Rot: Unterschied zwischen den Versionen
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Aktuelle Version vom 19. Oktober 2023, 16:51 Uhr
Keyword: Rot
Links: Aggression, Alchemie, Bios-Prinzip, Blut, Eros-Prinzip, Farbe, Feuer, Rosa, Rose, Rubedo, Sonne
Definition: Rot ist eine Farbempfindung, die durch Licht mit Wellenlängen zwischen etwa 590 und 750 nm oder durch eine Farbmischung hervorgerufen wird. Das reine Rote (Wellenlänge etwa 615 nm) gilt als Urfarbe.
Information: Keine
Interpretation: Die psychologische Bedeutung des Rot leitet sich von der stärksten Erfahrbarkeit dieser Farbe angesichts von Feuer (Zinnober) und von Blut (Karmin) her. So sind die häufigsten Assoziationen zu Zinnober neben Feuer, Eros und Gefahr, zu Karmin, mit Blut, auch Kraft, Macht und Liebe. Zur Rot-Skala gehört ihre dunkelste Nuance, der Purpur, mit dem Herrschaft, Recht, Gerechtigkeit und Abstand verbunden wird.
Des Weiteren werden mit Rot verbunden: Autonomie, Aktivität und Beherrschungsstreben, Frische, Vitalität, Lebenssteigerung; Nähe, Sinnlichkeit, Sexualität, Leidenschaft, Erregung, Aufruhr, Rebellion, Krieg, Kampf, Gefahr, Lebensbedrohung, schließlich Rot als Farbe des Lasters und des Satans.
Zur Feuersymbolik des Zinnobers gehört der Prometheus-Mythos, als eine entscheidende Kulturleistung, im übertragenen Sinn für die Bewusstwerdung.
Initiationsgottheiten mit ihrer Wandlungskraft durch Feuer erscheinen in Rot. In der Alchemie vollzog man die Läuterung der Metalle durch Einschmelzen und rechnete mit einem analog verlaufenden Prozess der „Rubedo", der Rötung, einer hohen Stufe der Wandlung. Mercurius ist in seiner roten Erscheinungsweise der befeuernde Wandlungsgeist, psychisch der umschmelzenden, starken Emotion der Liebe oder des Hasses entsprechend. Zum Feuerrot gehören Begeisterung, das Erleuchtetwerden wie in Blitz, Flammen und feurigen Zungen, die Bilder des Pfingstgeschehens bei der Ausgießung des Heiligen Geistes zeigen. Die Entsprechung des Heiligen Geistes innerhalb der weiblichen Symbolik ist die Sophia, Göttliche Weisheit, die in lichtem Rot erscheint und im nachexilischen Judentum als Hypostase der Gottheit verehrt wurde.
Im Zinnober, als dem männlichen Pol der Skala, ist Rot Farbe der Aggression. Der Rote Ritter, Herr Ither aus dem Artussagenkreis, erweckt sie im jungen Parzifal, der ihn erschlägt und sich seiner Ausrüstung bemächtigt. Viele Bewegungen von neuen gesellschaftlichen Orientierungen, zum Teil radikalisiert im Terrorismus, agieren im Zeichen des Rot: Rote Fahnen, Roter Stern, Rote Brigaden. Rotes Licht, rote Ampel stoppen, signalisieren Gefahr. Als Symbol für verblendete Leidenschaft und Gier steht im Zentrum des tibetischen Lebensrades der Rote Hahn.
Im Zeichen des Rot als Ausdruck von Kampf, Sexus und Feuer steht auch der griechische Mythos vom Kriegsgott Ares in seiner Beziehung zur Liebesgöttin Aphrodite, diese wiederum in ihrer Verbindung mit Vulkanus, dem Gott der Schmiede. Kampf, Mut, Zerstörerisch-Schöpferisches symbolisierend, erscheint Mithras, dessen Kult der der römischen Legionäre war, in scharlachrotem Mantel, als Lichtgott zur Feuersymbolik gehörend, als Stiertöter zur Blutsymbolik.
In matriarchalen Kulten wurden Idole mit rotem Ocker, dem Erdpigment bemalt, der unterirdische Totentempel, das Hypogäum auf Malta, gleichsam als Mutterleib, hatte rote Wände. Als Wurzelzentrum belebt Rot in der fernöstlichen Chakrenlehre das erste, das Muladhara-Chakra. Das vitale Mysterium glüht in den tieferen Nuancen, dem weiblichen Pol des Rot: Farbe der Lebensenergie, des Eros, der Erfüllung in der Reife des Gefühls. Rot symbolisiert schöpferische Kraft.
Rausch der Trunkenheit vom roten Wein und Blutrausch im Mythos des Dionysos symbolisiert die tiefere Nuance des Purpurrot. Es ist andererseits auch der Purpur der römischen Kardinale. Der kaiserliche Purpur der Antike, dieses schwere, dunkelste, abgekühlte Rot verkörpert seither Würde und Autorität: Farbe des Herrschergewands Jupiters, der Toga picta der Cäsaren. Mit dunkelrotem Porphyr, als Stein der Purpurfarbe entsprechend, war der Geburtsraum im Kaiserpalast in Byzanz ausgekleidet, und Porphyrogenitos war ein Titel der Mitglieder der kaiserlichen Familie. Vom byzantinischen Kaisermantel ist das purpurne Gewand Christi in den frühchristlichen Mosaiken übernommen.
In der hebräischen Bibel ist Rot Farbe der Sünde und der strafenden Gerechtigkeit. Die apokalyptischen Reiter, einer auf rotem Pferd, waten in Blut. Das vitale Rot des Eros, auch als Symbolfarbe der heidnischen Gottheiten, wird bei der Einführung des Christentums zur Farbe des Teufels und der Hexen abgewertet. Andererseits wiesen die Rotstufen für die christliche Symbolik des Mittelalters auf die Passion Christi, den Heiligen Geist, die Märtyrer und die Agape, die Caritas hin.
Literatur: Standard, Riedel (2008)
Autor: Riedel, Ingrid