Baum: Unterschied zwischen den Versionen
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Aktuelle Version vom 19. Oktober 2023, 16:51 Uhr
Keyword: Baum
Links: Bios-Prinzip, Kreuz, Leben, Mutter, Große, Phallus, Sarg, Weihnachtsbaum
Definition: Der Baum ist ein ausdauerndes Holzgewächs mit ausgeprägtem festem Stamm, aus dem Äste wachsen, die sich in Laub oder Nadeln teilen.
Information: Die höchsten Bäume sind der kalifornische Mammutbaum (bis 120 m) und der australische Rieseneukalyptus (bis 110 m). Man unterscheidet immergrüne Bäume und laubwerfende Bäume. Die ältesten Bäume scheinen die über 4800 Jahre alte Langlebige Kiefern in den White Mountains in Kalifornien zu sein. In vielen alten Kulturen (z. B. bei den Ägyptern, Germanen, Griechen, Indern und Slawen) finde, sich Baumkulte, in denen Bäume, Baumguppen, heilige Haine und deren Bewohner verehrt werden.
Interpretation: Bäume symbolisieren durch ihre Gestalt und ihr Wachstum die Entwicklung des Menschen und mit ihrer grünen Farbe das vegetative Leben der Natur. Die Gestalt des Baumes mit seinen Wurzeln in der Erde, dem aufsteigenden Stamm und der zum Himmel strebenden Krone ist ein Sinnbild für die Verbindung zwischen Himmel und Erde.
Ferner steht die Symbolik oft im Zusammenhang mit dem Weltbild einer Kultur, indem die Krone auf die geistige Dimension verweist, der Stamm auf das irdische Leben der Menschen und die Wurzeln auf die Unterwelt hinweisen. In der mythologischen Vorstellung vom Weltenbaum symbolisiert er die Weltachse, wie z. B. die immergrüne Weltesche Yggdrasil.
Die indische Weltanschauung, die kabbalistische Mystik (Kabbala) sowie weitere mythologische Vorstellungen kennen die Symbolik von einem umgekehrt wachsenden Baum, bei dem sich die Äste unter der Erde ausbreiten und die zum Himmel ragenden Wurzeln anzeigen, dass alles Seiende und alles Leben sich aus der geistigen Dimension entfaltet.
Fruchttragende Bäume werden bei vielen Völkern als weiblich bzw. als mütterliche Symbolik verstanden. In diesem Kontext ist auch die mythologische Vorstellung von der Geburt der Kinder aus Bäumen zu verstehen. Ferner gehört dazu die Todessymbolik, indem in alten Kulturen Tote in Bäumen bestattet werden. Auch der Sarg in unserer Bestattungskultur entspricht dieser Symbolik.
Die weiblich-mütterliche Bedeutung des Baumes hebt auch C. G. Jung hervor, indem er schreibt: "Dem Baume kommt als Stätte der Wandlung und Erneuerung weiblich-mütterliche Bedeutung zu" (Jung, GW 13 § 418). Ferner zählt Jung folgende Bedeutungsaspekte des Baumsymbols auf: "Die durchschnittlich häufigsten, auf den Sinn bezüglichen Assoziationen sind wohl Wachstum, Leben, Entfaltung der Form in physischer und geistiger Hinsicht, Entwicklung, Wachstum von unten nach oben ( [...] , der Mutteraspekt (Schutz, Schatten, Dach, Früchte zur Nahrung, Lebensquelle, Festigkeit, Dauer, Verzweiflung, auch: nicht-von-der-Stelle-können), Alter, Persönlichkeit und schließlich Tod und Wiedergeburt" (GW 13 § 350).
Die Märchen der Menschheit sind voller Symbolbezüge zwischen Menschen und Bäumen. Als Beispiel sei der Apfelbaum von Frau Holle genannt, der geschüttelt werden möchte, damit die reifen Früchte geerntet werden können. In dem Märchen "der Tannenbaum" vergleicht Andersen den unzufriedenen Menschen mit einem Baum, der durch sein Streben nach falschem Glanz ins Verderben stürzt. Die Identität von Mensch und Baum und die damit verbundenen Möglichkeiten zur Selbsterkenntnis erzählt das Märchen "Die zwei Brüder". Der eine Bruder kann den anderen nicht direkt erkennen, sondern nur durch die Symbolik des Baumes. So verschafft der Baum den Zugang zu dem unbewussten Anteil in sich selbst, der bisher auf den Bruder projiziert wurde.
Im Brauchtum gibt es eine weit verzweigte Symbolik der Bäume als Maibaum und Weihnachtsbaum. Letzterer hat sich erst im 19. Jh. eingebürgert und geht auf den alten Brauch zurück, in den sogenannten Rauhnächten (25. Dezember – 6. Januar) grüne Zweige in den Häusern aufzuhängen und Kerzen anzuzünden, um dunkle Mächte abzuwehren.
Der Freiheitsbaum bekam in Zusammenhang mit Revolutionen eine symbolische Bedeutung. Er wurde zuerst im amerikanischen Unabhängigkeitskrieg aufgestellt und später bei den Revolutionen in Frankreich und 1848 in Deutschland.
In alten Zeiten hatten die Kult- und Orakelbäume eine religiöse Funktion, indem man glaubte, dass sie von guten und/oder bösen Baumgeistern bewohnt wurden. Die Germanen vernahmen im Rauschen des Windes in den Eichen die Stimme Wotans. Im Christentum wurde Christus häufig im Lebensbaum dargestellt.
Die Symbolik der Bäume bekommt durch die verschiedenen Arten noch eine weitere Differenzierung, indem Charaktereigenschaften und Wesensmerkmale der Menschen zu Bäumen in Beziehung gesetzt werden. Einige Beispiele mögen diese Zusammenhänge veranschaulichen. Seit der Antike sind die Eichen mit ihrem harten und dauerhaften Holz ein Sinnbild für die Festigkeit, Kraft, Beharrlichkeit und Männlichkeit.
Ein Gegenbild zur männlichen Eiche ist die als weiblich empfundene Linde, die als Liebesbaum diente. Ähnlich wie der Kirschbaum mit seinen zarten Blüten und roten Früchten.
Der Ölbaum ist ein Symbol des Segens und ein Zweig desselben zeigt nach der Sinnflut die Versöhnung und den Frieden zwischen Gott und den Menschen an. Die immergrüne Palme war in der Antike ein Symbol für das unsterbliche Leben. Palmzweige wurden als Siegessymbole beim Einzug in eine eroberte Stadt benutzt, wie auch beim Einzug Jesu in Jerusalem. Frühchristliche Grabsteine wurden mit einem Palmzweig geschmückt. Ferner ist die Palme ein beliebtes Märtyrerattribut.
Schließlich sei noch die Zeder genannt, die zum Symbol des Erhabenen, der Kraft und des Hohen wurde. Im Gilgamesch-Epos besiegt der Held den bösen Bewacher des Zedernwaldes. In der biblischen Überlieferung gibt es zahlreiche Vergleiche der Menschen mit Bäumen. So heißt es in Psalm 92, 13: "Der Gerechte wird grünen wie ein Palmbaum, er wird wachsen wie eine Zeder auf dem Libanon."
Die Blätter der Bäume haben durch die Produktion von Sauerstoff für den Bronchial-Baum des Menschen und die Lungen aller Lebewesen eine existenzielle Bedeutung, indem alle die Luft zum Leben brauchen. Ferner gibt es eine Ähnlichkeit zwischen den Strukturen unseres Ader-Systems und die Verästelung in den Nerven. Aus diesen Beziehungen zwischen Menschen und Bäumen dürfte die Vielgestaltigkeit der Baum-Symbolik deutlich werden. In der Traumarbeit verweisen gesunde und blühende Bäume auf gesundes Leben, ein abgehauener und sterbender Baum auf die notwendige Auseinandersetzung mit Sterben und Tod.
Literatur: Standard, Hark (1986)
Autor: Hark, Helmut