Spindel

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Keyword: Spindel

Links: Achse, Phallus, Spinne, Spinnen

Definition: Die Spindel ist das sich bewegende Maschinenteil am Spinnrad.

Information: Keine.

Interpretation: Die Spindel steht in Zusammenhang mit der Tätigkeit des Spinnens, ist wesentliches Symbol sowohl der weisen Frauen, als auch der Hexen, gilt als Attribut aller Muttergöttinnen, Mondgötterinnen und Weberinnen des Schicksals, insbes. der heidnischen Muttergöttinnen wie u. a. Freja, Hulda und Perchta (Vgl. Spinnen). Die Spindel dringt ein, geht vor und zurück, um sie dreht sich alles. In Platons Timaios heißt es, der Kosmos drehe sich um die eigene Achse, die sich als Spindel im Schoß der Göttin Nemesis drehe. Der Himmelspol galt im Sternenwissen vieler Völker, insbesondere der Germanen als Weltallsspindel, von der die Schicksalsfäden (Faden) ausgehen. Mit ihren phallischen Aspekten hat die Spindel in Märchen die Eigenschaft eines Schlafdorns oder einer Nadel, mit der Hexen und Zauberer zustechen können, was Zauberschlaf oder Tod verursachen kann. In der „Edda“ schläferte Odin Brunhilde mit dem Schlafdorn ein, um sie mit der undurchdringlichen Lohe zu umgeben, bis Siegfried sie erlöste.

Ein spitzer Gegenstand kann töten, eine spitze Bemerkung (Pointe) verletzen. Im europäischen Mittelalter galt die Spindel jedoch auch als Symbol des beschaulichen Lebens und Attribut einiger weiblichen Heiligengestalten wie z. B. Jeanne d Arc. Spindel und Rocken waren früher das Abzeichen der dt. Hausfrau, wie das Schwert das Merkmal des Mannes war. Daher nannte man im Mittelalter die Verwandten väterlicher Seite „Schwertmagen“, die der Mutter „Spindelmagen“. In den deutschen Rechtseigentümern erscheint sie als Rechtssymbol. In Märchen spielt die Spindel eine wichtige Rolle, da sie auch in Zusammenhang steht mit der Tätigkeit des Spinnens, die oft am Übergang zum magischen Reich stattfindet. In „Frau Holle“ (KHM 24) wird die Heldin von der Spindel in den Brunnen hinuntergezogen und gelangt somit in deren Reich, das mythologisch in Zusammenhang mit der germanischen Urmutter Frigg steht.

In „Dornröschen“ (KHM 50) wird die Heldin von ihrem Vater vor Spindeln gewarnt, die er, um die enge Beziehung zu ihr aufrechtzuerhalten, auch vorsorglich im ganzen Land verbrennen lässt. Die Heldin sticht sich jedoch zum Zeitpunkt ihrer Geschlechtsreife an der Spindeleiner hexenhaften Alten und versinkt in einen hundertjährigen Schlaf, was als Verschwinden im Fantasiereich des Unbewussten verstanden werden kann. Im russ. Märchen „Die Jungfrau Zar“ steht das drehbare Häuschen der Hexe Baba Jaga auf Spindelfüßen, die mit ihrer Nase den Ofen schürt. Weiteres Märchen von Grimm „Von dem bösen Flachsspinnen“

Die Spindel als wichtiges Attribut sowohl der weisen Frauen, als auch der Hexen stellt deren (gelegentlich verborgene) phallisch-männliche Seite dar, die verletzten, töten, jedoch auch Wandlung bewirken kann. Die Spindel wird tiefenpsychologisch mit der eindringenden, negativen Seite des Animus in Verbindung gebracht. Spitze Bemerkungen gelten auch eher als Waffe der Frauen. Die Spindel in Zusammenhang mit dem Spinnrad und seiner gleichmäßig drehenden Bewegung ist ein Symbol unabänderlicher Gesetzmäßigkeit, des unerbittlichen Schicksals, der ewigen Wiederkehr, aber auch ein Sexualsymbol.

Literatur: Standard

Autor: Kuptz-Klimpel, Annette