Haar

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Keyword: Haar

Links: Kopf

Definition: Haare sind lange Hornfäden, die hauptsächlich aus Keratin bestehen.

Information: Menschen haben je nach Haarfarbe zwischen 90. 000 und 150. 000 Kopfhaare. Dunkelhaarige Menschen haben weniger Haare als blonde.

Während unseres ganzen Lebens wächst das Haar auf dem Kopf etwa 530 Kilometer. Haarausfall von bis zu 100 Haaren pro Tag ist normal. Im Alter von 30 Jahren leidet bereits jeder fünfte Mann an Haarausfall. Und schon ab einem Alter von 20 Jahren kann das Haar ergrauen. Ein graues Haar ist eigentlich ein farbloses Haar: das Haarfollikel produziert den Farbstoff "Melanin" nicht mehr.

Die längsten Haare der Welt hat laut Guinnes Buch der Rekorde ein Thailänder: Er hat sich seine Haare seit 70 Jahren nicht mehr schneiden lassen und inzwischen sind sie über fünf Meter lang (1997/5, 15 m)

An jeder zehnten menschlichen Haarwurzel bzw. Pore sitzt eine Haarbalgmilbe. Im Gesicht sind vor allem die oberen Wangenpartien bewohnt. Je älter man wird, desto mehr Milben hausen im Gesicht. Bei einem erwachsenen Menschen sind es etwa tausend Milben.

Interpretation: Die Menschheitsgeschichte zeigt, dass Haaren schon immer eine große Bedeutung zugemessen wurde. Haare waren seit Urzeiten Ausdruck der Individualität oder der individuellen Zugehörigkeit und Bestimmung. Ein in Südmähren gefundener Frauenkopf aus Mammut Elfenbein mit gepflegter Frisur, ist etwa 27. 000 Jahre alt. Vorschriften zur Haarpflege findet man in einem 4000 Jahre alten ägyptischen Papyrus.

Ebenso spielten Haare seit Menschengedenken im Bereich religiöser Vorstellungen oder der Magie eine große Rolle. Eine der ältesten Hinweise hierzu ist die Geschichte von Simson (Richter 16 ff. ) Sein Haar bedeutete nicht nur seine physische Kraft sondern zugleich die höhere Macht, die hinter seiner Kraft steht. Dieser Glaube, dass über das Haar ein Mensch entweder in der Obhut oder der Gewalt einer höheren Kraft stehen kann, ist bei zahlreichen Völkern des Altertums nachzuweisen und wird bis heute über Märchen und Sagen vermittelt. Geschorenes Haar galt deshalb als Schändung und Strafe für unangemessenes oder unzüchtiges Verhalten, ebenso auch als Markierung der Unfreiheit und des Sklaventums. Zugleich, im religiösen Bereich, wurde es als Zeichen der Unterwerfung und Opferung der Freiheit unter höhere Mächte (Mönche, Nonnen) angesehen, womit außerdem den körperlich-sexuellen Triebwünschen entsagt werden soll. Das Scheren der Haare galt und gilt in diesem Zusammenhang der Opferung sexuellen Begehrens, womit die erotische Kraft, die das Haar beider Geschlechter ausstrahlt, besiegt werden soll (te).

Die Ausstrahlung über die Haare als verführende oder erotische Kraft der Frau wird in Mythologie und Märchen von Sirenen, der Loreley, Hexen, Nixen, besonders schönen Prinzessinnen, Königinnen oder besonderen Frauen geschildert. In zahlreichen Märchen wird zugleich deutlich, dass das Strählen, Kämmen und in Ordnung bringen der Haare von Frauen einem weiblich-erotischen Reifungsprozess dient. Ebenso wie es bei Männern zu den Merkmalen ihrer Manneskraft zählte oder das Bartscheren eine Zeremonie der Jünglingsweihe bedeutete.

Vielfach werden Haare in einen Zusammenhang gesetzt mit der inneren Einstellung, den Gedanken, den geistigen Kräften und der Identität des Trägers. Vielleicht kommt von daher der frühere Brauch, Toten Haare zu opfern, um ihnen etwas von der innersten Einstellung mitzugeben. Denn in anderen Zusammenhängen kann der Besitz eines Haars die physischen, psychischen und geistigen Kräfte seines Trägers vermitteln. Schließlich besagen Redensarten sehr viel darüber, welches Gewicht und welche Beachtung im Gesamten der Einstellung eines Menschen die Haare bekommen: "Wie die Haare so der Sinn !" "Sich die Haare raufen" (bei Schmerz, Entsetzen oder Wut), sich "keine grauen Haare wachsen lassen" (trotz Sorgen)."Die Haare stehen zu Berge " als Ausdruck von Angst oder Empörung."Sich in die Haare geraten" bei geistigen Auseinandersetzungen."Ein Haar in der Suppe finden" als Ausdruck für kleinliches Kritisieren."Haarspalterei" für nörgelnde Besserwisserei. Menschen, die bösartig argumentieren werden beschrieben: "Sie haben Haare auf den Zähnen." Und schließlich werden Argumente, die überzeugen sollen, aber unstimmig sind, "an den Haaren herbeigezogen".

Junge Menschen demonstrierten schon immer, nicht erst heute (Hippies, Skinheads, Punker) ihre Einstellung über die Haare. Im Musical Hair gilt das lange Haar als Symbol der Freiheit. Oft markiert ein entsprechend neuer Haarschnitt das Erreichen einer neuen Einstellung oder eine neue Reifstufe bei Jugendlichen. Schließlich dient langes Haar bei jungen Mädchen nicht selten dazu, das Gesicht wie mit einem Schleier zu verbergen.

In therapeutischen Gesprächen spielen die Haare sehr häufig eine Rolle, denn Menschen, die sich in ihre Identität, ihrer Erotik und Sexualität, aber auch in ihrer inneren Einstellung nicht sicher fühlen sind in der Regel auch mit der Art ihrer Haare nicht übereinstimmend. So, wie sie ihre mangelnde innere Festigkeit oder ihre nicht ausreichende Ausstrahlung auf andere beklagen, beklagen sie die Art ihrer Haare (ihre Farbe, die Stärke, die lockigen oder glatten Haare). Eine Frau, die sich mit allerhand lästigen, dunklen und destruktiven Stimmungen herumschlug erzählte von einem Traum, in dem sie völlig verlaustes Haar gehabt hätte. Von selbst kam sie auf die Idee, dass ihre Gedanken so verlaust seien wie die Haare im Traum.

Eine andere Frau, die unter kreisrundem Haarausfall litt (möglicherweise eine Autoimmunerkrankung) merkte über Gespräche, dass sie sich selbst ganz wenig abgrenzen könne gegen Forderungen von außen. Auch hätte sie eigentlich keine "Immunität" ihre eigenen Gedanken zu vertreten. Vielmehr würde sie diese stets den Meinungen anderer opfern. Sie spürte ihre verlorene eigene Identität, nicht nur im Hinblick auf eigene innere Einstellung, sondern auch im Hinblick auf die Weiblichkeit und ihr sexuelles Begehren. Ein Traum, sich in ihr eigenes Haarkleid einzuhüllen gab ihr neue Kraft, zu persönlichen Einstellungen zu stehen und diese zu vertreten. Die psychischen Kräfte der eigenen Identität, der Weiblichkeit und Erotik, der eigenen geistigen Kräfte und Möglichkeiten begannen, wieder neu lebendig zu werden.

Rote Haare galten im Volksglauben als Haare des Teufels, oder von Hexen. Menschen mit roten Haaren verdächtigte man, verräterisch, falsch oder teuflisch zu sein.

Heute klagen Kinder oft ihr Leid, wenn sie rote Haare haben. Sie würden immer auffallen, seien nie anonym, würden dadurch stets erkannt. Ein 14-jähriger, dem gesagt wurde, er habe Hexenhaare, fand ganz schwer zu seiner Identität. Er war nahe daran, sich selbst als "Hexe" zu brandmarken.

Das goldene Haar ist oft auch das rotblonde Haar. In den Märchen unterstreicht es noch die Besonderheit der Identität, die (oft zwar geleugnete) Herkunft oder die Gedanken seiner TrägerInnen. Im Märchen "Eisenhans" (Grimm Nr. 136) erhält der Königssohn goldenes Haar. Im Märchen "Die Gänsemagd" (Grimm Nr. 89) hat die Königstochter goldenes Haar.

Literatur: Standard

Autor: Laitenberger, Diethild