Größenfantasie: Unterschied zwischen den Versionen

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Aktuelle Version vom 19. Oktober 2023, 16:51 Uhr

Keyword: Größenfantasie

Links: Aufstieg, Berg, Eros,-Prinzip, Fliegen, Geheimnis, Glanz, Heros-Prinzip, Individuation, Macht, Magie, Mystos-Prinzip, Narzissmus, Schatten, Selbst

Definition: Größenfantasien sind Fantasien von der eigenen Großartigkeit, Besonderheit, Berühmtheit, Attraktivität (Eros-Prinzip) und Macht, von besonderen Fähigkeiten, Kenntnissen und Heldentaten (Heros-Prinzip).

Information: Größenfantasien werden in der Psychologie sehr ambivalent gesehen: Sie können in verschiedenen Phasen des Lebens (insbesondere Kindheit, Pubertät und junges Erwachsenenalter) als Ausdruck der Freude an und über sich selbst, am eigenen Dasein, an eigenen Fähigkeiten und Begabungen, des Stolzes über gelungene Leistungen und der Vorfreude auf zukünftige Erfolge auftreten ("Ich bin doch der Größte!"), oft auch als Kompensation von erlebter Unsicherheit, Schwäche, Versagen und Abwertung. Größenfantasien haben eine sehr starke motivierende Kraft zum Guten wie zum Schlechten. Hinter den meisten herausragenden Leistungen und Errungenschaften wie auch hinter den schlimmsten Verbrechen der Menschheit stehen sicherlich noch größere, meist aber nicht öffentlich zugestandene Größenfantasien. Sie werden in der Regel verborgen gehalten, weil sie von der traditionellen Moral mit starken Abwertungen belegt werden. Der Betreffende läuft Gefahr, den Neid anderer Menschen zu erregen und von ihnen als arrogant, überheblich, eitel, geltungssüchtig, stolz, unbescheiden oder gar größenwahnsinnig eingestuft zu werden."Hochmut kommt vor dem Fall".

Fast alle Religionen sehen in der Egomanie eine Todsünde. Dementsprechend ist selbst die normale, natürliche, manchmal überschießende Freude an sich selbst und den eignen Fähigkeiten sehr oft mit Scham und Schuld besetzt. Obwohl in den tiefenpsychologischen Richtungen ein "gesunder Narzissmus" durchaus akzeptiert wird und die Fähigkeit zur Selbstliebe auch als wichtiges Ziel angesehen wird, klingt doch bei dem Thema der Größenfantasie entsprechend noch der christlichen Ehtik häufig eher das Bedenkliche und Pathologische durch. Natürlich dürfen die Gefahren der Größenfantasie nicht übersehen werden, aber die Konsequenz aus solchen Aussagen könnte auch sein, dass Menschen, da sie nicht als "inflationiert" gelten möchten, ihre individuellen Grenzen, eher nach unten setzen und den "Überschwang" und die Lebensfreude eher als problematisch ansehen. Mit den positiven Aspekten der Größenfantaisen scheint es ähnlich wie mit den positiven "gehobenen" Emotionen wie Ekstase, Freude, Glück, Humor und Leidenschaft zu sein. Sie führen in der Regel ein "Schattendasein" in den klassischen tiefenpsychologischen Schulen. Gleichzeitig ist relativ deutlich zu sehen, dass mit den Zielen der Psychoanalyse, Tiefenpsychologie und der Analytischen Psychologie nach Bewusstheit, Reife, Individuation und Ganzheit durchaus Größenfantasien und elitäre Vorstellungen verbunden sind, die aber wegen des "Inflationstabus" nicht zugestanden werden dürfen, was zu einer starken emotionalen Gehemmtheit und Vernünftigkeit der Analytiker im öffentlichen Auftreten und dann zu tatsächlich pathogenen Auswirkungen des ungelebten Narzissmuss führen kann.

Von daher ist es wichtig, Größenfantasien nicht nur als Abwehrmechanismen zu verstehen. Sie haben als Ideal- und Zielvorstellungen der eigenen Entwicklung auch eine prospektive Funktion und können ungelebte Aspekte des Selbst, Begabungen und Potenziale zum Ausdruck bringen und die Energie für deren Verwirklichung liefern.

Interpretation: Größenfantasien äußern sich, wie der Name schon sagt, in Fantasien und Symbolen der Attraktivität. Größe, Stärke, Macht, des Glanzes, des Ruhmes und der Ehre.

In Träumen zeigen sie sich oft in besonderen Fähigkeiten und Leistungen, wie z. B. Fliegen, dem Besitz "übernatürlicher" magischer Kräfte, in vielerlei Erfolgserlebnissen und Heldentaten.

Märchenhafte Parsiflagen auf Besondersheits- und Größenfantasien finden sich beispielsweise im "Tapferen Schneiderlein" oder in des "Kaisers neuen Kleidern." (Müller 2011)

Literatur: Standard; Müller, L. (1996): Trotzdem ist die Welt ein Rosengarten; Müller, L. (2001): Lebe dein Bestes

Autor: Müller, Lutz