Puer aeternus

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Keyword: Puer aeternus

Links: Adoleszenz, Kindarchetyp, Kreativität, Pubertät, Spiritualität

Definition: Der Puer aeternus (lat. puer: Knabe) gehört, wie die Puella aeterna zu den Gestalten, die in einem Zusammenhang mit dem Archetyp des Kindes (Kindarchetyp, Kind, göttliches) im Übergang zum Erwachsenen zu stehen.

Information: Die Bezeichnung stammt aus Ovids Metamorphosen, wo der Kind-Gott Eachus, der spätere Gott Eros und Dionysus, so genannt wird.

Seine positiven Aspekte sind die Tendenz zur Erneuerung sowie Wachstum, Unabhängigkeit, Unbekümmertheit, Frische, Kreativität und Originalität. Dies bewahrt vor geistig-seelischem Stillstand und Erstarrung. Lebendige Spontanität eröffnet stets neue Lebensmöglichkeiten. Jugendlicher Charme, Begeisterungsfähigkeit und Freude an allem Neuen gehören zum typischen Einfluss dieses Archetyps. Häufig findet sich auch eine ursprüngliche spirituelle Offenheit und Sehnsucht. Das Göttliche ist, wie Meister Eckhart sagt, immer das Neue und der Anfang. Dieser Zauber und die Faszination des Anfangs bzw. des in die Welt aufbrechenden jugendlichen Lebens kann sich in dieser archetypischen Gestalt manifestieren. Die problematischen Seiten liegen in Eigenschaften, wie sie Jugendliche (Adoleszenz, Pubertät) gehäuft zeigen und welche die in der Adoleszentenpsychologie verbliebenen Menschen später symptomatisch an den Tag legen.

Mit dem Puer ist oft ein unverbindlicher, provisorischer, abenteuerlicher Lebensstil verbunden, der bei vielen hochfliegenden Ideen und Plänen konkrete und festlegende Verpflichtungen scheut."Irgendwann" einmal wird die richtige Partnerschaft oder der richtige Beruf auftauchen; nur keine vollständige Bindung oder Übernahme von Verantwortung, das Leben soll offen und dynamisch bleiben. Größenfantasien und falsche Überlegenheitsgefühle sollen die mit der mangelnden gesellschaftlichen Integration und Realitätsauffassung verbundenen Minderwertigkeitsgefühle kompensieren. Dies kann Schicksalsschläge mit sich bringen (z. B. Unfallneigung), die die von diesen Archetypen bestimmten Menschen "erden".

Mit seinen positiven und negativen Aspekten hat der Puer sein Gegenüber im Archetyp des Senex, dem Alten mit dessen ambivalenten Aspekten der Erfahrung wie der Rigidität. Der Puer trifft im günstigen Fall mit seinem jugendlich idealistischen Fantasieleben, seinem Gefühl für Kreativität, Lebendigsein und Ganzheit auf den positiven Senex, der die Verbindung zur lebendigen Überlieferung, dem alten Wissen (Weiser, alter) und den Kräften der Tradition herstellt.

Im unglücklichen Fall kommt es zu einer Puer-Senex-Spannung, einem Vater-Sohn-Kampf, dem Generationen- und Kulturkampf, in dem Altes und Neues sich unversöhnlich und feindlich gegenüberstehen. In der Alchemie und der christlichen Symbolik (Religion) wird deutlich, dass Puer und Senex gemeinsam zentrale Wirkbilder sind. Die Figur des alten Königs in der Alchemie wird vom Puer als Mercurius infans (Hermes-Mercurius) erneuert und abgelöst.

Literatur: Standard, Franz, von (1987), Hillman (1979)

Autor: Schnocks, Dieter