Ei

Aus symbolonline.eu
Version vom 19. Oktober 2023, 16:51 Uhr von Anlumue (Diskussion | Beiträge) (1 Version importiert)
(Unterschied) ← Nächstältere Version | Aktuelle Version (Unterschied) | Nächstjüngere Version → (Unterschied)
Zur Navigation springen Zur Suche springen

Keyword: Ei

Links: Bios-Prinzip

Definition: Eier (mhd., ahd. ei; lat. ovum: oval, lat. avis: Vogel, eigentlich indogermanisch: "das zum Vogel Gehörige bzw. das vom Vogel Gelegte") werden von Tieren, besonders Vögeln, auch Amphibien, Fischen, Insekten, Reptilien zur Fortpflanzung gelegt oder abgelegt.

Information: Eier enthalten die Eizelle der Tiere. Vom Vogelei wurde das Wort auf die Eier anderer Tiere übertragen und dann in der Biologie auf die befruchtete wie auch die unbefruchtete weibliche Keimzelle von Menschen und Tieren überhaupt. Im Ei bzw. seinem Zellkern sind alle wesentlichen Anlagen für die Entwicklung des Organismus enthalten. Das reife weibliche Ei muss die Eizelle verlassen und sich auf den Weg machen, wird dann durch Samen befruchtet, um seinen Entwicklungsweg beginnen zu können.

Eier der Fische und Amphibien sind gallertartiger Laich, der nach dem Laichen sich selbst überlassen wird. Bei den höheren eierlegenden Tieren ist die Eizelle, eingehüllt von Eiweiß und Eidotter, durch eine Kalkschale geschützt. Die meist kugelförmigen oder ovalen Eier der Vögel müssen von den Eltern ausgebrütet werden, damit schließlich die Küken bzw. andere Jungtiere schlüpfen können. Reptilieneier werden in einem geschützten Gelege z. B. in Sandlöchern abgelegt und entwickeln sich dort. Im Bereich der Insekten entstehen aus den Eiern Larven und Maden. Aus ihnen entwickeln sich Puppen, aus denen schließlich das Insekt in seiner endgültigen Gestalt hervor kommt. Das reife Ei der Säugetiere entwickelt sich nach der Befruchtung im Mutterleib zum Embryo und Fetus und wird von der Mutter geboren.

Die Eier von Hausgeflügel, Wildvögeln und auch Fischen (Kaviar) werden als Lebensmittel verwendet, sind als solche sehr wertvoll, ermöglichen die Zubereitung einer Vielzahl von Speisen.

Interpretation: In den Bildern aus dem Unbewussten mit ihrer symbolhaften Sprache kann das Ei das Allereinfachste und Ursprünglichste und den Uranfang ausdrücken und die höchste Kostbarkeit und das Leben überhaupt, z. B. als Ur-Ei oder Goldenes Ei. Im Ur- oder Welten-Ei als dem "Großen Runden" kann der ganze Kosmos enthalten sein, im Ei wurzelt das Matriarchale als die Matrix der Welt und des Lebens überhaupt.

Aus dem Ei, der frühe Mensch nahm es vermutlich zuerst im scheinbar leblosen Vogelei wahr, erwächst Leben. Das Ei ist deswegen Symbol für schlafendes und erwachendes Leben, potenzielle Lebenskraft, Fruchtbarkeit, Urgrund und Auferstehung bzw. ewige Wiederkehr des Lebens und für den Fortbestand der Seele. Deshalb sind Eier vermutlich u. a. als Grabbeigaben verwendet worden. In zahlreichen Mythen ist die Welt aus einem Ur-Ei oder einem Welten-Ei, dem uranfänglichen Keim, in dem das Universum enthalten ist, entstanden. Sonne und Mond werden teilweise als goldenes und silbernes Himmelsei bezeichnet.

Das Ei spielte bei heidnischen Frühlingsfesten als Fruchtbarkeitssymbol, Erwachen der Natur und Quelle des Lebens eine Rolle. Im Christentum wurde es als Osterei zum Auferstehungssymbol. Die Auferstehung Christi aus dem Grab kann verglichen werden mit einem Küken, das aus der Schale schlüpft. Die weiße Farbe der Schale kann Reinheit und Vollkommenheit darstellt, das Weiß des Eiweiß kann Hinweis auf Silber und das Gelb des Eidotters auf Gold sein.

In Spielen, Volksbräuchen (z. B. Eierlaufen, Ostereier färben, verstecken, suchen) und in Redewendungen spiegeln sich mehr oder weniger deutlich verschiedenste Aspekte des volkstümlichen Wissens um das Ei, vom wertgeschätzten Gelben des Ei über das vorsichtig zu behandelnden rohe bis zum faulen Ei. Wenn etwas "nicht das Gelbe vom Ei ist", fehlt etwas oder gar das Entscheidende, denn der gelbe Eidotter ist das eigentlich Nahrhafte und Schmackhafte am Ei. "Jemanden wie ein rohes Ei behandeln oder anfassen", ist eine ambivalente Redensart. Sie kann bedeuten, sehr behutsam und vorsichtig mit jemandem umzugehen, um seinen Wert und seine Verletzbarkeit oder Zerbrechlichkeit zu wissen oder auch übertrieben vorsichtig, zu sehr beschützend, überängstlich zu sein. Ähnliches klingt an in der Redensart "wie auf Eiern gehen", um auszudrücken, dass jemand sich vor Konfrontation, Offenheit und Entscheidung fürchtet, sie zu vermeiden sucht. "Sich um ungelegte Eier zu kümmern" heißt, sich zu früh zu sorgen oder über etwas nachzudenken, das noch nicht spruchreif ist. Über etwas brüten, kann bedeuteten, dass sehr ernsthaft über etwas nachgesonnen wird, mit dem unbedingten Einsatz, mit dem Vögel ihre Eier bebrüten. Brütet man zu kurz, ist etwas "noch nicht ausgebrütet", brütet man allerdings zu lange oder zu intensiv, wird das leicht zum Grübeln, oder man kann "Böses ausbrüten". "Schnelle Brüter" heißen Atomreaktoren mit denen besonders schnell nicht spaltbares in spaltbares Material umgewandelt werden kann.

Der Eierlauf ist ein Geschicklichkeitsspiel für Kinder und Erwachsene. Der Eiertanz, z. B. dargestellt in niederländischen Malereien im 15. - 17. Jahrhundert oder auch in Goethes Wilhelm Meister, kann als Jahrmarktsspiel oder Geschicklichkeitstanz zwischen ausgelegten Eiern oder um Eier herum gehen. Eierlauf, -tanz auch z. B. -werfen ist in verschiedenen Formen als Osterbrauch überliefert. Im übertragenen Sinn bedeutet der Eiertanz, das gewundene Herumdrehen und -reden um heikle Angelegenheiten. Drückt sich jemand sehr ungeschickt, gewunden, hochgestochen aus, ohne zum Punkt zu kommen, "führt jemand einen wahren Eiertanz auf".

Ist jemand "wie aus dem Ei gepellt" trägt er sorgfältig gepflegte Kleidung. Eineiige Zwillinge "gleichen einander wie ein Ei dem anderen." Als Ausdruck des Missfallens wurden Künstler, Politiker, Redner früher tatsächlich, heute meist nur noch bildlich "mit faulen Eiern beworfen". Ein Schnäppchen ist es, etwas "für 'n Appel und 'n Ei" zu bekommen. In dieser Redewendung drückt sich auch die Paradoxie aus, dass das Ei einerseits alles enthaltend, andererseits doch so selbstverständlich, unauffällig, preiswert und einfach da zu sein scheint, dass es nicht ausreichend wertgeschätzt ist.

Diese Eigenschaft teilt es mit der "Prima Materia" der Alchemie. In der Alchemie wird in diesem Zusammenhang auch vom "philosophischen Ei" gesprochen. Die Redewendung vom "Ei des Kolumbus" bei einer überraschend einfachen Lösung geht auf eine Anekdote zurück, bei der Kolumbus bei einem Gastmahl die Anwesenden aufforderte, ein Ei auf die Spitze zu stellen. Niemand konnte es, Kolumbus brachte es zustande, indem er die Spitze des Eis einfach eindrückte. Ähnlich einfach ist auch das Wissen, dass man das Ei nicht essen kann, ohne es aufzuschlagen. Als Henne-Ei-Problem wird die Fragestellung bezeichnet, ob zuerst die Henne oder das Ei da war. Die Bezeichnung ist zur feststehenden Redensart für Kausalitätsprobleme geworden.

Sollte einem jemand "auf die Eier gehen", dann wird er lästig. Will "das Ei klüger als die Henne sein", dann haben Eltern und sonstige Autoritätspersonen das Gefühl, dass ihre Erfahrung und Autorität nicht genügend geschätzt wird. Ähnlich auch, wenn jemand der "kaum aus dem Ei gekrochen ist", schon mitreden will. Schmerzvoll ist, einem anderen "in die Eier treten". Ein solcher Tritt in die Hoden kann eine sehr wirkungsvolle Waffe sein und meint im übertragenen Sinne die Absicht, jemandem schwer zu schaden. Dass Hoden umgangssprachlich zurzeit auch als Eier bezeichnet werden, könnte als Beleg für den freudschen Gebärneid herangezogen werden. Ein dickes Ei kann sowohl eine unangenehme wie eine erfreuliche, überraschende Sache sein ("ach Du dickes Ei"). Auch ein "Kuckucksei" kann so eine überraschende Sache sein. "Dicke Eier haben" steht abwertend manchmal dafür, eine Geschlechtskrankheit zu haben.

Literatur: Standard

Autor: Müller, Anette