Nase
Keyword: Nase
Links: Atem, Geruch, Identität, Luft, Riechen
Definition: Die Nase (mhd. nase, ahd. nasa, lat. nasus) befindet sich als Geruchsorgan vorn am Kopf. Beim Menschen und den meisten Wirbeltieren gibt es eine Verbindung zwischen den beiden äußeren Nasenöffnungen (den Nasenlöchern) und der Mund- bzw. Rachenhöhle. Damit besteht ein direkter Zugang zum Kopf und zum Inneren des Lebewesens.
Information: Durch die Nase wird die Atemluft ein- und ausgeatmet, wobei sie die Luft reinigt, erwärmt und anfeuchtet. Zu den weiteren Funktionen der Nase gehört es, sich in der Umwelt und im Territorium zu orientieren (Neugier, Spürsinn, Intuition, "die Nase vorne haben", "seine Nase in etwas/alles hineinstecken"), Nahrung zu finden und in ihrer Qualität (Geruch, Geschmack) zu unterscheiden ("jemandem etwas unter die Nase halten/reiben", "jemandem etwas vor der Nase wegschnappen"), Gefahr zu wittern und mögliche Sexualpartner zu erriechen.
Interpretation: Der Zusammenhang zwischen der Nase und der menschlichen Sexualität drückt sich bereits im ägypt. Papyrus, bei Publius Ovidius Naso (43 v. u. Z. - 17 u. Z.) und in jüngeren Darstellungen aus. Umgangssprachlich steht die Nase manchmal für den Penis des Mannes (die Analogie "Wie die Nase des Mannes, so ist auch sein Johannes" ist aber wissenschaftlich nicht bestätigt). Eine lange Nase machen heißt, im Sinne einer Spottgeste den erigierten Penis mit dem Finger imitieren oder „immer der Nase nach“ heißt soviel wie von nichts als dem Sexualtrieb gelenkt sein.
Da die Nase zudem an deutlich sichtbarer Stelle am Kopf mitten im Gesichtszentrum hervorragt, wird sie oft in einem engeren Zusammenhang mit der Eigenart, der Identität und dem Selbstwertgefühl des Menschen gesehen ("pro Nase", "jemandem passt jemandes Nase nicht", "sich an die eigene Nase fassen", "die Nase hoch tragen"). Den Schwund der Identität und des Selbstgefühls durch den Verlust der Nase zeigten Nase Gogol ("Die Nase") und nachfolgend die Oper D. Schostakowitschs (1930).
Die Physiognomiker versuchten auch für die Menschen eine Gliederung und Interpretation der Nase als Zeichen für den Charakter ihres Trägers. Als solche wird die Nase in literarischen Darstellungen häufig genutzt. Missgestaltete Nase verwiesen auf eine entsprechenden Charakter. In Europa suchte man die bes. Gestaltung der Nase leicht als eine negative Verbindung zu einem bösen Geist oder Teufel zu verstehen."Lange Nasen und spitzes Kinn - da sitzt der Satan leibhaftig drin". Auch Narren werden häufig mit einer langen Nase dargestellt (s. a. Kasperlefigur).
Die positive Wertung einer langen Nase findet sich bei Apuleius, Horaz, Seneca und Martial und setzt sich fort bis zu Paracelsus, Fischart und Lavater. Eine große Nase verkörperte zunächst edle Bildung und königlichem Charakter. Noch E. M. Arndt (1769-1860) glaubte, dass "bei höherer Bildung und mächtigem, lebendigen Streben des Menschen von innen heraus das Gesichtsgepräge stärker hervortritt ( [...] )".
Seit dem 16. Jh. ist eine scherzhafte Abwertung großer Nasen zu beobachten, sie reicht bis zu W. Busch und E. Lear. Der italienische Pinocchio hat z. B. bei Collodi eine Nase, die beim Lügen anwächst.
Sigmund Freud hatte sich mit Wilhelm Fließ, dem Hals-Nasen-Ohren-Arzt, über die Bedeutung der Nase und Sexualität im Zusammenhang mit der Entstehung von Neurosen ausgetauscht. In die eigentliche Theorienbildung fand die Nase als Organ allerdings keinen Eingang. Das Bohren in der Nase kann als Verschiebung von masturbatorischen Handlungen, also als Selbststimulation, gesehen werden. Aber auch eine selbstdestruktive Seite ist dabei, wenn es regelhaft zu Nasenblutungen kommt.
Fallbeispiel: Eine Patientin hatte eine deformierte Nase. Ihr Stiefvater hatte sie mehrfach auf die Nase geschlagen. Während der Psychotherapie ließ sie die Nase operativ begradigen. Dabei hatte sie die Tendenz, ihren Hass auf den Vater zu verleugnen und den Hass eher gegen sich selbst zu richten. So war die Begradigungsoperation eher als eine erneute Körperverletzung erlebt worden, die ihr wieder Schmerzen bereitete, als dass es etwas für sich Positives war. Es brauchte einen langen Zeitraum, bis die Patientin ihre traumatischen Erfahrungen nicht mehr gegen sich wenden musste und ihre begradigte Nase als Aspekt ihres gewachsenen Selbstgefühls sehen konnte.
Literatur: Standard
Autor: Poege-Alder, Kathrin; Alder, Stefan