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Aktuelle Version vom 19. Oktober 2023, 16:51 Uhr

Keyword: Hölle

Links: Jenseits, Nachtmeerfahrt, Teufel

Definition: Hölle stammt etymologisch von ahd. hellia, mhd. Helle ab, und bezeichnet vorchristlich die Unterwelt der Germanen, deren Herrin die Totengöttin Hel ist. Im Christentum wurde sie umgedeutet und gilt nun als ein Ort des unerlöst seins, der Qual und der Verdammnis.

Information: Sie ist mit der Vorstellung ewiger Finsternis assoziiert. Entweder herrschen große Hitze oder extreme Kälte. Vorstellungen von einer Hölle im Sinne eines Ortes der Qual für die Verdammten existieren bei verschiedenen Völkern. Häufig ist sie von einem Ring aus Feuer umgeben oder durch einen Fluss von der übrigen Welt getrennt. Die Flüsse Styx und Acheron grenzen den Hades, die Unterwelt des antiken Griechenland, von der Welt der Lebenden ab. In ihm existieren die Toten als Schatten. Sein unterster Bereich, der Tartaros ist der Ort der Buße für Verfehlungen im Leben (z. B. Sisyphos, Tantalos). Im Christentum ist die Hölle der Ort des Teufels, wie der Himmel der Ort Gottes ist.

Interpretation: Die Mystiker haben Himmel und Hölle nicht buchstäblich als eine obere und eine untere Welt verstanden, sondern siedelten sie, unter Vorwegnahme der Tiefenpsychologie, in der Brust jedes Menschen – in seiner Seele – an (Angelus Silesius). Die Qualen der Hölle sind demnach als seelische Leiden zu verstehen. Die Alchemisten bereiteten dem Stoff, der in chemischen Prozeduren gewandelt und geläutert werden sollte, Höllen- Qualen. Umgekehrt bereitet der Stein (der Weisen) dem Alchemisten Höllen-Qual. Nach C. G. Jung entstammen "die spezifischen und bedeutsamen Entdeckungen der Alchemie der Meditation der eigenen psychischen Vorgänge, welche ihre archetypischen Gestaltungen in den chemischen Stoff projizierten." (G. W. Bd 13, § 443) Es handelte sich dabei also um die schmerzhaften seelischen Prozesse der Individuation, die die Alchemisten ihrem zu wandelnden Stoff bereiteten und zugleich selber erlitten. Das Hinabsteigen in die Hölle. (Höllenfahrt) ist Metapher für den Abstieg in die eigene Seele, wie sie sich im Individuationsprozess vollzieht.

Christus vollendet sich nach seinem Tod und damit sein Erlösungswerk, indem er "hinabgestiegen (ist) zur Hölle, am dritten Tag wieder auferstanden und aufgefahren in den Himmel" (Glaubensbekenntnis beider großen christl. Kirchen).

Im Märchen finden wir häufig den Abstieg oder die Fahrt des Helden oder der Heldin in die Unterwelt (Hölle). Beispiele: "Frau Holle" (der Name weist auf Hel, die germanische Totengöttin hin); "Der Teufel mit den drei goldenen Haaren" (um zu ihm zu gelangen, muss der Held vom Fährmann über einen Fluss gesetzt werden). Beide Märchen zeigen, dass in der Hölle Gold gewonnen werden kann, das schwer erreichbare höchste Gut der geistigen Erneuerung.

Die Sprache bringt die verschiedenen Assoziationen zu Hölle zum Ausdruck: höllische Schmerzen, Höllenqualen, ein höllisches Feuer, höllisch verzwickt, die weiße Hölle u. s. w.

Der Abstieg in die Unterwelt oder in die Hölle kann psychodynamisch als Regressionsprozess mit entsprechend schmerzhaften (qualvollen) innerpsychischen Erfahrungen verstanden werden. Patienten verwenden relativ häufig die Metaphorik der Hölle ("es ist die Hölle"), zur Charakterisierung von depressiven Zuständen, bei Schuldkomplexen und als Zustandsbeschreibung von Zwängen.

Literatur: Standard

Autor: Daniel, Rosmarie