Höhle, Grotte
Keyword: Höhle, Grotte
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Definition: Durch Naturvorgänge gebildeter, unterirdischer Hohlraum verschiedener Form und Größe von Gestein umschlossen. Häufig vorkommende Höhlenart sind außerdem die durch Erosion und Korrosion entstandenen Wasserhöhlen.
Information: Zu den Erosionshöhlen gehören die Ufer-, Küsten- und Brandungshöhlen an Steilufern und –küsten (Blaue Grotte auf Capri). Im Allgemeinen entspricht die Temperatur im Höhleninneren etwa dem Mittelwert der Jahrestemperatur der Umgebung. Pflanzenwuchs in Höhlen ist mangels Licht nur sehr spärlich.
Wir unterscheiden verschiedene Höhlenarten: Abri sind Felsdächer, Felsnischen und Halbhöhlen, die als natürliches Schutzdach und urgeschichtlicher Siedlungsplatz dienten. Durchgangshöhle nennt man eine Höhle mit mindestens zwei nicht nebeneinander liegenden Eingängen. Großhöhle ist eine Höhle mit einer Gesamtganglänge zwischen 500 und 5000 m. Halbhöhle nennt man eine Höhle, deren Tiefe geringer ist als die Breite des Portals (Nischen, Hohlräume, Felsdächer, Brandungshöhlen), ohne lichtlosen Höhlenteil.
Primärhöhle ist eine Höhle, welche gleichzeitig mit dem Muttergestein entstanden ist. Sekundärhöhle ist eine Höhle, die später als das Muttergestein durch die inneren und äußeren Kräfte unserer Erde entstanden ist. Schauhöhle ist eine für Besucher ausgebaute Höhle, in der gegen Entgeld öffentliche Führungen abgehalten werden. Riesenhöhle ist eine Höhle mit einer Gesamtganglänge über 5000 m.
In Tropfsteinhöhlen scheidet tropfendes Wasser den Kalksinter aus. Nach unten wachsen die Deckenzapfen, die Stalaktiten, ihnen entgegen die Bodenzapfen, die Stalagmiten. Wachsen sie zusammen, so entstehen Sintersäulen oder –vorhänge. Ein Höhlensystem ist ein zusammenhängendes durch mehrere Eingänge (Tagöffnungen) zugängliches Netz von Hohlräumen. Schächte/Schlote nennt man Höhlen oder Höhlenteile mit überwiegender Vertikalerstreckung. Künstliche Höhlen sind Bergwerke, unterirdische Steinbrüche oder Wohnhöhlen aber auch Grüfte, Katakomben und Krypten.
Höhlenbehandlung: Die kurzfristige Unterbringung von Kranken in Höhlen, die ein therapeutisch nützliches Mikroklima aufweisen (zur Behandlung von Asthma und chronischer Bronchitis oder rheumatischen Erkrankungen.)
Die Beziehung zwischen Mensch und Höhle ist uralt. Die Höhle spielte schon immer in vielen Lebensbereichen der Menschen eine bedeutende Rolle: sie liefert Wasser aber auch Rohstoffe wie Stein oder Lehm, sie diente als Zufluchts-, Wohn- und Bestattungsort ebenso wie als Depot oder Produktions-, Rückzugs- und Kultstätte. Sie ist Gegenstand wissenschaftlicher Forschung verschiedenster Disziplinen.
Interpretation: Für die Frühmenschen waren Höhlen die einzige Behausung, die ihnen Schutz bot vor Wind und Wetter und vor gefährlichen Tieren. Im Krieg und bei anderen Gefahren dienten und dienen sie Menschen als Versteck und Zufluchtsort.
Des Weiteren dienten Höhlen von Urzeit an bis in die heutige Zeit als Grabstätte, als natürlicher Raum, in den unser irdischer Körper nach dem Tod aufgenommen wird. Sie galten auch als Eingang in das Totenreich bzw. die Unterwelt.
Als Kultstätten sind sie uns seit der Steinzeit bekannt. Sowohl diese Funktion, als auch die Tatsache, dass sie in das unbekannte Innere der Erde hineinführen, gab Anlass, sie und ihre Inhalte mit Sagen und Legenden zu verbinden. Auch die in den Höhlen lebende Tierwelt hat dazu beigetragen. Höhlenmalereien sind das älteste Zeichen, dass Menschen sich ihres Tuns bewusst wurden.
In der Kunst der Ostkirche wird die Geburt Christi fast immer in einer Höhle dargestellt. Die Darstellung dieser Höhle als Erdspalte symbolisiert evtl. einen Mutterschoß unter Bezug auf die Befruchtung der Erde durch den Himmel. Begraben wurde Jesus wiederum in einer Erdhöhle/Grabeshöhle. Er verbindet sich ganz und gar mit der Erde und damit mit uns, die wir Teil der Erde sind. Aus einer Höhle, dem Mutterschoß gehen wir hervor, in eine Höhle, in den Schoß der Mutter Erde kehren wir zurück.
Höhlen gelten auch als der Geburtsort vieler Götter.
Asketen, Mönche und Gottsucher haben sich zu allen Zeiten überall auf der Welt zu Askese und Eremitage in Höhlen zurückgezogen, in die Einsamkeit, Dunkelheit und Ungestörtheit, vielleicht um dort das innere Licht zu finden.
- Sich in seiner Höhle verkriechen, das Bedürfnis sich in seine Wohnung, sein Bett zurückzuziehen wie ein Tier in seine Höhle.
- Sich in die Höhle des Löwen wagen, d. h. mutig ins Innere der Gefahr vordringen.
Der Rückzug in bzw. das Bauen von Höhlen kann als heilsame und schöpferische Regression verstanden werden, als Aktivierung früher positiver Objekterfahrungen und bergender, schützender, archetypischer (mütterlicher) Bereiche des Unbewussten. Es kann kompensatorischen Charakter haben, z. B. bei Enttäuschungen, oder einen Konsolidierungsversuch auf äußeres oder inneres Chaos bedeuten. Im Prozess der Ablösung und Wiederannäherung tritt auf allen Entwicklungsstufen das Interesse an Höhlen auf.
Literatur: Standard
Autor: Löwen, Sigrid