Freundschaft
Keyword: Freundschaft
Links: Alter Ego , Blut, Brief, Eros-Prinzip, Freiheit, Hand, Liebe, Schatten
Definition: Freund, Freundschaft (ahd friunt Freund, Verwandter; Part. präs. zu germ fri "lieben, hegen" frei, germ fri-ja). Bezeichnet allgemein (zwei) innig miteinander verbundene Menschen, die nicht primär (bluts-)verwandt sind.
Information: Heutzutage können Freundschaften als die zentralen Zweierbeziehungen "nordatlantisch" zivilisierter Menschen verstanden werden. Freunde zeichnen sich durch gegenseitiges Öffnen, Hingeben und Verstehen aus. In diesem Geschehen können sie zu Freunden werden, so sie sich als Gemeinsame entdecken und aus dieser Freundschaft heraus handeln und verstehen. Bereits im antiken Griechenland findet sich das "alter ego"-Motiv für den Freund, welches in historisch-kultureller Ausdifferenzierung ihren Höhepunkt im romantischen Freundschaftskult der "universalen Freundschaft" fand. Seither sind kulturgeschichtlich auch Freundschaften zwischen Frauen und gar zwischen Frauen und Männern als eben solche möglich.
Interpretation: Symbole der Freundschaft sind vielgestaltig, da sie aus der Freundschaft selbst erwachsen. Das in beinahe allen (archaischen) Kulturen bekannte Symbol der inniglichen Verbundenheit nichtverwandter (männlicher) Menschen ist die Blutsbrüderschaft. Blutsbrüder sind infolge des freiwilligen, spirituellen Rituals über das Verwandtschaftliche hinausgehend unauflöslich miteinander verbunden. Rituell wird sie durch das Mischen des gemeinsamen Bluts und dessen Inkorporieren (meist Trinken) vollzogen. Die archetypische Bedeutung der Mischung des Lebenssaftes kann im Sinne einer Schicksalsgemeinschaft verstanden werden (Blut, Bruderschaft). Davon zu unterscheiden ist die Freundschaft im eigentlichen Sinne, da sie im Unterschied zur Blutsbruderschaft wieder aufgelöst werden kann.
In der griechischen Mythologie wacht Zeus über die Freundschaft und die Einhaltung ihrer Regeln (insb. die Gastfreundschaft). Ein wichtiges Symbol der Freundschaft ist der Brief (Bettina von Arnim, Günderode; Friedrich Hölderlin, Hyperion) bzw. die freundschaftliche Nachricht. In ihr geht es nicht um ein Beschreiben äußerer Zusammenhänge, sondern um das Eröffnen und Verstehen der jeweiligen Innerlichkeit im Gemeinsamen ("Was hättest Du an mir, wenn ich nicht lernte, Dir meine Seele zu geben, nackt und bloß. Freundschaft!" Bettina von Arnim).
Ein weiteres wichtiges Symbol sind die ineinander verschlungenen Hände, die sich auch im Händedruck gegenseitig stützen und verbinden können ("Sich die Hand reichen", Versöhnen). Erwähnenswert sind auch die dem Solidarischen und der Liebe nahestehenden Symbole des "Seite an Seite"-Gehens/Stehens bzw. des Hand-in-Hand-Gehens/Stehens. Als spezifisch freundschaftlich kann in diesen Symbolen das gemeinsame Richten auf ein gemeinsames Drittes verstanden werden. Diese Symbolik findet sich beispielsweise auch in "Menschenketten", die sich in stillem und friedlichem Miteinander an die Hände fassen oder Seite-an-Seite umarmen.
Das vielleicht typischste Symbol der Freundschaft ist das Band, das "ewige Band der Freundschaft". Dieses Symbol erlebte eine kurze (postmoderne) Renaissance in den 90er Jahren des 20. Jhdts, als für kurze Zeit sog."Freundschaftsbänder" an allen Handgelenken gegenwärtig waren. Hierbei handelte es sich um rasch der Materialermüdung zum Opfer fallende, dann fusselig aussehende mit bunten Fäden umwickelte Pappstreifen, welche man solange tragen musste, bis sie von selbst abfielen.
Literatur: Standard, Kast (1999), Schinkel (2003)
Autor: Schlimme, Jann