Null

Aus symbolonline.eu
Version vom 15. November 2011, 10:55 Uhr von de>Hermes (Die Seite wurde neu angelegt: „'''Keyword:''' Null '''Links:''' Einheit, Gott, Gottesbild Kreis, Mysterium, Mystos-Prinzip, Selbst, Zahl '''Definition:''' Das Wort…“)
(Unterschied) ← Nächstältere Version | Aktuelle Version (Unterschied) | Nächstjüngere Version → (Unterschied)
Zur Navigation springen Zur Suche springen

Keyword: Null

Links: Einheit, Gott, Gottesbild Kreis, Mysterium, Mystos-Prinzip, Selbst, Zahl

Definition: Das Wort Null kommt von der lateinischen Bezeichnung "nullus=keiner und "nulla figura"

Information: Die Null ist eigentlich kein Zeichen und stellt nur eine Lücke in der Zahlenreihe dar. Gleichzeitig ist sie von höchster Bedeutung für die ihr vorausgehende Zahl, sie gibt ihr einen besonderen Rang und Wert. Addiert man oder subtrahiert man Null von einer bestimmten Zahl, so ändert diese ihren Wert nicht. Zum anderen aber potenziert sie den Wert einer Zahl bis in unvorstellbare, unendliche Dimensionen.

Aus den beiden Grundzahlen Null und Eins, dem Dualsystem (lat. dualis = zwei enthaltend), auch Zweiersystem oder Binärsystem genannt, entsteht das ganze komplexe moderne Universum der computergenerierten digitalen, virtuellen Welten. Auch das Gehirn arbeitet mit einem dualen Zahlensystem in dem Sinne, dass Neuronen nach dem Alles-oder-nichts-Prinzip entweder feuern (=1) oder nicht feuern (=0).

Interpretation: Das Phänomen der Null enthält die paradoxe Einheit von Nichts und unerschöpflicher Fülle. Wie immer ist die sprachliche Annäherung bei solchen komplexen Symbolen wie der Null zunächst schwierig. Im unmittelbaren Erleben scheint sie zunächst nur ein "Nichts" darzustellen. Folgt man aber in der mystischen und philosophischen Tradition dem Konzept des Nichts, das im hebräischen "ajin" (Kabbala, Sephirot) heißt, so eröffnet sich eine Fülle von Bedeutungen, die allerdings immer wieder auf den gleichen Kern hinweisen: das Unergründliche, den Urgrund, die unerschöpfliche Fülle, die große Leere, aus der die ganze Fülle des Universums hervorgeht. Sehr naheliegend sind die entsprechenden Beziehungen zu den Gottesvorstellungen, der als verborgener Gott im Hintergrund oder im Verborgenen existiert, ein "deus absconditus".

So ist die Null ein Wegweiser in die Paradoxie des Kosmos und letztlich auch der Psyche, wenn man das "All-Eine" (Eins, Einheit) in der Psyche ebenfalls verankert sieht.

In der buddhistischen Philosophie wird die Leere als hohes, vielleicht höchstes Ziel der möglichen geistigen Entwicklung des Menschen gesehen. Ein Missverständnis hierbei ist, dass die dialektische Beziehung zwischen Leere und Fülle manchmal übersehen wird: die Leere ist die Voraussetzung der Fülle und ohne Leere existiert keine Fülle.

In der Kabbala symbolisiert die Null u. a. das Schweigen der dunklen Nacht. In allen mystischen Traditionen kommt dem Schweigen und der damit verbundenen Eröffnung der inneren Fülle größte Bedeutung zu. Es gibt viele Formulierungen bei Angelus Silesius in seinem Cherubinischen Wandersmann, die in diese Richtung weisen, z. B.: „Man kann den höchsten Gott mit allen Namen nennen, man kann ihm wiederum nicht einen zuerkennen.“ 1946, S. 80)

Psychotherapeutisch sind die herkömmlichen sprachlichen Verbindungen mit der Null von Bedeutung, werden aber selten in ihrer erlebnismäßigen Tiefe und vor allem ihren vielfältigen Möglichkeiten erkannt. Der Satz "Ich bin eine Null" oder "Ich bin nichts" bzw. nichts wert etc. wird in Behandlungen häufig gehört und ist meist mit schwerwiegenderen Selbstgefühlsstörungen verbunden. Wenn es in diesem Zusammenhang gelingt, den Betroffenen die tiefgründige Symbolik des Nichts und der Null Schritt für Schritt näher zu bringen, so kann sich gerade über diese belastende Symptomatik eine innere Welt erschließen, die die weitere Entwicklung ermöglicht. Wie so häufig so ist auch hier das Symbol in seiner vielfältigen und paradoxen Thematik ein wichtiger Wegweiser. Auf Seiten der Therapeuten ist der erlebte Zugang zur Fülle der Null und des Nichts die Voraussetzung, um mit diesem Konzept und diesem Symbol sinnvoll arbeiten zu können.

Die Null kann somit in ganz umfassender Form die symbolischen Möglichkeiten der Zahlen erschließen: Anfang und Ende, vom Nichts zur unendlichen Fülle, vom scheinbaren Unwert zum nicht abschätzbaren Wert auch der Persönlichkeit und ihrer Möglichkeiten.

Literatur: Standard

Autor: Seifert, Theodor