Stadtviertel
Keyword: Stadtviertel, Quartier
Links: Stadt, vier, Quaternität
Definition: Unter einem Stadtviertel versteht man einen Teil einer Stadt, der sich von seiner geografischen Lage und oft auch von der Bewohnerstruktur her von den anderen Stadtteilen unterscheidet. Eine exakte Grenzziehung gibt es meistens nicht. Oft sind aber „einschneidende“ Gegebenheiten, z.B. wichtige Straßen, ein Fluss oder die topografische Situation an der Grenzbildung zwischen zwei Vierteln beteiligt.
Information: Im Begriff Viertel / Quartier ist die Zahl vier enthalten. Das hat sich wahrscheinlich durch die planmäßig angelegten römischen Stadtsiedlungen ergeben, die oft durch zwei Hauptstraßen in vier Teile geteilt waren. Die Hieroglyphe für den Begriff Stadt besteht aus einem Kreis mit einem Kreuz darin, auch hier erkennt man die Vierteilung.
Häufig finden sich die vier Himmelsrichtungen in den Namen der Stadtviertel wieder; wie z.B. im Stuttgarter Talkessel, wo die vier das Zentrum umgebenden Viertel nach den Himmelsrichtungen benannt sind.
Die verschiedenen Stadtviertel unterscheiden sich oft nach ihrem Charakter, ihrer vorherrschenden Funktion und der Zusammensetzung der Bewohner/innen. So gibt es sogenannte Armen- und Reichenviertel, Szeneviertel, Nobelviertel, Bankenviertel, Wohnviertel, Rotlichtviertel, Studentenviertel, Künstlerviertel, Schwulenviertel, verrufene und ruhige Viertel etc. Oft besteht der Unterschied zwischen einzelnen Vierteln auch in ihrer Entstehungszeit: z. B. Altstadtviertel, Neubauviertel oder Gründerzeitviertel.
Ein Stadtviertel, das der kontrollierten Isolierung bestimmter Menschengruppen dient, wird Getto genannt. Ein großes Elendsviertel heißt Slum.
Interpretation: So wie die Stadt die kollektive Ganzheit in all ihren Facetten symbolisiert, so symbolisiert das Viertel gerade eine oder mehrere solcher Facetten.
Das eigene Viertel ist dasjenige „kollektive Gebiet“, indem man wohnt und sich zuhause fühlt, während ein fremdes oder bisher nicht beachtetes Viertel auf gemeinschaftliche Verhaltens- oder Denkweisen hinweisen kann, die bisher verborgen und noch nicht belebt worden sind.
Aus einem Traum: „Wir fahren mit der Straßenbahn in das Zentrum einer Stadt. Zuerst fahren wir durch ein Vorstadtviertel mit Satteldachhäusern, dann an einer Brücke vorbei, auf der kleine bunte Häuschen über dem Wasser hängen. Kurz vorm Bahnhof kann man aus dem Fenster ein Stück Altstadt erkennen. Am Bahnhof ausgestiegen, gibt es die Möglichkeit, auf dem Berg die Siedlung mit der Revolutionsarchitektur anzuschauen. Wir wollen aber in das Zentrum. Dazu muss man eine Kehrtwende um 180° machen und dann eine gusseiserne Treppe hinuntersteigen. Dort unten befinden sich große Geschäftshäuser aus der Gründerzeit unter einem blauen Himmel.“
Ein Traum der österreichischen Lyrikerin Paula Ludwig („Träume“, 1962) beginnt mit folgenden Worten: „Ich befinde mich plötzlich in einem fremden Stadtteil und bedenke, wie es kam, dass ich auf meinem Spaziergang in diese Gegend geriet. Die engen Häuser, die blinden Fenster, das bröckelnde Mauerwerk, das Finstere, das aus den Hausfluren starrt, beklemmen eigentümlich mein Herz.“
In dem Buch „Träum Dich wach“ beschreibt Peter Schellenbaum einen sehr eindrucksvollen Traum, in dem der Träumer alte Viertel verlassen und in ein neues Viertel gehen soll; auf einem Weg, der über eine öde unwegsame Baustelle führt. Er bringt dieses neue Viertel mit einer Veränderung seiner Arbeit mit Träumen in Verbindung, von der sein Buch handelt.
Die verschiedenen Facetten einer Stadt sind auch Thema des Romans „Die Unsichtbaren Städte“ von Italo Calvino: der fiktive Weltreisende Marco Polo berichtet dem Tatarenkaiser Kublai Khan von den Städten dieser Welt – und meint doch immer dieselbe: Venedig. Dabei werden auf poetische Weise verschiedene Facetten des städtischen Lebens und der Struktur des kollektiven Miteinanders beleuchtet.
Literatur: Standard; wikipedia; Peter Schellenbaum, Träum Dich wach, Hoffmann und Campe; Italo Calvino, Die Unsichtbaren Städte,dtv; Martin Kiessig (Herausgeber), Dichter erzählen ihre Träume,Urachhaus
Autor: Ernst, Christine