Trickster

Aus symbolonline.eu
Version vom 19. Oktober 2023, 16:52 Uhr von Anlumue (Diskussion | Beiträge) (1 Version importiert)
(Unterschied) ← Nächstältere Version | Aktuelle Version (Unterschied) | Nächstjüngere Version → (Unterschied)
Zur Navigation springen Zur Suche springen

Keyword: Trickster

Links: Analität, Heros-Prinzip, Hermes, Intuition, Magier, Narr, Schatten, Teufel, Unbewusstes

Definition: Trickster (engl. trick: listig ausgedachtes, geschicktes Vorgehen) sind mythologische Gestalten, die durch unberechenbares, betrügerisches oder auch schelmisches Wesen charakterisiert sind.

Information: Mit dem archetypischen Muster des Tricksters wird in der Analytische Psychologien sowohl eine Grundform der Persönlichkeits- und Ich-Entwicklung, wie auch eine dauerhafte Form des Schattens beschrieben. Jung hat die Trickstergestalt und das dazugehörige archetypische Muster zuerst in einem amerikanischen Schelmen-Mythos in der Beschreibung und Analyse Radins (Radin, P., Kerényi, K., Jung, C. G., 1979) entdeckt und kommentiert. Das gleiche archetypische Muster äußert sich in vielen Versionen des Schattens, auch im Schatten des Gottesbild, beispielsweise in tricksterhaften Teufelsgestalten. Ebenso gehören auch Kultur schaffende Heldengestalten (Heldenmythus) mit ihren Listen und Diebstählen in diesen Bereich: Prometheus und Odysseus, der amerikanische Coyote und der chinesische Mongki.

Interpretation: Trickster verkörpern die Macht der klügeren und bewussteren Schwächeren gegenüber den Stärkeren. Sie vereinigen in sich phylogenetisch gesehen Überlebenstechniken aus der frühen Zeit der Menschheit, erscheinen in Träumen manchmal auch in urmenschlicher Gestalt, affenähnlich oder als Affen.

De Costers Roman Uilenspiegel in Flandern zeigt exemplarisch, wie die unterlegenen Schwachen sich mit Hilfe des Trickstermusters zu wehren wissen und wehren müssen. Auch Märchengestalten haben häufig tricksterhafte Züge, z. B. das Grimmsche Märchen vom tapferen Schneiderlein. Zum Trickster gehört auch das Phänomen der Guerillakämpfer. Dabei werden die Guerillakämpfer von deren Unterdrückern schnell zu Terroristen gestempelt. Nicht selten greifen sie auch zu terrorisierenden Methoden. Die Erfahrung mit solchen Ausprägungen des Tricksters hat Jung dazu veranlasst, den Trickster als Verkörperung des Schattens schlechthin zu bezeichnen.

Dieses archetypische Muster des Tricksters bietet aber dem heranreifenden Ich onto- und phylogenetisch auch eine unerlässliche Hilfe zum Aufbau seiner Struktur: Mit dem tricksterhaften Spielen kann das Kind seinen Spiel-und Bewegungsraum zu erweitern versuchen, um seinen Platz in, Familie, Gruppe (Kollektiv) und Welt zu finden und zu behaupten. Entwicklungspsychologisch gesehen spielt diese Situation am Ende der oralen und während der analen Phase eine zentrale Rolle. Kollektiv können so beispielsweise beim deutschen Eulenspiegel die ständigen analen Witze und Materialien erklärt werden. Die Störung dieses Muster kann dazu führen, dass ein Mensch seine, Autonomie und seinen, Willen nicht entwickeln kann.

Das Gestalten und Ausleben des Trickster-Musters ermöglicht Flexibilität, Kreativität, um die Ecke denken, Toleranz und Kritikfähigkeit (Willeford, 1969). Deswegen können Trickstergestalten kompensatorisch zu zwanghaften Verfestigungen des individuellen und kollektiven Bewusstseins erscheinen.

Literatur: Standard

Autor: Sauer, Gert