Tierkreis

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Keyword: Tierkreis

Links: Archetyp, Astrologie, Kreis, Libido, Mandala

Definition: Der Tierkreis (lat. zodiacus = Sternbild des Tierkreises) die Sphäre des Himmels umspannende Zone von zwölf Sternbildern entlang der Ekliptik, die von der Sonne auf ihrer scheinbaren Bahn einmal jährlich durchlaufen wird.

Information: Das astronomisch-physikalische Orientierungssystem ist nicht dasselbe wie das astrologisch-symbolische Beziehungsgefüge. Astronomisch haben die Zeichen unterschiedliche Ausdehnung und erscheinen durch die Präzession (Verlagerung der Rotationsachse der Erde) seit der Zeit der anfänglichen Zuordnungen verschoben. Die Astrologie dagegen bezieht sich auf das symbolische Muster und teilt die Ekliptik in 12 gleich große Bezirke von je 30 Grad. Jedem Bezirk entspricht das breite Symbolspektrum eines Sternbildes des Tierkreis oder Zodiakus, der nicht nur aus Tieren besteht. Die Zeichen in ihrer Folge ab dem Frühlingspunkt: Widder, Stier, Zwillinge, Krebs, Löwe, Jungfrau, Waage, Skorpion, Schütze, Steinbock, Wassermann, Fische.

Interpretation: Der griechische Ausdruck zodion bezeichnet ein „beseeltes Wesen“. Gemäß der Weltschau des Altertums ist das Wesen der Himmelserscheinungen zugleich physisch und geistig. Noch das Mittelalter sieht in den Zeichen des Zodiak geistige Strukturprinzipien, die nach Gestaltung drängen. Ovid spricht von den „formae ferarum“ (lat. ferus = wild, ungezähmt; Wildtier), was auf urtümlich Gefährliches hinweist, darin sinngemäß mit C. G. Jungs Auffassung vom dämonischen Charakter des Archetypischen übereinstimmend. Zu allen Zeiten wurden astrologische Typenlehren erstellt, die jedoch sorgfältige Interpretation der mythologischen, philosophischen und psychologischen Hintergründe bedürfen und in der Verkürzung zur Verzerrung neigen.

Der Kreis der 12 sog. Tierkreiszeichen (gr. zodiakus) ist ein symbolisches Gefüge der archetypischen Möglichkeiten des Lebens in ihrer Vollständigkeit und gegenseitigen Verbundenheit. Aus geozentrischer Sicht durchläuft die Sonne den Tierkreis innerhalb eines Jahres. Diese alljährliche Wanderung der Sonne durch die Tierkreis wurde im Altertum als kosmisches Heldendrama erlebt. Die den Tierkreiszeichen zugeordneten Mythen repräsentierten dabei elementare Erfahrungs- und Reifungsfelder.

C. G. Jung sieht die Tierkreiszeichen als bildhafte Schilderung projizierter archetypischer Libidosymbole mit je charakteristischen Eigenschaften. Auch die zeitgenössische Astrologie, zumeist psychologisch orientiert, betrachtet die Zeichen des Tierkreis als Sinnbilder Struktur anordnender, also archetypischer Werdeprinzipien mit der Tendenz, sich unablässig in allen Erscheinungsebenen (geistig, seelisch, stofflich) zu manifestieren. Die Zwölfteiligkeit des Tierkreises in seiner heutigen Form entstand erst in hellenistischer Zeit. Aratos v. Soloi (geb. um 310 v. Chr.) gilt als derjenige, welcher zwischen den sehr ausgedehnten Sternbildern Jungfrau und Skorpion die Waage als eigenständiges Sternbild einfügte und damit den Kreis auf zwölf ergänzt. Bis dahin war die Waage nur als Attribut der Jungfrau erschienen. Das Beispiel zeigt, dass die Struktur des Tierkreises Differenzierungen des Bewusstseins nachvollzieht und spiegelt, denn der Begriff von Gerechtigkeit, Harmonie und Ausgewogenheit (Symbol Waage) erfuhr in der griechischen Philosophie damals eine entscheidende Wandlung, die sich auf die gesamte Weltschau bis heute auswirkte.

Der zwölfteilige Tierkreis kann als Urbild eines Mandala gelten, dessen Imagination Empfindungen der Ordnung und Ganzheit sowie gestaltbereiter Möglichkeiten bewirkt. Die Zwölfzahl ist eine Zahl komplexer Totalität und Sinnhaltigkeit. Die einzelnen Symbolbilder des Tierkreises können als Repräsentationen von archetypischen Gestaltimpulsen gesehen werden. In diesem Sinne ist Widder der Gestaltimpuls des Anfangens, Aufgehens, Durchdringens, Stier des Ansammelns, Abgrenzens, Substanzbildens, Zwillinge des Austauschs, des Vermittelns und Lernens, Krebs der seelischen Verwurzelung, Löwe des selbstbestimmten schöpferischen Handelns, Jungfrau des unterscheidenden Wahrnehmens, der wesensgemäßen Verarbeitung und Pflege, Waage der Begegnung und Beziehung, Skorpion des Erkennens und Umwandelns, Schütze der Horizontausweitung und Sinnfindung, Steinbock der Autoritätsbildung und Verantwortung, Wassermann der Polaritäten übergreifenden Beziehung und Toleranz, Fische der Grenzüberschreitung und des Opfers.

Literatur: Standard, Romankiewicz, 2002

Autor: Romankiewicz, Brigitte