Zwerg: Unterschied zwischen den Versionen
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Aktuelle Version vom 19. Oktober 2023, 16:52 Uhr
Keyword: Zwerg
Links: Bios-Prinzip, Erde
Definition: Unter einem Zwerg versteht man ein in Märchen und Sagen auftretendes kleines, meist hilfreiches Wesen in Menschengestalt, das man sich meist als kleines Männchen mit Bart u. roter Zipfelmütze, vgl. z. B. den klassischen Gartenzwerg, vorstellt.
Information: Zwerge gibt es unter den verschiedensten Namen und Bezeichnungen auf der ganzen Welt. Unter den zahlreichen Gruppen aus den unterschiedlichsten Kulturkreisen sind vielfache Ähnlichkeiten festzustellen (Heinzel-Wichtel-Erd-Wald-und Wassermännchen, Trolle, Elben, Alfen, Kabiren, Daktylen, Telchinen, Brownies kleines Wesen. Ihre Wohnungen befinden sich in Bergen, Berglöchern, Felsen, in der Nähe von Flüssen, Quellen oder Seen. Oft werden sie als die Hüter des Waldes beschrieben oder ihre Welt ist ein Garten, zu dem nur über unterirdische Gänge hinzufinden ist.
Ihre Kleinheit steht in ambivalentem Verhältnis zu ihren Kräften und Möglichkeiten (Helfer bei der Ernte, im Haus, Stall und Garten). Sie wissen um die Geheimnisse der Natur, weissagen, erahnen Zukünftiges und wissen um Vergangenes. Sie geben Rat und wollen um Rat gefragt sein. Wo sie verachtet werden, werden sie zu Plagegeistern. Auch wollen sie unbeobachtet bleiben, arbeiten in der Regel im Dunkeln. Als solche haben sie auch den Zugang zu Schätzen (Gold, Edelsteine, Erz). Es sind sehr kunstfertige Wesen (Schmiede und Musiker).
Vor allem im Mittelmeerraum (Kabiren, Daktylen), wird eine Nähe zu göttlichen Wesen deutlich. Daktylen sollen die Wiege des Zeus beschützt und später in Eleusis einen Tempel errichtet haben, um Kronos zu besänftigen. Auch seien sie die ersten Weisen, die Lehrer des Orpheus und die Erfinder der musikalischen Rhythmen gewesen, während die Kabiren als geheimzuhaltende Gottheiten und männliche Göttinnendiener galten.
Interpretation: In „Symbole der Wandlung" verweist C. G. Jung auf die phallische Symbolik: „Die bildnerischen Zwerge gestalten im Verborgenen, der Phallus erzeugt ein lebendiges Wesen, und zwar ebenfalls im Dunkeln." Er führt dann weiter aus, dass das phallische Symbol sehr oft für die schöpferische Gottheit stehe wofür Hermes (u. a. Erfinder der Leier) ein treffendes Beispiel sei. Neben den mit großen intuitiven, naturnahen, kreativ-künstlerischen Fähigkeiten begabten Zwergen werden auch solche beschrieben die hoch empfindlich und als solche schnell und anhaltend beleidigt sind. Wieder andere werden als hässliche, absolut bösartige, rachsüchtige Wesen charakterisiert.
Durch ihre Tätigkeit im Dunkeln, ihren Umgang mit den Schätzen der Erde, ihr intuitives Wissen, ihre kreativ-schöpferischen und künstlerischen Begabungen im Sinne phallischer Kräfte verbildlichen Zwerge diese im Unbewussten vorhandenen Möglichkeiten bzw. die Nähe und Vertrautheit schöpferischer Kräfte zum Unbewussten. Das bei Zwergen geschilderte rasche Beleidigtsein könnte der oft festzustellenden Empfindlichkeit kreativ-schöpferischer Menschen entsprechen, die sich mit diesen Begabungen verkannt fühlen, sich ihrer schämen, ängstigen oder glauben, sie nicht leben zu dürfen. Es handelt sich dann meist um gebundene, nicht bewusst gelebte, ambivalent besetzte Potentiale, die „an den Tag gefördert" werden sollten (Zwerge als transzendente Funktion), damit ein im Mutterkomplex gebundenes Potential dem Ich verfügbar werden kann.
Über die hässlichen, bösartigen Zwerge wird deutlich, welch erschütternde, destruktive Wirksamkeit ungelebte Begabungspotentiale haben können. Sie werden dann als dunkle Schattenkräfte gelebt. Gartenzwerge sind heute oft noch ein unbeholfener Ausdruck oder eine Sehnsucht nach den Zwergenpotentialen, die in der Kindheit erträumt wurden.
In Kinderbehandlungen spielen Zwerge, oft auch als Schlümpfe, eine sehr große Rolle. Häufig bei Kindern mit Schulschwierigkeiten und einem großen Phantasiereichtum, der im Alltag zu wenig Beachtung und Resonanz findet. Über das Spiel mit ihnen finden Kinder zu ihren Entwicklungskräften- und Potentialen, die entweder gebunden oder sehr störbar sind. Es bestätigt sich die altbekannte Tatsache, dass verdrängte, nicht gelebte oder mit Schuldgefühlen verwirklichte schöpferische Potentiale psychische Störungen verursachen.
Literatur: Standard
Autor: Laitenberger, Diethild