Krebs
Keyword: Krebs
Definition: Der Krebs (gr. karkinos, lat. cancer) ist ein mit etwa 45 000 Arten in allen Meeres- und Süßgewässern verbreiteter kiemenatmender Gliederfüßer (einige Gruppen sind zu Landtieren geworden, z. B. viele Asseln)
Information: Keine
Interpretation: An den befremdlichen Rück- oder Seitwärtsgang knüpft sich einerseits die Assoziation des schwierigen Fortkommens und in Aberglauben und Sprachgebrauch sogar des Unglücks ("Krebsgang"), andererseits wird der Krebs gerade darum als Abwehrzauber gebraucht. Physiologisch liegt das stabilisierende System beim Krebs außen, er besitzt kein zerebrospinales sondern nur ein sympathisches Nervensystem, was ihn zum geeigneten Bild gut verschlossener, im Dunkeln liegender unbewusster Vorgänge, das körperlich bezogen zur Bauchregion steht. Symbolgeschichtlich ist er verwandt mit Uroboros und Drache, d. h. dem Spektrum der Großen Mutter. Als "rückläufiges" Tier repräsentiert das Sternbild Krebs den Wendepunkt der Sonne, die zur Sommer-Sonnwende in dieses Tierkreiszeichen eintritt. Astrologisch sind im Krebs Anfangs- und Todes- (Rückkehr) Symbolik eng verbunden.
In der ägyptischen Astrologie steht an Stelle des Krebs der Skarabäus, ein Symbol der Unsterblichkeit und Selbsterschaffung, und damit auch der Wiedergeburt. Das Element des Krebs ist das Wasser, das anfängliche Urelement der Lebenssubstanz, symbolisch die nie versiegende Lebensquelle. Der Krebs ist positiver Mutterarchetypus als das "Domizil" des Mondes, was die Nähe zur Natur, zu urtümlichen natürlichen Rhythmen, den Säften, der Samenflüssigkeit, den biologischen Quellen des Lebens unterstreicht. Traum, Phantasie, die ungeformten Bilder im "Reich der Mütter" (kollektives Unbewusstes) sind seelischer Urstoff, aus dessen Quelle der Künstler schöpft. Wasser gilt darüber hinaus auch noch als "Geist des Stoffs": das mütterlich Uroborische, kollektive Unbewusste ist nicht nur Urquelle der Schöpfung, sondern auch der Weisheit. Für die Chaldäer, Kelten und Neuplatoniker ist das Zeichen Krebs die "Pforte der Inkarnation", der Punkt, durch den die Geistseele in den physischen Leib eintritt. Der Krebs als Repräsentant des negativen Mutterarchetypus wird im griechischen Mythos sichtbar: Während Herakles mit der neunköpfigen Schlange (Hydra) in den Sümpfen von Lerna kämpft, lässt Hera einen riesigen Krebs aus dem Sumpf kriechen, der Fersen und Fußgelenke des Helden angreift, um ihn kampfunfähig zu machen. Es gelingt Herakles jedoch, ihn zu zertreten, worauf Hera ihren "Trabanten" (vgl. E. Neumann) an den Sternenhimmel versetzt. Bezeichnend ist hier der Angriff von hinten/unten, das "in die Ferse stechen", was den Krebs wiederum als symbolischen Verwandten der Schlange als gefährlichen Mutterarchetypus zeigt. Der hoch potenzierte (neunköpfige Hydra) verschlingende Mutterdrache (Hydra) schlägt von "Rückwärts" (aus dem Unbewussten) zu, um den Sieg des Helden im Kampf um eigene Individualität zu vereiteln. Übertragen auf psychodynamische Muster entspricht dieses In-den-Rücken -Fallen innerer Instanzen quälender Rückwärtsgewandtheit und Wiederholungszwängen, die ein ständiges Starren auf Verletzungen aus der Vergangenheit verlangen. Oder auch Fixierung auf Kindheitssehnsüchte und starkes Rückzugsbedürfnis, welche die Schwächung der nötigen Entschlossenheit zur gegenwärtigen Existenz bewirken. Eine solche unbewusste Rückwärtsgewandtheit und resignative Lebenseinstellung hat man bei vielen Krebserkrankungen beobachtet (der Hintergrund der Krankheitsbezeichnung ist dunkel).
Als aktive Gestaltung von Erinnerung und Vergangenheitsbezug kann das "Rückbindungspotential" (vgl. lat. religare, religio = zurückbinden, Religion) in Pflege von praktischen und geistigen Traditionen fließen, in Bewahrung und Gestaltung des Bilderschatzes des persönlichen und kollektiven Herkunftsgrundes, in der Hinwendung zu Mythos und Kultus, zu Musik und Mystik. Vorrang vor extravertierter Anschauung hat die Innenwendung, das Hören, das Lauschen, die Hinwendung auf das, was aus der Tiefe spricht und entsteht, die Empfänglichkeit für das Wunderbare. So steht das Krebs-Symbol zuletzt auch für das Kindliche, für seelisch-geistiges Nähren und Genährt-werden, für elementare Verbundenheit, reale Abhängigkeiten und Abhängigkeitswünsche, regressive Bedürfnisse aller Art. Entsprechungen in der Alltagswelt sind Haus und Wohnung, alle Arten von Betreuungs- und Versorgungsstätten und Heimen. Im Konsumangebot kommt die "Wellness"-Welle diesen Bedürfnissen entgegen.
Der Krebs in der Astrologie ist das 4. Zeichen im Jahreslauf (markiert das "Imum Coeli", "Himmelstiefe") und steht für Herkunft, Heimat, Nacht, Schlaf, Traum, Sammlung und Integration, "participation mystique", Rückbindung in die Seelentiefe des natürlichen Wesens, der geistigen Herkunft. Der zugehörige Planet ist Mond, das Element Wasser, die Qualität kardinal (impulsgebend). Allgemeine Grundprinzipien sind Introversion, Anschluss an das persönliche und kollektive Unbewusste als Lebensquelle, Imagination, seelischer Reichtum, phantasievoll und schöpferisch, Lebendigkeit des Gefühls, die innere Weiblichkeit als mütterlich pflegende und geistig empfängliche und verbindende Kraft, natürliche Regenerationsfähigkeit. Das seelische Bedürfnis ist auf Verwurzelung und Geborgenheit gerichtet, die stark betonte Gefühlsfunktion bedarf in sachlicher Hinsicht des Heimisch-werdens darin. Entscheidungen müssen in gefühlsmäßiger Verankerung wurzeln. Ist etwas einmal als innerer Auftrag erlebt, so besteht trotz "mondhafter" Schwankungen und Unmwegen elastische Zähigkeit im Verfolgen von Zielen.
Schattenaspekt: Äußerlich gut funktionierende, aber starre Persona und Selbstbewahrungsbemühung ("Krebspanzer"), innerlich strukturlos, seelischer Überschwemmung ausgesetzt, verführbar, regressive Abwehr der Realität, Selbstblockierung, Symbiose mit dem Vergangenen, "Sorgsucht", Beleidigtsein als Aggressionsumweg, die "verschlingende Mutter".
Literatur: Standard
Autor: Romankiewicz, Brigitte