Punkt

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Keyword: Punkt

Links: Einheit, Eins, Ganzheit, Mandala, Mitte, Mysterium coniunctionis Null, Pleroma, Selbst

Definition: Der Punkt (lat. punctum - das Gestochene) ist in der Geometrie ein Grundgebilde ohne Ausdehnung.

Information: Er wird in der Alltagssprache in vielfältigen Bezügen verwendet, aber meist nicht als Symbol im engeren Sinne verstanden, sondern als ein Zeichen, das auf Bekanntes verweist. Beispiele sind: Anfangs- und Endpunkt mit dem Bezug zur Zeit, Nullpunkt als absoluten Anfangspunkt, Mittelpunkt als Zentrum, Referenzpunkte als Hinweise auf bestimmte Inhalte, Gesichtspunkte zur Kennzeichnung spezifischer Aspekte einer Sache und dies Punkt für Punkt, Eckpunkte als Strukturmerkmale in komplexen Zusammenhängen, Wendepunkte als Anfangs- und Endpunkte von Wandlungen, im Verhalten gibt es die Aufforderung, endlich "zum Punkt zu kommen oder einen Punkt zu machen", auch dies im Sinne einer Ordnung.

Interpretation: Als Symbol berührt er viele zentrale Themen aus verschiedenen Kulturen und Religionen. Im tibetischen Buddhismus stellt der er den Keimtropfen (Bija) des Universums und seiner unentfalteten Gestalt, auch symbolisiert als Einheit oder Null, dar. Seine potenzielle Kraft wird in bildlichen Darstellungen oft durch eine von der Mitte der Kugel ausgehende Spirale angedeutet. Aus diesem Zentrum erwachsen die Pole der Entfaltung in Form von Lotusblüten, dies ebenfalls ein zentrales Symbol des tibetischen wie überhaupt des Buddhismus sind.

In der Alchemie symbolisiert der Punkt vollkommene Natur, das in der Materie schlafende und verhüllte Bild der Gottheit, das erste Ur-Chaos. Die paradoxen Formulierungen gehen sogar so weit, dass das Zentrum überall, aber die Peripherie nirgends ist. So symbolisiert der Punkt das unaussprechliche Ganze, aber auch den Anfang der Schöpfung, die enorm verdichtete Kraft des Anfangs und damit eigentlich den Beginn der Evolution.

Die mittelalterlichen Vorstellungen des Mikrokosmos, die als Kreise dargestellt werden, fanden auch auf den Stein der Weisen (Alchemie) Anwendung, der ein inneres Bild des Kosmos ist, welche sich aber nicht in unermessliche Weite, sondern in eine ebenso unmessbare Tiefe, das heißt vom Kleinen ins unvorstellbar Kleinste erstreckt. Diese Mitte wird auch als "punctum cordis" (Herzzentrum) bezeichnet. Im Hinduismus gibt es den "Shiva-Punkt", der "die göttliche Kraft vor der Schöpfung in den noch geeinten Gegensätzen darstellt. Im Punkte ruht der Gott. Hier zeigt sich die vielfache und gerade für die Symbolik typische fast synonyme Verbundenheit der großen Symbole des Steines, des Lotus, des Gottesbildes und der Kraft des Anfangs.

Es führt fast zu weit, sollte aber bedacht werden, dass die verschiedensten sprachlichen Wendungen, die eingangs zitiert wurden, ebenfalls in diese großen symbolischen Zusammenhänge gestellt werden können. Wenn ich dann "einen Punkt mache" so heißt das, dass ich mich auf dieses Zentrum beziehe bzw. beziehen kann. Genau dies geschieht aber in entsprechenden Meditationen.

Es gibt wenige Symbole, die so umfassend allerkleinste und unendlich große Zusammenhänge darstellen.

Die Vielfalt der Punktsymbolik verweist auf eine umfassende archetypische Basis, die sich vor allem um den Archetyp des Selbst anordnet. Der Archetyp des "mysterium conjunctionis" der sowohl für die gesamte mystische Tradition als auch für die Analytische Psychologie eine theoretische Grundlage darstellt, kommt auch hier zum Tragen, weil, wie in jedem Symbol, zum Teil unvereinbare Gegensätze in einem Ganzen verschmelzen.

Literatur: Standard

Autor: Seifert, Theodor