Agnosia

Aus symbolonline.eu
Version vom 19. Oktober 2023, 16:51 Uhr von Anlumue (Diskussion | Beiträge) (1 Version importiert)
(Unterschied) ← Nächstältere Version | Aktuelle Version (Unterschied) | Nächstjüngere Version → (Unterschied)
Zur Navigation springen Zur Suche springen

Keyword: Agnosia

Links: Bewusstsein, Blind, Dunkelheit, Gnosis, Unbewusstes

Definition: Agnosia ist ein gnostischer Begriff, der die Abwesenheit von Gnosis (=Erkenntnis) bedeutet. Er ist verwandt mit dem Begriff agnoia (Unwissenheit) wie er in der Rede des Paulus auf dem Areopag in Athen vorkommt: "Über die Zeiten der Unwissenheit (agnoia) nun hat Gott hinweggesehen; jetzt aber lässt er den Menschen verkündigen, dass sie alle überall Buße tun sollen [ [...] ] " (Apg 17, 30). (Eph 4, 18; 1 Petr 1, 14; 2, 15).

Information: In einem Brief des Gnostikers Valentinus, den Epiphanius (Pan 31, 5, 3) zitiert, heißt es: "Als am Anfang der Selbstentstandene (Autogenes) alle Dinge in sich enthielt, obwohl in unbewusster (agnosia) Form – er, den einige den alterslosen Aeon, immer neu, männlich und weiblich nennen, der alles enthält, aber selber nicht enthalten ist [ [...] ] " (Williams, 1987, S. 156)

Im Codex Jung (NHC I) sind die Gedanken im Vater verborgen, ohne es zu wissen. Bei Hippolytos tritt der Ausdruck anóeton auf, der ebenfalls am besten mit "unbewusst" zu übersetzen ist. Im Kapitel 7 des hermetischen Asclepius antwortet Hermes: "Nicht alle, o Asklepius, gelangen zur wahren Erkenntnis <=Gnosis, sondern folgen in falschem Streben einem Trugbild, ohne die wahre Lehre zu kennen, und werden getäuscht" (7, 23-25).

Interpretation: Beim Gnostiker Basilides ist die dritte Sohnschaft im Zustand der Gestaltlosigkeit (amorphia), was in etwa der Unbewusstheit entspricht. Es ist das zentrale Anliegen des Gnostikers, den ursprünglichen Zustand der Agnosia zu überwinden und zur Gnosis, einem erlösten Zustand, zu gelangen.

Ein anderer Ausdruck für Agnosia ist die Trunkenheit (NHC VI, 3; 24, 14-22), auch bei Philon von Alexandria (de ebrietate 154 ff).

Agnosia wird auch durch Finsternis symbolisiert (Joh 1, 5) und die Gnosis durch Lichtsymbole. Das größte Übel ist für den Gnostiker das Verharren in der Agnosia. Sie ist "die Grundlage der Schlechtigkeit, die Fessel des Verderbens, der finstere Kerker, der lebendige Tod, der wahrnehmende Leichnam, das Grab, das man mit sich herumträgt, der Räuber im eigenen Haus", heißt es im hermetischen Text (CH VII, 2).

Der Jungsche Analytiker sieht in diesen alten Zeugnissen eine Bestätigung seiner modernen analytischen Bestrebung der Bewusstmachung des Unbewussten.

In der Gnosis ist agnosia Blindheit. Samael ist der blinde Schöpfer (NHC II 5; 103, 17), der in seiner Unwissenheit den Menschen schuf (113, 14). Der Erlöser öffnet die Augen der Blinden NHC I 3; 30, 18) Die Söhne der Menschen sind blind in ihrem Herzen (NHC II 2; log 28). Die Menschenkinder tappen wie Blinde (Pistis Sophia 241, 25). Die Seele legt sich den Logos auf die Augen und wirft die Blindheit von sich (NHC VI 3; 27, 29-30). Der Mensch soll sich vor der blinden Unwissenheit hüten (NHC VII 4; 88, 21).

Die Trunkenheit ist eine Form der Unwissenheit, die auch schon in den Oden Salomos vorkommt (38, 12). Der Erlöser findet alle trunken (NHC II 2; log 28), ihre Herzen sind trunken (NHC I 2; 3, 9). Durch die Epinoia des Lichts wird Adam nüchtern (AJ BG 59, 20) (NHC II 5; 120, 24). Der Pneumatiker hat sich von der Trunkenheit abgewendet (NHC I 3; 22, 16). Poimandres ermahnt zur Nüchternheit (CH I 16. 21), sie befähigt zur Gottes- und Selbsterkenntnis (NHC VII 81, 1)

Literatur: Arnold-Döben (1986), Ribi (1999, 2001), Williams (1987)

Autor: Ribi, Alfred