Kranich

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Keyword: Kranich

Links: Vogel

Definition: Hochbeinige Vögel der Familie Gruidae, mit langem Hals, kleinem Kopf und spitzem Schnabel.

Information: Er ist ein Meister des Fliegens: leicht, scheinbar schwerelos fliegt er in eleganter Gestalt graziös gedehnt und gestreckt. Schlafend steht er stabil auf einem Bein auf der Erde. Das führt zum Gesamteindruck der Leichtigkeit auf einem festen Fundament. Übermäßige Kraftanstrengungen sind ihm fremd. Beim Flug lässt er einen trompetenartigen Ruf erklingen.

Als wandernde Tierart lebt er in grenzübergreifende Lebensräume. Kranichpaare binden sich ein Leben lang. Die Paare finden sich ein bis zwei Jahre vor der Fortpflanzung. Diese "Verlobungszeit" dient zum Finden und Anlegen eines geeigneten Brutreviers. Die "Tänze" der Kraniche, frühmorgens während der Frühjahrsrast, sind Ausdruck innerer Erregung. Dazu gehören Sprünge, Flügelschlagen, Zickzackläufe und Rennen im Kreis. Bei der Brut von ein bis zwei Eiern wechseln Hahn und Henne ab. Die Jungen sind Nestflüchter, folgen den Eltern bereits am zweiten Tag zur Nahrungssuche, werden von den Eltern in den ersten Lebenswochen mit dem Schnabel gefüttert, bis sie selber Futter suchen können. Sie sind nach etwa zehn Wochen flugfähig.

Interpretation: Die chinesischen Kultur sieht im Kranich ein Symbol für Langlebigkeit und Glück. Wegen seines hohen Fluges galt der Kranich als Vermittler zwischen Himmel und Erde. Auf dem Rücken der Kraniche reisten die "Unsterblichen" zu den "Inseln der Seligen" ins westliche Paradies. Dort kündeten die schneeweißen Kraniche von ewiger Weisheit und Unsterblichkeit. Das Sterben daoistische Priester wurde auch "Verwandeln in einen gefiederten Kranich" (yü-hua) genannt. Die dienende Gottheit "Knabe des weißen Kranich" überbrachte Botschaften und unterstützte selbstlose Helden. Das Qigong nutzt beim "Spiel des Kranich" seine Leichtigkeit als Meister des Fliegens ebenso wie seinen festen und aufragenden Stand. Seine Bewegungen animieren zu eleganten, gedehnten und gestreckten Übungsbewegungen.

Als Nachempfindung des Kampfes gegen den Minotaurus tanzte Theseus mit seinen Gefolgsleuten den Kranichtanz, der die verschlungenen Wege des Labyrinthes zum Heldenkampf nachzeichnete. Kranich und Labyrinth verbinden sich hier zum Symbol der Wiedergeburt. Die Rückkehr der Kraniche im Frühjahr lassen sie zu einem Boten der wieder erwachten Natur werden. Erschien ein einzelner Kranich außerhalb der üblichen Zeiten, galt dies als Omen für Krieg und Tod. Der keltische Volksglaube ordnet den Kranch der Muttergöttin zu. Dem Mond zugehörig repräsentieren sie die drei Phasen des vegetativen Kreislaufs. Der keltische Gott des Meeres, Manannan mac Lir sammelte die geheimnisvollen, streng gehüteten Schätze des Ozean in einem Sack aus der Haut des Kranichs, die mit dem kollektiven Erfahrungsschatz der Großen Mutter als Mondgöttin in Verbindung gebracht werden. Hier gibt es auch eine Verbindung zu Perseus, der gleichfalls einen Kranichbeutel mitführte, der u. a. das erste Alphabet beinhaltete. Nach anderer Überlieferung ließ sich Hermes vom Vogelflug der Kraniche zum Alphabet animieren. Zum Gefolge des keltischen Gottes und Königs der Nicht- und Anderswelt, Midir, gehören drei Kraniche, die die Pforte seines Reiches bewachen.

In Frankreich werden noch heute als böse, geizig oder töricht entwertete Frauen als "Kraniche" beschimpft. Wegen seines ausdauernden Stehvermögens werden als "Kraniche" auch Prostituierte auf der Straße bezeichnet.

Im Christentum ist er Symbol für Liebe und Treue (Monogamie der Kraniche), Wachsamkeit, Rechtschaffenheit, Güte und Ordnung im klösterlichen Leben. In Schillers, Kraniche des Ibykus, stehen die Kraniche für Gerechtigkeit und Rache, sie überführen die geflohenen Mörder des Dichters Ibykus.

Literatur: Standard

Autor: Hammerstein, Günter