Abraxas
Keyword: Abraxas
Links: Gnosis, Gottesbild, Magie
Definition: Abraxas, seit dem 2. Jh. häufig auf Amulette, Talismane, Gemmen und Ringen geritzt, gilt als gnostischer Name für den Urschöpfer.
Information: Nach Reitzenstein (1904), dem Altphilologen und Gnosisforscher, hängt der Name mit Zahlenspekulationen zusammen, die den Buchstaben Zahlenwerte zuteilen, die die Summe 365 ergeben. Daher wird er als Zeitgott aufgefasst und mit Aion identifiziert, der löwenköpfig dargestellt ist und nicht nur für das Jahr, sondern auch für die Ewigkeit steht. In jüngeren hermetischen Schriften gilt er als Nous. Im Bericht des Irenaeus (Adv. haer. I 24, 7) ist er der Führer der 365 Himmel und bei Epiphanius (Pan. XXIV 7, 6) hat der Mensch deswegen 365 Glieder. Nach Hippoytos (Ref. VII 26, 6) haben die Basilidianer ein großes Buch, in welchem Abraxas ein bedeutender Herrscher über die 365 Himmel ist. In der gnostischen Apokalypse Adams (NHC V5) wird der Name als Retter erwähnt (75, 23). Er ist im griechisch-ägyptischen Raum ein populärer Dämon, der mit zahlreichen anderen Göttern in typisch synkretistischer Art identifiziert wird, zum Beispiel mit dem Sonnengott und mit dem Kopf eines Hahns dargestellt.
Auf Amuletten findet man ihn als schlangengestaltig, gepanzert. In den Papyri Graecae Magicae erscheint er IV. 331-32; VIII. 49, 611; XIII. 156, 466 (Betz, 1986). Möglicherweise hängt der Name mit hebräisch arba-abra, dem mit vier Konsonanten geschriebenen Gottesnamen zusammen (Biedermann, 1986)
Interpretation: H. Hesse bezieht sich in seinem Roman "Demian" auf den Abraxasmythos, den er möglicherweise durch C. G. Jung kennengelernt hat. Dieser beschreibt in seinen "Septem Sermones ad Mortuos" (1916) den Abraxas als einen "Gott über Gott", als einen "Gott, von dem Ihr nicht wusstet, denn die Menschen vergaßen ihn. Wir nennen ihn mit seinem Namen ABRAXAS. Er ist noch unbestimmter als Gott und Teufel."
"Er ist noch unbestimmter als Gott und Teufel. Um Gott von ihm zu unterscheiden, nennen wir Gott Helios oder Sonne. Der Abraxas ist Wirkung, ihm steht nichts entgegen, als das Unwirkliche, daher seine wirkende Natur sich frei entfaltet. Das Unwirkliche ist nicht, und widersteht nicht. Der Abraxas steht über der Sonne und über dem Teufel. Er ist das unwahrscheinlich Wahrscheinliche, das unwirklich Wirkende. Hätte das Pleroma ein Wesen, so wäre der Abraxas seine Verdeutlichung. Er ist zwar das Wirkende selbst, aber keine bestimmte Wirkung, sondern Wirkung überhaupt. Er ist unwirklich wirkend, weil er keine bestimmte Wirkung hat. Er ist auch Kreatur, da er vom Pleroma unterschieden ist. Die Sonne hat eine bestimmte Wirkung, ebenso der Teufel, daher sie uns viel wirksamer erscheinen als der unbestimmbare Abraxas. Er ist Kraft, Dauer, Wandel." (Jung, 1916, wiedergegeben in Jung/Jaffé, 1962)
Literatur: Standard, Wikipedia, Herzog (1969, Bd1, S. 113 f), Ribi (1999)
Autor: Ribi, Alfred