Ufo
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Definition: Unter einem UFO oder Ufo (Kurzwort aus engl. Unidentified Flying Object »nichtidentifiziertes fliegendes Objekt« oder auch: »unbekanntes Flug-Objekt«) wird ein angeblich beobachtetes Objekt unbekannter Art und Herkunft, das sich am Himmel bewegt, verstanden.
Information: Ende der 40er Jahre gab es in den USA eine Welle von Berichten über Sichtungen unbekannter fliegender Objekte, die als hell leuchtend, meist scheibenförmig („flying saucers“), manchmal auch zigarrenförmig, von außerordentlicher Schnelligkeit und Manövrierfähigkeit beschrieben wurden. Damals kam die Vorstellung auf, dass es sich bei diesen Himmelserscheinungen um Raumschiffe außerirdischer Besucher handle. Das Phänomen wurde auch von Militär und Geheimdiensten untersucht. Bis heute hält sich das Gerücht, in Regierungs- und Geheimdienstkreisen kenne man das Geheimnis der Ufos, die Wahrheit werde vor der Öffentlichkeit verborgen und vertuscht. Diese Verschwörungstheorie steht vor allem in Verbindung mit dem „Fall Roswell“. In den USA ist die Überzeugung weit verbreitet, dass in der Nähe von Roswell, New Mexico 1947 ein Ufo abgestürzt ist. Es heißt, die Wrackteile und Leichen von Außerirdischen seien damals geborgen und zur Untersuchung in geheime Regierungslabors verbracht worden.
Neben der Sichtung von Flugobjekten wurde zunehmend auch über Begegnungen mit Außerirdischen berichtet. Als zentraler Bestandteil des Ufo-Phänomens haben sich inzwischen die Berichte über die Entführung durch Außerirdische etabliert. Das Grundmuster der Entführungserzählungen lässt sich etwa so zusammenfassen: In einem klassischen Szenarium werden die Betroffenen nachts auf einsamer Landstraße aus dem Auto entführt und, aufgrund der mentalen Beeinflussung durch die Außerirdischen wehrlos und willenlos, ins Raumschiff mitgenommen. In neueren Berichten erscheinen die Außerirdischen häufiger nachts im Schlafzimmer, wobei sie wie Gespenster durch die Wände gehen, und holen die Entführungsopfer aus dem Bett. Im Raumschiff werden die Entführten medizinischen Eingriffen und Untersuchungen unterzogen, die häufig als sehr erschreckend, beängstigend, quälend und demütigend geschildert werden. Eine besondere Rolle spielt dabei die Untersuchung der Geschlechtsorgane, die Entnahme von Eizellen und Spermaproben. Daneben werden Implantate eingesetzt oder entfernt. Häufig wird über eine telepathische Kommunikation mit den Außerirdischen berichtet, die ihre Untersuchungsobjekte beruhigen, manchmal auch Erklärungen über ihre Ziele abgeben oder Bilder von Weltuntergangsszenarien zeigen. Die Entführten werden an ihren Ausgangsort zurückgebracht und können sich typischerweise kaum oder gar nicht an das Geschehen erinnern, haben nur eine unerklärliche „Gedächtnislücke“, leiden unter Ängsten, Alpträumen, Schlafstörungen. Das Entführungsgeschehen und die Vorgänge im Raumschiff werden dann unter Hypnose zutage gefördert.
Die bekannteste Vermutung über den Sinn der Entführungen und die Ziele und Absichten der Außerirdischen besagt, dass sie mit genetischen Experimenten befasst seien. Ihr Ziel sei es, menschlich-außerirdische Hybridwesen zu erschaffen, die irgendwann die Erde bevölkern sollen. Dies wird von manchen als eine Bedrohung gesehen. Für andere ist diese Idee mit einer Hoffnung auf Erneuerung, der Erschaffung einer neuen Lebensform verbunden, wobei man die Selbstzerstörung der Menschheit durch eine Umweltkatastrophe kommen sieht.
Über Ufos und das Entführungsphänomen gibt es zahlreiche Publikationen. Weltweit gibt es verschiedene Organisationen, die sich der Sammlung und Interpretation mit dem Thema in Zusammenhang stehender Informationen widmen und die natürlich auch im Internet präsent sind. Der Gegenstand wird auch in Spielfilmen und Fernsehserien behandelt. Beispielsweise zieht sich die Idee einer Verschwörung auf höchster Ebene, die immer wieder alle Beweismittel für die Existenz der Außerirdischen beseitigt, als ein Grundthema durch die Folgen der Fernsehserie „Akte X“.
Interpretation: Jung hat sich in einer längeren Abhandlung zum Ufo-Phänomen geäußert. Er bezeichnet das Phänomen als „modernen Mythos“, der einen neuen Bezugsrahmen für Bedürfnisse und Erfahrungen darstellt, die früher in traditionellen religiösen Kontexten einen Platz hatten. Er geht davon aus, dass die Erwartung eines „himmlischen Eingriffs“ für viele mit der modernen Weltanschauung nicht mehr vereinbar ist und doch als unbewusste Sehnsucht weiter besteht. Die Vorstellung von der Ankunft technologisch weit überlegener Wesen aus dem Weltraum erscheint dabei vielen annehmbarer und glaubwürdiger als traditionelle religiöse Vorstellungen. Das Ufo als runde, leuchtende Himmelserscheinung interpretiert Jung als ein Symbol des Runden, Ganzen, Vollständigen, der Vereinigung von Gegensätzen, ein Symbol des Selbst und der Individuation.
Das Wesen des religiösen Erlebnisses liegt, so die Sichtweise Jungs, in der Begegnung mit dem „seelisch übermächtigen Anderen“. „Nur das Übermächtige, gleichgültig, welchen Ausdrucks es immer sich bedient, kann den Menschen als Ganzes herausfordern und ihn zwingen, als Ganzheit zu reagieren.“ Jung, GW 10, § 655) Die Begegnung mit dem Ufo und den Außerirdischen kann man als eine Variante einer solchen Begegnung sehen. Es hat den Anschein, dass in den Entführungserzählungen dieses Motiv besonders entfaltet wird. Die Entführung ist mit der Erfahrung des Überwältigtwerdens, von Ohnmacht und hilflosem Ausgeliefertsein verbunden. Die Schilderungen der medizinischen Untersuchungen erinnern an die beängstigenden und schmerzhaften Prozeduren, die als Bestandteil von Initiationsriten beschrieben werden. Offenbar wird hier ein Vorgang symbolisch dargestellt, durch den ein „Tod des Ich“, eine Wandlung und ein Übergang in eine neue Seinsweise herbeigeführt werden soll. Die sexuelle Komponente dieser Eingriffe, die „genetischen Experimente“ der Außerirdischen, deuten darauf hin, dass hier eine Gegensatzvereinigung, ein „mysterium coniunctionis“ stattfinden soll. Die Fantasie von der Erschaffung menschlich-außerirdischer Hybridwesen lässt auch an die Vorstellung des Anthropos, des großen, vollständigen, göttlichen Menschen, als Ziel der menschlichen Entwicklung denken.
Ein weiteres Motiv, das in den Entführungsgeschichten erkennbar wird, ist die Situation des Einzelnen, der sich aufgrund seiner Erfahrung für „verrückt“ halten muss, dem nicht geglaubt wird und der sich vor die Aufgabe gestellt sieht, das vom Kollektiv vermittelte Weltverständnis in Frage zu stellen. Man könnte dies als eine Darstellung des mit der Individuation und Herauslösung aus dem Kollektiv charakteristischerweise verbundenen Konflikts verstehen. Indem er die Wirklichkeit seiner Erfahrung akzeptiert, wird er ein Eingeweihter, der das von der Regierung vertuschte Geheimnis kennt.
Jung berichtet verschiedene Träume, in denen das Ufo eine Rolle spielt. In einem dieser Träume sieht die Träumerin nachts auf der Straße mehrere Ufos. Eines davon peilt sie an und kommt direkt auf sie zu, wobei es wie ein kreisrundes Auge aussieht. Sie findet sich mit verbundenem Kopf in einem Krankenhaus wieder. Das Ufo hat ihr „vom bloßen Anblick das ganze Gesicht verbrannt“. Jung deutet das Ufo in diesem Traum als das „allsehende Gottesauge“, das unbarmherzig die Wahrheit der menschlichen Seele enthüllt. Die Träumerin ist „vom göttlichen Feuer verbrannt“ und dadurch gezeichnet und auserwählt. Jung sieht in diesem Traum eine Widerspiegelung der Einsicht in die Ganzheit der eigenen Persönlichkeit, die auch die Erkenntnis des eigenen Schattens einschließt.
Literatur: Standard
Autor: Kahlert, Martina