Freimaurer

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Keyword: Freimaurer

Links: Arkandisziplin, Esoterik, Geheimnis, Initiation, Magie, Mysterium, Rosenkreuzer, Schweigen, Stein der Weisen, Tod

Definition: Die Freimaurerei, diese heute international verbreitete geschlossene, jedoch nicht unbedingt geheime Männergesellschaft, hat sich, ausgehend von den Idealen der philosophischen Aufklärung des 18. Jahrhunderts, den Grundsätzen der Humanität, der Toleranz sowie dem Gedanken einer weltweiten, die Grenzen der Nationen, Kulturen und Religonen überschreitenden Bruderschaft verschrieben.

Information: Die Freimaurerei wurde am Johannistag (24. Juni) 1717 durch Zusammenschluss von vier Londoner Logen gegründet. Von England breitete sich das freimaurerische Gedankengut mit seinen humanistischen Ideen in alle zivilisierte Länder aus. Lediglich autokratische, diktatorische und totalitäre Regime (z. B. Nationalsozialismus), zeitenweise auch die römisch-katholische Kirche, setzten der Freimaurerei Widerstände entgegen oder verboten sie. Das grundlegende Buch der freimaurerischen Konstitutionen (1723) mit den "alten Pflichten" wird dem schottischen Pastor James Anderson zugeschrieben.

Im I. Kapitel, das Gott und der Religion als den richtungweisenden Instanzen gewidmet ist, heißt es: "Der Maurer ist als Maurer verpflichtet, dem Sittengesetz zu gehorchen; und wenn er die Kunst recht versteht, wird er weder ein engstirniger Gottesleugner, noch ein bindungsloser Freigeist sein. - In alten Zeiten waren die Maurer in jedem Lande zwar verpflichtet, der Religion anzugehören, die in ihrem Lande oder Volke galt, heute jedoch hält man es für ratsamer, sie nur zu der Religion zu verpflichten, in der alle Menschen übereinstimmen, und jedem seine besonderen Überzeugungen selbst zu belassen. Sie sollen also gute und redliche Männer sein, von Ehre und Anstand, ohne Rücksicht auf ihr Bekenntnis oder darauf, welche Überzeugungen sie sonst vertreten mögen. So wie die Freimaurerei zu einer Stätte der Einigung und zu einem Mittel, wahre Freundschaft unter Menschen zu stiften, die einander sonst ständig fremd geblieben wären."

Die Vielfalt der rituellen Formen, der Arbeitsweisen, der Grade und Gliederungen hat sich in einer oft von Spannungen und Neugründungen begleiteten Geschichte entwickelt. Sie ist verwirrend groß, weil aufgrund von Abspaltungen sowie durch die Entstehung immer neue Logenverbände entstanden, neben den regulären auch irreguläre, sogenannte "Winkellogen", denen aus prinzipiellen Gründen die Anerkennung durch die traditionelle Freimaurerei versagt wurde.

Obwohl die Frau in alten esoterisch-spirituellen Vereinigungen ihren Platz hatte, wurde sie in der patriarchal strukturierten Gesellschaft, so auch in der Freimaurerei ausgeschlossen. Dem suchte man jedoch durch manche Sondergründungen abzuhelfen, etwa in Gestalt von Adoptionslogen, in der Mann und Frau gleichberechtigt sind. Auf diese Weise war es möglich, u. a. Querverbindungen zur anglo-indischen Theosophie und deren esoterischen Abteilungen zu schaffen, so auch während der ersten Phase (d. h. vor 1914) in der von Rudolf Steiner (1861 - 1925) begründeten Anthroposophie. Dort geschah dies allerdings unabhängig von freimaurerischen oder der Freimaurerei ähnelnden Logenverbindungen.

Interpretation: Der spezifisch esoterische Charakter der Freimaurerei ergibt sich aus der Tatsache, dass ihre Logen mit den dabei vollzogenen symbolisch-rituellen Handlungen nur Mitgliedern zugänglich sind. Die speziellen Symbole (z. B. Winkel, Zirkel, Lot, Hammer, Kelle, Schurz) sowie die bei der "Arbeit", d. h. bei den freimaurerischen Verrichtungen benutzte Ritualsprache sind den mittelalterlichen Bauhütten samt deren sorgsamen Umgang mit den Werkgeheimnissen entnommen. Aus dieser ursprünglichen operativen Maurerei hat sich die symbolische Freimaurerei von heute entwickelt. Die Tradition ist aber viel älter. Es geht darum, "den rauhen Stein" zu bearbeiten, d. h. die Veredelung des Menschen anzustreben und dies im Angesicht des "Baumeisters der Welten", also in der Verantwortung vor Gott zu tun. Der Symbolbestand, zu dem der mystische Tod und das spirituelle Erwecktwerden gehört, geht u. a. auf die Mysterien des Altertums zurück. Der überzeitliche Dienstauftrag wird als "Tempelbau" verstanden, womit eine Verwirklichung der in der Freimaurerei gepflegten Ideale gemeint ist. Damit kommt der überindividuelle, auf bruderschaftlicher Zusammenarbeit basierende Charakter aller freimaurerischen Bestrebungen zum Ausdruck, auch wenn die einzelnen nationalen wie übernationalen Logenverbindungen über formelle Besonderheiten verfügen.

Als Urbild dient hierbei der Tempel des hebräischen Königs Salomo, von dem das Alte Testament berichtet (Vgl. I. Könige 6; 2. Chronika 3). Das Schicksal des legendären Tempelbaumeisters Hieram (1. Könige 5, 15 ff), der getötet und wieder erweckt wurde, gehört ebenso zum spirituellen Traditionsgut der Freimaurerei wie die das Gesetz der Polarität repräsentierenden Tempelsäulen Jachin und Bosa (1. Könige 7, 21). Konstituierend ist sodann das Prinzip der Einweihung (Initiation) dessen, der als "Profaner" an die Pforte der Loge anklopft und Einlass begehrt, um in die Bruderschaft aufgenommen und dann die verschiedenen Grade der Erleuchtung emporgeführt zu werden.

In den sogenannten Johannislogen sind es die drei klassischen Grade des Lehrlings, Gesellen und Meisters. Die verschiedenen Hochgradsysteme der Freimaurerei kennen diverse Erkenntnisgrade bis hin zum 33. Grad. Insbesondere diese Hochgrade, etwa des Schottischen Ritus, sind es, in denen die speziellen initiatorischen Möglichkeiten angeboten und esoterisches Wissen gehütet bzw. weitergereicht wird. Hierbei achtet man auf die Einhaltung der Arkandisziplin. Traditionellerweise kommen Symbolbestände aus der Mystik, Alchemie, der Kabbala, der Rosenkreuzer u. a. zur Geltung.

In der antifreimaurerischen Literatur sind die rituellen Gegebenheiten längst offen gelegt. Dennoch bleibt das freimaurerische Erlebnis letztlich allein demjenigen zugänglich, der sich gesinnungsmäßig dem jeweiligen Bruderbund anschließt und in seiner Mitte aktiv wie passiv an den Arbeiten in der Loge teilnimmt.

Angesichts der Wichtigkeit des freimaurerischen Erlebnisses bemerkt A. Mellor (1985): "Der Geist des freimaurerischen Rituals [...] beruht auf dem Glauben, daß es gewisse Wahrheiten gebe, die zu tief sind, als daß Worte oder Begriffe sie ausdrücken können. Allein die Symbole können eine stumme Andeutung davon geben. Der Mehrzahl der Menschen sagen diese Symbole nichts, und deshalb ist es auch gleichgültig, ob die Gegner der Freimaurerei sie öffentlich machen oder nicht. Für denjenigen indes, welcher der Einweihung fähig ist, sprechen sie. Ein im echten Sinn des Wortes Eingeweihter ist jener, der das Rätsel zu entziffern und zu verstehen gewußt hat, aber die Riten der Einweihung selbst können ihm mit der Mitteilung der Symbole nur den Schlüssel des Symbolisierten geben. Es liegt an ihm, diese Kryptographie in Klarschrift zu übersetzen."

Literatur: Standard; Lennhoff, 1932; Frick, 1973

Autor: Wehr, Gerhard