Spiegelbild

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Keyword: Spiegelbild

Links: Bewusstsein, Identität, Schatten, Selbst, Spiegel

Definition: Das Spiegelbild ist das von einem Spiegel oder einer anderen spiegelnden Fläche (z. B. Wasser) reflektierte seitenverkehrte Bild.

Information: Keine

Interpretation: Das Spiegelbild des Menschen, als wichtiger Bestandteil seiner Persönlichkeit, spiegelt unsere Entwicklung, auch altersbedingte Veränderung und zeigt uns die andere Seite unserer Person, das was wir nicht so gerne wahrhaben wollen, unseren Schatten, unser wahres Selbst, was letztendlich zu mehr Selbsterkenntnis und Bewusstheit führen kann.

In krisenhaften Entwicklungen (Desintegration, Dissoziation) kann das Wahrnehmen des eigenen Spiegelbildes helfen, die eigene Identität wiederherzustellen. In der Antike galten Spiegelbilder im Traum als unheimlich, da man glaubte, dass dies den Tod des Menschen bedeute: das Bild, das man im Spiegelbild sieht, wurde als die eigene Seele erlebt, die sich bereits aus dem Körper gelöst hat. (bei den Ägyptern die Ka-Seele, der Doppelgänger des Menschen)

Von Menschen aus Naturvölkern wird berichtet, sie wollten aufgrund ihrer Angst, ihre Seele nicht zu verlieren, nicht fotografiert zu werden. Im Film „Der Student vom Prag“, (1928, Regie H. Galeen) verkauft der Student sein Bild an den Teufel und verliert damit seine Seele. Auch die Hauptfigur im „Bildnis des Dorian Grey“ v. Oscar Wilde hat keinen Schatten mehr.

Bemächtigt man sich des Spiegelbildes eines Menschen, so hat man nach dem Aberglauben Gewalt über dessen Leben und Tod. Bei den Azteken konnte sein eigenes Spiegelbild zu sehen in Verbindung mit einem Messer mörderische Wirkung haben. Im Aberglauben verraten sich Vampire und übernatürliche Wesen dadurch, dass sie kein Spiegelbild haben, während dämonische Wesen wie der Basilisk sein eigenes Bild nicht ertragen können und sterben müssen.

Im griech Mythos des Perseus gab die Göttin Athene dem Helden den Ratschlag, die Medusa nur im Spiegelbild seines glänzenden Schildes anzusehen, um sie zu töten, ohne selbst von ihrem Blick versteinert zu werden.

Das Wahrnehmen von sich selbst im Spiegelbild kann einerseits zu mehr Bewusstheit und Erkenntnis führen, andererseits aber auch zu Unbewusstsein: Im gnostischen Mythos wird Nous, der göttliche Geist, der von oben kommt und hinunter blickt in sein Spiegelbild im Wasser von Physis gefangen („Erlösungsvorstellung in der Alchemie“ Jung, Gw., Bd. 12 § 410) Im griechischen Mythos des Narziss, (griech. narkissos, lat. narcissus) verliebte sich der Jüngling augenblicklich in sein Spiegelbild b., das er beim Versuch zu trinken in einer Quelle erblickte. Unfähig, sich davon loszureißen, legte er sich daneben bis er verhungerte. In unserer Gesellschaft, in der auf Jugendlichkeit, Schönheit und Fitness so viel wert gelegt wird, ist der ständige prüfende Blick auf das eigene Spiegelbild für viele Menschen häufig von der Angst, begleitet, dass man so wie man ist, bzw. sich altersbedingt verändert (Werbung mit Spiegelbild: „Ich will so bleiben, wie ich bin“!) nicht in Ordnung ist. Der Umgang mit unserem Spiegelbild, sagt viel darüber, wie wir uns selbst begegnen, was wir an uns mögen und was wir ablehnen, auch ob wir uns und unseren Körper anschauen können. Das ständige Bedürfnis nach Spiegelung und übermäßige Beschäftigung mit der eigenen Person, der Begriff des „Narzissmus“ wurde von der Psychoanalyse für psychische Verhaltensweisen verwandt, wenn sich das vitale seelische Interesse ausschließlich auf die eigene Person konzentriert und nicht auf den anderen Menschen.

Aus Sicht der analytischen Psychologie wird der Mythos des Narziss weniger im Zusammenhang mit Selbstliebe, sondern mit der Bewusstwerdung der eigenen Person und Selbsterkenntnis in Verbindung gebracht, wichtige Aspekte, die zum Individuationsprozess gehören. (Vgl. Jacoby, 1985) Nach alten Überlieferungen zeigt uns unser Spiegelbild nicht nur das objektive Bild unserer Erscheinung, sondern auch unseren „Doppelgänger“, die andere Seite unserer Person, Aspekte unserer Persönlichkeit (unser Schatten), die im Dunkel geblieben sind und verdrängt werden müssen, damit aber auch unser wahres Selbst.

Literatur: Standard

Autor: Kuptz-Klimpel, Annette