Kugel

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Keyword: Kugel

Links: Kreis, Selbst

Definition: Runder Körper, bei dem alle Punkte seiner Oberfläche gleich weit vom Mittelpunkt entfernt sind.

Information: Die Kugel ist der ins Dreidimensionale übertragene Kreis und entspricht in Wesentlichen dessen Symbolik. Sie ist jedoch noch vollkommener das Symbol für Vollständigkeit und Ganzheit, für die Seele und die Gesamtheit aller einander aufhebenden Gegensätze. Das Symbol der Kugel bedeutet die Gesamtheit aller Möglichkeiten in der endlichen Welt; die Urform, die die Möglichkeiten aller anderen Formen enthält; das Welten-Ei; die Überwindung von Zeit und Raum; Ewigkeit; die Anima mundi (Platon) und die zyklische Bewegung der Erneuerung; Die Kugel galt im Altertum nicht nur als Bild der Einzelseele, sondern auch der Weltseele und infolgedessen zum Teil auch als Bild der Gottheit. Die als vollkommenste Raumform angesehene Kugel wurde zum Symbol des Universums (Erdkugel), des die Erde als sphaera umschließenden Himmels (Sternenhimmel, Himmelsgewölbe) und des Urmenschen (Platon). In Platons Gastmahl wird die Kugel als die ursprünglich zweigeschlechtliche Form des Menschen vorgestellt, die durch Zeus entzweit wurde, da dieser die Menschen so nah an ihrer Vollkommenheit wähnte und dem ein Ende bereiten wollte. Durch die Halbierung des runden Menschen in zwei Geschlechter setzte er die ewige Sehnsucht nach der anderen Hälfte frei, die nun Grundmotiv der Suche des Menschen nach seiner Ganzheit wurde.

Als Thron Gottvaters oder Christi versinnbildlicht die Kugel die Herrschaft Christ über die Welt und den Herrschaftsbereich des Glaubens ebenso wie der von Christi in Händen gehaltene Globus oder eine Himmelskugel mit Kreuz. Ab dem 11. Jh. diente die Kugel als Reichsapfel auch Königen und Kaisern als Herrschaftszeichen und Machtsymbol. Die Vorstellung des Firmaments als Kugelschale wird in der Architektur auf Kuppel und Halbbogen übertragen. In der islamischen Symbolik ist die Kugel der Geist, das uranfängliche Licht. In der Alchemie ist die Kugel mit einer Krone der Stein der Weisen und wird bisweilen als der Große König bezeichnet. Das gläserne Gefäß der Alchemisten, das Vas, in dem der Wandlungsprozess der Substanzen angestrebt wurde, war meist kugelförmig. In Verbindung mit der römischen Göttin Fortuna, die auf einer Himmelskugel steht, kann die Kugel zum Hinweis auf die Unsicherheit des irdischen Lebens und auf die Unbeständigkeit des Glücks werden. Sie gilt auch als Attribut des Himmelsgottes Zeus /Jupiter, von Apollon und Kybele. Die gläserne Kugel (Hohlkörper) gilt wie die Seifenblase seit dem Mittelalter als Symbol der Vergänglichkeit. Die massive Glaskugel hingegen als Symbol der Allwissenheit oder deren Vorspiegelung.

Interpretation: In Märchen stellt die Kugel auch in Form eines goldenen Balles (Ball) z. B. in KHM "Der Eisenhans" meist Aspekte des Selbst dar, der kostbaren Ganzheit der Persönlichkeit der Heldin oder des Helden, die in Gefahr geraten ist und wieder errungen werden muss. Die Prinzessin im bekannten Märchen "der Froschkönig" (KHM) verliert in der Tiefe des Brunnens ihre goldene Kugel und muss sich, um ihre Ganzheit wieder zu erlangen, eigenen Triebaspekten (symbolisiert im Frosch) annähern.

Plato hat die Kugelgestalt als die vollkommenste erklärt, eine Idee, die im Gedankengut der mittelalterlichen Alchemisten nachwirkte, welche sich bemühten, den runden Stein der Weisen herzustellen (vergl. C. G. Jung "Psych. Alch."§ 125 u. Fußnote 2, 444) Das Runde ist nach Platos "Timaios" ein Bild der Seele. Seit alter Zeit ist die Kugel ein Symbol für Vollständigkeit und Ganzheit, für die Seele und die Gesamtheit aller einander aufhebenden Gegensätze. Die Kugel und kugelförmige Gebilde stellen eine psychische Dynamik dar, die sich auf ein gemeinsames Zentrum hin orientiert und Aspekte des Selbst symbolisiert. In der Traumsprache wie auch in symbolischen Darstellungen kann sich das Streben der Psyche nach einer Vereinigung von Gegensätzen im Leben und nach Herstellung des psychischen Gleichgewichts im Symbol der Kugel ausdrücken.

Literatur: Standard

Autor: Kuptz-Klimpel, Annette