, angepasste, scheinbar geistlos und stupide vor sich hin arbeitende und konsumierende ältere Generation als lebende Tode.
 
Beeindruckend deutlich vermögen Pubertierende und Adoleszente zu beschreiben, wie tot ihnen die Erwachsenen vorkommen. Die Angst davor, schließlich doch genau so zu werden wie sie, kann eine protestierende Gegenbewegung auslösen, die sich z. B. in schwarzer Kleidung, Totenkopfschmuck und schwarz-weißer Schminke spiegelt. Sie kann auch den extremen pubertären Rückzug in die Welt der Medien und Computer auslösen. Manche Jugendliche bezeichnen die Symptome schwerer depressiver und narzisstischer Phasen, die als Leere beschrieben werden auch mit: "Ich komme mir vor wie ein Zombie."
 
Eine 16jährige Jugendliche kam auf Druck ihrer Eltern zur Therapie, weil sie keine Lust mehr hatte, zur Schule zu gehen. Seit ihre Ratte vor einem halben Jahr gestorben war, lag sie praktisch nur noch im Bett, konnte sich zu nichts aufraffen, kiffte, schaute heimlich Horrorfilme und -videos. Sie konnte nicht an der Realschulabschlussprüfung teilnehmen und musste die Klasse wiederholen. Sie war immer blass, hatte schwarze Lippen und Augen, trug schwarze Kleidung, die lange Zeit, wenn sie kam, mit Erde verschmutzt war. Sie müsse jeden Tag am Grab der Ratte knien. Sie habe eigentlich zur Schule gewollt, eine gute Prüfung machen und danach weiter ins Gymnasium gehen wollen. Aber sie sei morgens einfach nicht in der Lage aufzustehen.
 
Die Jugendliche, die früher immer mit der U-Bahn zur Schule gefahren war und auch zur Therapie auf diesem Wege kam, berichtete über einen langen Zeitraum zu Beginn ihrer Therapiestunde zuerst, was sie in der U-Bahn erlebte. Die Menschen, denen sie begegne, seien so wie die "Grauen Herren" in Michael Endes "Momo": leere, graue, gierige, verzehrende, nichtssagende, leblose, tote Gestalten. Wie Vampire oder wie Zombies kämen sie ihr vor. Oft spüre sie regelrecht, wie alle versuchen würden, sie auch zu einer der ihren zu machen. Sie vermeide jede Berührung mit ihnen. Bevor sie selber so werde, möchte sie lieber gar nichts werden, im Bett bleiben, um ihre Ratte trauern. Ihre Ratte sei das einzige Wesen, das nicht in dieser Welt gelebt habe. Sie könne sich überhaupt nicht vorstellen, so zu leben, wie die beruflich erfolgreichen Eltern (Vater, Manager und Alkoholiker, Mutter politisch tätig und "wichtig") und deren Freunde das taten: arbeiten, immer in Eile sein, keine Zeit haben, immer grau und müde aussehen. Die Frage, wie man in einer solchen Gemeinschaft von Untoten und Scheintoten leben könne, ohne genau so zu werden, schien ihr - vorausgesetzt, sie wolle sich nicht umbringen oder totkiffen - nicht anders zu lösen, als entweder als Punker unter einer Brücke zu leben, wovor sie sich fürchte oder auszuwandern, wofür sie kein Geld habe.
 
Ein 13jähriger Jugendlicher, essgestört, stark übergewichtig und depressiv, versuchte seine Verzweiflung und Wut über Jahre hinweg mit Rückzug, Passivität und Verweigerung zu kontrollieren. Er sprach praktisch mit den Eltern nicht mehr, weil jedes Gespräch in destruktive Streitereien mit Tätlichkeiten von beiden Seiten ausartete. "In mir ist es dunkel und leer. Es ist, als ob ich keine Seele mehr habe", beschreibt er seinen verzweifelten Zustand als 14jähriger. Etwa ein halbes Jahr später hat er etwas gefunden, was ihn in Kontakt mit anderen Menschen bringt: Internet. Er chattet und kommt darüber mit dem Spiel "World of Warcraft" in Kontakt. In dem Internetspiel kann man zu Beginn seinen Charakter aus zwei Gruppen wählen, einer "Allianz", in der die Menschen mit anderen Völkern verbunden sind und einer "Horde", in der eines der Völker das Volk der Untoten ist. Dieses Volk der Untoten wählt er und spielt sich als untoter Krieger monatelang durch 60 Schwierigkeitslevel hindurch.


'''Literatur:''' Standard
'''Literatur:''' Standard
'''Autor:''' Müller, Anette

Version vom 29. September 2015, 22:42 Uhr

Keyword: Zombie

Links: Dämon, Geist, Gespenst Jenseits, Nacht, Seele, Teufel, Tod

Definition: Zombies sind lebende Tote, "Untote", die als tote, oft seelenleere Körper in der Welt herumirren; möglicherweise ist diese Vorstellung verbunden mit dem Glauben früher Kulturen an ein Leben nach dem Tode.

Information: Viele Kulturen rüsteten ihre Toten für die Fahrt ins Totenreich mit Waffen, Kleidung, Nahrung etc. aus. In einigen Kulturen herrschte offenbar die Angst davor, dass die Verstorbenen wieder zurück kommen und Schaden anrichten könnten. Wo diese Vorstellung herrschte, wurden entsprechende Vorkehrungen bei der Bestattung der Toten getroffen, die es ihnen unmöglich machen sollten, wieder aufzuerstehen und das Grab zu verlassen, z.B. durch Fesseln der Toten, Einsperren in fest verschlossenen Särgen, Brechen der Knochen, Pfählen oder Verbrennen der Leichen.

Der alte Volksglaube kennt Untote unter dem Namen Wiedergänger als eine Form der dunklen, ängstigenden, schwarzen Geister: unerlöste Seelen, die als lebende Tote ihr Unwesen treiben, oft in der Nähe von Friedhöfen oder an Orten, an denen ihnen Schreckliches widerfahren ist oder an denen sie anderen Schreckliches angetan haben. Manchmal sind Wiedergänger plötzlich aus dem Leben Gerissene, die noch eine Aufgabe zu erledigen haben, bevor sie zu den Toten gehen können. Manchmal sind Wiedergänger auch von bösen Geistern besetzte Körper von Toten, Mumien oder wandelnde Skelette.

Wieder belebt und neu gestaltet wird das Motiv der Untoten in der kompensatorischen Ausgleichs- und Gegenreaktion auf die Ideen der Aufklärung. Gerade schien es möglich mit dem Logos und Rationalität des hellen, trennenden, solaren Bewusstseinslichtes Religion, Aberglauben und das Unbeherrschbare und Unkontrollierbare zu besiegen, da kehrten Volksglauben, Märchen, Sagen und Mythen mit dem geheimnisvollen Licht des Mondes, mit Schauder und Horror in der Romantik und in den okkultistischen Strömungen des 19. und 20. Jahrhunderts zurück: W. Hauff, H. Heine und R. Wagner bearbeiteten beispielsweise die Gestalt des fliegenden Holländers aus einer alten Seefahrerlegende literarisch und musikalisch, T. Storm schrieb die Novelle vom Schimmelreiter. Einer der bekanntesten Untoten, der im 20. Jh. in Horrorerzählungen immer neu gestaltet wird, ist der Vampir. Manchmal, u. a. in zeitgenössischen modernen Filmen, kehren Wiedergänger auch als hilfreiche Figur oder Engel in die Welt zurück wie im Film "The sixth sense".

Der Zombie entstammt den mit den afrikanischen Sklaven nach Amerika gelangten Vorstellungen und Ritualen des Voodoo-Kultes. Abgeleitet ist die Bezeichnung Zombie vermutlich von zumbi, dem Namen für einen Geist oder Totengeist. Im Voodoo Haitis und Südamerikas wird als Zombie 1. ein zu neuem Leben erweckter Toter, 2. auch der zur Wiederbelebung nötige Geist und 3. eine Schlangengottheit genannt. 4. können Zauberer einem Lebenden seine Seele rauben und diesen dann als Zombie, d.h. als willenlosen Körper ohne Seele, beherrschen. In Horrorfilmen und -geschichten ist diese Zombie-Variante manchmal aufgegriffen in somnambulen oder hypnotisierten, willenlos gesteuerten Menschen, wie etwa 1919 in "Das Kabinett des Dr. Calligari". S. Kubricks Hauptfigur in "Clockwork Orange" (1971) kann als vom Verbrecher zum willenlosen Zombie therapierte Gestalt interpretiert werden.

Zombies und Untote gehören in Fantasy- und Horrorliteratur und -film, den Comics, Video- und Computerspielen des 20. Jahrhunderts zum Standardfigurenrepertoire. Von Gespenstern und Geistern unterscheiden sie sich dadurch, dass sie körperlich-materiell vorhanden sind und wirken können. Während Vampire wie Dracula ihrem Sarg nachts als unverwester, lebender Leichnam entsteigen, zeigen Zombies häufig Spuren der Verwesung, treten in Horden auf und sind nicht mehr als individuelle Menschen mit persönlicher Biografie und eigenem Motiv erkennbar, sondern degradiert zum Werkzeug und Objekt anderer. Manchmal können Zombies (ähnlich wie Vampire oder Werwölfe) durch Bisse andere Menschen in Zombies verwandeln. Getötet werden können sie oft durch Zerstörung des Gehirns.


Interpretation: Zombies und Untote symbolisieren dunkle Schattenseiten, die im Einzelnen wie in der Gesellschaft wirksam sind. Es sind entweder wichtige, z. B. vitale, lebenshungrige, sexuelle und aggressive Anteile, die aus dem Leben verbannt wurden und nun ihr "Unwesen" im Unbewussten treiben. Vielleicht "metzeln" Jugendliche gerade deswegen in ihren Computerspielen so gerne Zombies ab, weil in der Pubertät mit ihrem Triebpotential so viele aggressive und sexuelle Schatten- und Dunkelaspekte bekämpft werden müssen, um überhaupt ein dem Fremd- und dem Eigenanspruch gegenüber als ein einigermaßen akzeptiertes Ich bestehen zu können. Es kann sich aber bei den Zombies auch um Aspekte handeln, die wirklich überlebt sind, von denen man sich aber durch Gewohnheit und Anpassung nicht trennen kann und die im Leben noch herumirren, nicht sterben können. Auch können sie süchtige und triebhafte Anteile darstellen, von denen man nicht weiß, wie man mit ihnen am besten umgehen kann. Weiter können sie depressive, "seelenverlorene" Zustände symbolisieren.

Im Allgemeinen sind Zombies dem Schatten- und Dunkelreich zugehörig, unmenschlich, verloren, feindlich und nicht mehr in die Gemeinschaft zu integrieren, obwohl sie einmal Menschen waren. Vor allem in animierten Filmen und Spielen müssen sie oft "massenweise" mit Sägen, Keulen und Waffen jeder Art niedergemetzelt werden. In der Popkultur ab den 80igerJahren des 20. Jahrhunderts zieren Zombies und Untote Covers von CDs, tanzen in Videoclips. Umgangssprachlich abwertend werden z. B. die Anhänger der Jugend-Gothic-Szene als Zombies bezeichnet oder die sogenannten Computerkids, die ihre Zeit im Übermaß mit Computer- und Internetspielen verbringen. Umgekehrt sehen Jugendliche oft die manchmal die etablierte, angepasste, scheinbar geistlos und stupide vor sich hin arbeitende und konsumierende ältere Generation als lebende Tode.

Beeindruckend deutlich vermögen Pubertierende und Adoleszente zu beschreiben, wie tot ihnen die Erwachsenen vorkommen. Die Angst davor, schließlich doch genau so zu werden wie sie, kann eine protestierende Gegenbewegung auslösen, die sich z. B. in schwarzer Kleidung, Totenkopfschmuck und schwarz-weißer Schminke spiegelt. Sie kann auch den extremen pubertären Rückzug in die Welt der Medien und Computer auslösen. Manche Jugendliche bezeichnen die Symptome schwerer depressiver und narzisstischer Phasen, die als Leere beschrieben werden auch mit: "Ich komme mir vor wie ein Zombie."

Eine 16jährige Jugendliche kam auf Druck ihrer Eltern zur Therapie, weil sie keine Lust mehr hatte, zur Schule zu gehen. Seit ihre Ratte vor einem halben Jahr gestorben war, lag sie praktisch nur noch im Bett, konnte sich zu nichts aufraffen, kiffte, schaute heimlich Horrorfilme und -videos. Sie konnte nicht an der Realschulabschlussprüfung teilnehmen und musste die Klasse wiederholen. Sie war immer blass, hatte schwarze Lippen und Augen, trug schwarze Kleidung, die lange Zeit, wenn sie kam, mit Erde verschmutzt war. Sie müsse jeden Tag am Grab der Ratte knien. Sie habe eigentlich zur Schule gewollt, eine gute Prüfung machen und danach weiter ins Gymnasium gehen wollen. Aber sie sei morgens einfach nicht in der Lage aufzustehen.

Die Jugendliche, die früher immer mit der U-Bahn zur Schule gefahren war und auch zur Therapie auf diesem Wege kam, berichtete über einen langen Zeitraum zu Beginn ihrer Therapiestunde zuerst, was sie in der U-Bahn erlebte. Die Menschen, denen sie begegne, seien so wie die "Grauen Herren" in Michael Endes "Momo": leere, graue, gierige, verzehrende, nichtssagende, leblose, tote Gestalten. Wie Vampire oder wie Zombies kämen sie ihr vor. Oft spüre sie regelrecht, wie alle versuchen würden, sie auch zu einer der ihren zu machen. Sie vermeide jede Berührung mit ihnen. Bevor sie selber so werde, möchte sie lieber gar nichts werden, im Bett bleiben, um ihre Ratte trauern. Ihre Ratte sei das einzige Wesen, das nicht in dieser Welt gelebt habe. Sie könne sich überhaupt nicht vorstellen, so zu leben, wie die beruflich erfolgreichen Eltern (Vater, Manager und Alkoholiker, Mutter politisch tätig und "wichtig") und deren Freunde das taten: arbeiten, immer in Eile sein, keine Zeit haben, immer grau und müde aussehen. Die Frage, wie man in einer solchen Gemeinschaft von Untoten und Scheintoten leben könne, ohne genau so zu werden, schien ihr - vorausgesetzt, sie wolle sich nicht umbringen oder totkiffen - nicht anders zu lösen, als entweder als Punker unter einer Brücke zu leben, wovor sie sich fürchte oder auszuwandern, wofür sie kein Geld habe.

Ein 13jähriger Jugendlicher, essgestört, stark übergewichtig und depressiv, versuchte seine Verzweiflung und Wut über Jahre hinweg mit Rückzug, Passivität und Verweigerung zu kontrollieren. Er sprach praktisch mit den Eltern nicht mehr, weil jedes Gespräch in destruktive Streitereien mit Tätlichkeiten von beiden Seiten ausartete. "In mir ist es dunkel und leer. Es ist, als ob ich keine Seele mehr habe", beschreibt er seinen verzweifelten Zustand als 14jähriger. Etwa ein halbes Jahr später hat er etwas gefunden, was ihn in Kontakt mit anderen Menschen bringt: Internet. Er chattet und kommt darüber mit dem Spiel "World of Warcraft" in Kontakt. In dem Internetspiel kann man zu Beginn seinen Charakter aus zwei Gruppen wählen, einer "Allianz", in der die Menschen mit anderen Völkern verbunden sind und einer "Horde", in der eines der Völker das Volk der Untoten ist. Dieses Volk der Untoten wählt er und spielt sich als untoter Krieger monatelang durch 60 Schwierigkeitslevel hindurch.

Literatur: Standard

Autor: Müller, Anette