Krebserkrankung: Unterschied zwischen den Versionen
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Aktuelle Version vom 19. Oktober 2023, 16:51 Uhr
Keyword: Krebserkrankung
Links: Arzt, Krankenhaus, Nachtmeerfahrt, Tod, Wandlung
Definition: "Krebs" ist ein Sammelbegriff für eine Gruppe von mehr als hundert verschiedenen, so genannten malignen, d. h. bösartigen Krankheiten.
Information: Bei diesen handelt es sich um sehr unterschiedliche Verläufe und Heilungschancen. Krebserkrankungen gelten heute als die zweithäufigste Todesursache nach den Herzkreislauferkrankungen.
Interpretation: Der Name "Krebs" (Karzinom) wurde Hippokrates zugeschrieben (etwa 460 Jahre vor Christus). Ihn erinnerten die erweiterten Blutgefäße eines Brustkrebses an die Füße des Einsiedlerkrebses. Die Eigenschaften des Krebstieres, seine Rolle in Mythologie und Aberglauben tragen zum symbolischen Verständnis der Krebserkrankung bei, die als Erfahrung der dunklen Seite des Selbst verstanden werden kann.
Ein griechischer Mythos erzählt, wie Herakles von einem Krebs in den Fuß gebissen und dadurch bei seinem Kampf mit der lernäischen Schlange behindert wird. Das Krebstier vermag den starken, Siege gewohnten Helden, und seinen Eroberungsdrang hemmen. Das erinnert an die Krebserkrankung und insbesondere die modernen Behandlungsmethoden wie Chemotherapie und Bestrahlung, die, indem sie den Erkrankten zumindest vorübergehend körperlich schwächen, seine bisherige Aktivitäten, Leistungs- und Erfolgsstreben erheblich beeinträchtigen, wenn nicht sogar völlig verunmöglichen. Ärzten stehen mittlerweile sehr wirksame Behandlungsmethoden gegen die Krebserkrankung zur Verfügung; sie verlieren aber auch heute noch allzu häufig ihren Kampf gegen Krebs. Wenn wir hierzu das Wesenhafte des Einsiedlerkrebses bedenken, so bemerken wir seine harte Schale, die ihn schützt und für viele Tiere unangreifbar macht. Diese Schale wirft der Krebs immer dann ab, wenn sie ihn im Laufe seines Heranwachsens beengt. Aus Sicht der Gelehrten des Altertums entspricht dieser Schalenwechsel einem Tod mit anschließender Wiedergeburt und symbolisiert das Auferstehungsgeschehen. Ohne Zerstörung des alten Gehäuses wäre weder Wachstum noch Entwicklung möglich. Im Rahmen der Krebserkrankung können wir in vielen Fällen eine Analogie zu diesem Geschehen beobachten, etwa wenn Betroffene durch die existentielle Bedrohung gezwungen oder ermutigt werden, bisherige Lebensumstände und -gewohnheiten abzulegen. Wenn alte Verhaltensmuster oder Situationen geopfert werden, können unbekannte Potenziale oder Möglichkeiten eine fruchtbare Entfaltung und Neuorientierung ermöglichen.
Phantasien und Träume können den krebskranken Menschen auf solche überholten Einstellungen hinweisen und einen angemessenen Umgang mit der ins Leben eingebrochenen Erkrankung ermöglichen. Beispielsweise erhielt ein krebskranker Mann, der die schulmedizinische Behandlung vehement ablehnte durch einen Traum die Botschaft, dass seine Verweigerung lediglich Ausdruck eines frühkindlichen Trotzverhaltens gegen den Vater war. Der Träumer konnte erkennen, dass er seinen früheren Autoritätskonflikt mit dem Vater auf die Ärzte übertragen hatte. Nachdem ihm der Traum verdeutlichte, wie bedrohlich eine weitere Ablehnung der Schulmedizin sein würde, gelang ihm ein konstruktiver Umgang mit den Ärzten.
Fazit für die therapeutische Praxis: Der Krebs stellt in der sozialen Gestalt der häufigen und doch vielfach verleugneten Krebserkrankung, ein schreckliches Symbol der dunklen Seite des Selbst bzw. der Todesmutter dar. Der apotropäische Charakter dieses Symbols (Daniel 2000) wird auf antiken Abbildungen deutlich, die den Krebs in Analogie zum Medusa-Motiv zeigen. Dieser dunklen Seite steht ein Entwicklungspotenzial (durch Einkapselung oder aber Abwerfen der harten Schale versinnbildlicht) gegenüber, das es in der psychotherapeutischen Arbeit mit tumorkranken Menschen zu entdecken gilt. Dem entspricht die Revision früherer Lebens- und Behandlungsziele im Sinne einer auf die Sinnfrage ausgerichteten spirituellen Krankheitsverarbeitung ("meaning based coping". (Folkman und Greer 2000)
Literatur: Standard
Autor: Daniel, Renate; Frick, Eckhard