Technik: Unterschied zwischen den Versionen

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Aktuelle Version vom 19. Oktober 2023, 16:52 Uhr

Keyword: Technik

Links: Alchemie, Bauwerk, Eisen, Energie, Feuer, Maschine, Metall, Schöpfung, Stein, Waffe, Werkzeug

Definition: Technik (aus frz. technique, von lat. technica, Kunstwesen, Anweisung zur Ausübung einer Kunst oder Wissenschaft; griech. technikos, kunstvoll, sachverständig; griech. techne, Handwerk, Kunstwerk, Kunstfertigkeit, Wissenschaft) bezeichnet 1. Kenntnisse, Verfahren, Maßnahmen, Einrichtungen, die dem Menschen dazu dienen, die Erkenntnisse der Naturwissenschaften für sich zu nutzen, indem er die Natur umgestaltet und zu verändern sucht; 2. technische Ausrüstung, - Einrichtung, - Anwendung, - Beschaffenheit etc. 3. Methode des Vorgehens z. B. beim Sport, Handwerk oder in der Kunst.

Information: Das in der 2. Hälfte der 20. Jhs. vermehrt verwendete Wort Technologie (d. h. eigentlich die einer Technik, also Kunst oder Wissenschaft gemäße Begrifflichkeit oder Abhandlung und die in ihr steckende Vernunft, der in ihr steckende Geist) meint 1. die Wissenschaft von der Entwicklung und Herstellung bestimmter Produkte durch Anwendung technischer Erkenntnisse (z. B. Nanotechnologie); 2. die Gesamtheit der nötigen Prozesse, die zu einem Produkt führen.

Technik hat das Überleben der Spezies Mensch seit der Herstellung von Werkzeug und der gezielten und wiederholten Übung von Fähigkeiten und Fertigkeiten gesichert und hat ganz allgemein die Aufgabe, das Wohl der Menschen zu fördern. Technik ist archetypisch, d. h. zur Wesensart des Menschen gehörend, und durchzieht alle Lebensbereiche: Menschen sind bestrebt, sichernd, spielend, betend, kunstvoll und kunstfertig sich und die Welt zu gestalten, von den Sachen um sie herum und von sich selbst etwas zu verstehen, den Dingen auf den Grund zu gehen, sich in den unterschiedlichen Wissens- und Sachgebieten oder -feldern, in Fachbereichen oder Fächern kundig zu machen, sie zu verstehen und zu handhaben und brauchen für all das Technik und Techniken.

Religiöse und magische Rituale bzw. Techniken, wie Opferung von Menschen und Tieren, Opfergaben, Kriegstänze, ebenso Metidation u. v. m können als frühe psychisch-geistige Techniken verstanden werden, die dem Überleben und der effektiveren Beherrschung der Natur dienen, ebenso wie die naturwissenschaftliche Technik.

Jede Art von technischem Verhalten zeugt davon, dass der Mensch nicht nur in der Gegenwart lebt, sondern von der Vergangenheit und deren Problemlösungen weiß und eine Zukunft antizipiert, für die er gerüstet sein und in der er seine Träume, Sehnsüchte und Wünsche leben will.

Homo habilis, der "geschickte" Frühmensch hat vor mehr als zwei Millionen Jahren Werkzeuge hergestellt, also über technische Intelligenz verfügt. Werkzeuggebrauch stellt die erste Technik dar und gehört seither zur Kultur des Menschen, ist geradezu ein Kennzeichen für das Menschsein. Erst etwa eine Million Jahre später kann der Mensch das Feuer bewahren und als Werkzeug nutzen, 500.000 Jahre später es erzeugen. Beides führt zu einer radikalen Entwicklung seiner Fähigkeiten, seines Bewusstseins, seines Selbstbewusstseins und seines Andersseins gegenüber der übrigen Natur. Nun beginnt er, natürliche Materialen zu verschmelzen, zu trennen, in neue Aggrgatzustände zu überführen, bessere Nahrung zu bereiten, künstliche Stoffe zur Herstellung von Geräten und Baustoffen zu erzeugen.

Technik im Sinne von derart durchorganisierten, vorausschauenden Maßnahmen, mathematischen Berechnungen und planmäßigen Eingriffen, wie wir sie im modernen technischen Zeitalter kennen, unterscheidet sich wesentlich davon, wie vor Beginn der sog. Hochkulturen technische Ideen und Erkenntnisse genutzt wurden. Sesshaftigkeit und Ackerbau, die entscheidende Umwälzung der vor mehr als 10.000 Jahren beginnenden Jungsteinzeit, erfordert und entwickelt neue Sozial- und Wirtschaftsformen, ein neues, unabhängigeres, abstrakteres und reflexiveres Denken. Damit beginnt die Beschleunigung der Technik mit Arbeitsteilung und -planung, Warenproduktion, Handel, Vorratshaltung und Konsum. Entstehung von festgefügter sozialer Gruppe und Staat, Kultur und Technik finden hier ihren Anfang, auch wenn es bis zur stählernen Maschinerie der Industrialisierung mit der extremen Entfremdung des Menschen und der Umweltzerstörung einerseits und der fast unbegrenzten Möglichkeiten, alte Träume wie das Fliegen umzusetzen, noch weit ist.

In der allmählich wachsenden Bevölkerung und der beginnenden sozialen Organisation in Städten entwickeln sich seit der Jungsteinzeit Spezialistentum und Abstraktionsfähigkeit, die es ermöglichen, Techniken bzw. Fähigkeiten und Fertigkeiten kunstvoll zu verbessern, indem die bekannten Werkzeuge verbessert und spezialisiert werden.

In der frühen Technik ist der Kraftaufwand und die geforderte Geduld, Motivation und Hartnäckigkeit zur Erreichung seiner Ziele für den Menschen noch immens. Andere als seine eigene Energie (griech. energeia, wirkende Kraft; nach Aristoteles die Wirkraft, durch die Mögliches in Seiendes übergeht; in der Physik die Fähigkeit eines Stoffes, Körpers oder Systems, Arbeit zu verrichten) steht ihm bei seinen Techniken und seinen Werkzeugen zu Beginn der Jungsteinzeit noch nicht zur Verfügung. Je besser die Technik, eigene Energie einzusparen, sich entwickelt, um so mehr Energie kann dem Menschen für andere Tätigkeit zur Verfügung stehen. Er kann seine Energien immer mehr auf geistige Durchdringung und individuellen Ausdruck verlegen und gewinnt zunehmend an Freiheit gegenüber seinen biologischen Aufgaben. Die Erfindung des Rades vor etwa 5000 Jahren - die erste bekannte Erfindung, die nicht aus der Natur abgeschaut ist - und die etwa zeitgleich nachzuweisende Domestikation und Nutzung von Tieren und deren Kraft sowie die Erfindung des Pfluges im Übergang zu den Metallzeiten sind bahnbrechend für die Entstehung der technischen und künstlichen Welt, wie wir sie heute kennen: In den frühen Hochkulturen werden u. a. Landstriche kultiviert, Bewässerungssysteme entwickelt, Städte, Befestigungsanlagen, Schiffe Tempel und Pyramiden gebaut, Bergbau betrieben und Schmuck geformt.

In der Antike ermöglichen die neuen Techniken der Metallverarbeitung neue Werkzeuge und Waffen, die Architektur, Straßen- und Brückenbau erleben erste Höhepunkte. Im Mittelalter wird auf der Suche nach Energie zunächst der gezielte Einsatz von Tier-, Wind- und Wasserenergie vorangetrieben, Hochofen, Geschütze, schwere Kampfmaschinen und Buchdruck werden erfunden. In der Renaissance werden bisher verlorengegangene auch nicht verstandene oder nicht beachtete mathematische, naturwissenschaftliche und technische Erkenntnisse der Antike wiederentdeckt und verstanden; das neuzeitliche wissenschaftlich-technische Denken beginnt, bekanntester Vertreter: Leonardo da Vinci. Im 16. Jh., der Zeit der großen Entdeckungen und der Entstehung der ersten absolutistischen Staaten, entstehen Manufakturen, die Vorläufer der Fabriken. Das 17. Jahrhundert ist geprägt von der Physik, das 18. Jh. von der Erfindung der Dampfmaschine und der Nutzbarmachung von Energien. Im 19. beginnt die Industrialisierung (lat. industria, Fleiß, Betriebsamkeit) in Westeuropa, die Technik der Verbrennungsmotoren und die Elektrotechnik. Im 20. Jh. findet eine zunehmende Spezialisierung in Einzeltechniken und -technologien statt, die Industrialisierung wird weltweit. In Anlehnung an die Französische Revolution wird die Industrialisierung von Historikern als industrielle Revolution bezeichnet, um den grundlegenden Wandel benennen zu können, der seither in Europa, Amerika und allmählich auch in den anderen Kontinenten beginnt.

Interpretation: Durch Arbeitsteilung und Fließband, Spezialisierung, Mechanisierung und Rationalisierung erleben viele moderne Menschen eine so schnelle und radikale Umwälzung der alten Lebens- und Wirtschaftsformen, dass sie die Technik als Feind empfinden. Wenn ihr mechanischer Webstuhl durch die Webmaschine ersetzt wird und die Zunft der Weber damit ins Elend stürzt, die Rationalisierung und Automatisierung danach trachtet, den Menschen weitestgehend zu ersetzen, ihn zwingt, Familie und Heimat zu verlassen, um irgendwo in einer Stadt Arbeit zu finden, dann entfaltet die Technik ihre entwurzelnde und entfremdende Dyanmik. Millionen von Lebewesen sind durch moderne technische Entwicklungen - nicht nur in zwei Weltkriegen - gestorben oder von ihnen geschädigt worden. Seither haben Menschen das Gefühl, den Überblick über sich und ihre Welt zu verlieren, überrollt zu werden. Die Menschen verlieren den Bezug zu den von ihnen hergestellten Produkten und ihrer natürlichen Umwelt. K. Marx spricht von Entfremdung.

Während Entfremdung in der hegelschen Philosophie distanzierend-bewusstseinsschaffende Wirkung hat, sieht Marx in der Entfremdung zwischen arbeitendem Menschen und Endprodukt einen schweren Verlust, der psychologisch darin liegt, dass der Mensch sich in seiner Arbeit nicht mehr ausdrücken und positiv spiegeln kann. Im Spiegel der Arbeit kann ihm bewusst werden, dass er "nur ein kleines Rädchen im Getriebe" ist. Solche Arbeit erscheint nur noch begrenzt lust- und sinnvoll und sein Bedürfnis nach Selbstausdruck und Effektivität, nach Sinn und Bestätigung muss der Mensch nun vermehrt in anderen Lebensbereichen befriedigen. Bei zunehmender Verringerung der Arbeitszeit und Verbesserung des individuellen Wohlstandes, erfolgt eine zunehmende Trennung von Arbeit und übrigem Leben. Freizeit als Abwesenheit von Arbeit und materieller Wohlstand rücken in den Mittelpunkt dessen, was eine sinnvolle und lustvolle Existenz ermöglichen soll. Aus der wunderbaren Fähigkeit des Menschen zur Flexibilität, zum Wandel und zur Anpassung, die er mit der Technik weiter entwickelt hat, ist ein immenser Druck geworden. Technik wird im 20. Jahrhundert deshalb mehr und mehr ein abwertender Begriff für eine gefürchtete Industrie und ihre künstlichen Produkte.

Aus diesen Erfahrungen - und kompensatorisch zur bis in die Anfänge des 20. Jhs. reichende fast ungebrochene Vernunfts-, Fortschritts- und Technikgläubigkeit und der Machbarkeitsfantasie der meisten Wissenschaften und der breiten Bevölkerung - beginnt sich dem früheren Optimismus der Technik gegenüber eine von Skeptizismus, Angst, Gefährdung und Untergang geprägte Technikkritik zu entwickeln. Skeptisch lässt Fontane in seiner Ballade “Die Brücke am Tay” (1880) die Naturgewalten sprechen, "Tand, Tand ist das Gebilde von Menschenhan" nachdem sie die Brücke haben einstürzen lassen. Im Mythos und Untergang der Titanic geht nicht nur das als unsinkbar bejubelte Schiff unter, sondern auch die mit ihm verbundenen Allmachtsfantasien werden erschüttert. Nationalsozialistischen und kommunistischen Diktatoren gelingt es in den 20er und 30er Jahren mit rückwärtsgewendeten, die Vergangenheit romantisierenden Ideologien unter Einsatz moderner Medientechnik und moderner Waffentechnik mit menschenverachtenden Technokraten und Apparatschiks Diktaturen aufzubauen.

Verstärkt beginnen Künstler und Intellektuelle sich mit dieser Situation auseinanderzusetzen. A. Huxley ("Schöne neue Welt", 1932) und G. Orwell (1949) in "1984" beschreiben Kollektive, in denen technokratische, diktatorischen Regime die zur Verfügung stehenden technischen Möglichkeiten, die Menschen zu überwachen und zu manipulieren, bedenkenlos nutzen.

Menschenrechtler, Datenschützer, Kirche, Politik, Wissenschaft, Philosophie und Ethik reflektieren seit einigen Jahrzehnten die Möglichkeiten der Technik im Zeitalter des Atoms, der Medien, des Internets und der Gentechnologie. Sie beschäftigen sich mit Fragen der Anwendungen und Auswirkungen moderner Technik und versuchen, Kriterien zur Bewertung und Steuerung der scheinbar wild wuchernden Technologien zu erarbeiten: Vor- und Nachteile, Nutzen und Schaden, Chancen und Gefahren sollen z. B. in nationalen und übernationalen Ethikkommissionen abgewägt werden. Dient eine Technik dem Wohl aller? Wie soll mit "dual-use-Technik", d. h. sowohl zivil wie auch miliärisch nutzbare Technik umgegangen werden? Wie soll mit den Ressourcen umgegangen werden? Wie weit darf in die Ökologie der Erde eingegriffen werden? etc.

M. Heidegger formuliert in seinem Spätwerk ab den 60iger Jahren seine Einsicht, dass Technik den Menschen entfremde und ihm ermögliche, durch Zerstreuung und Oberflächlichkeit den eigentlichen Fragen seines Seins auszuweichen. Um diese Entfremdung aufzubrechen, müsse der Allmachtsanspruch der Technik bewusst gemacht werden. Ähnlich wie C. G. Jung und E. Neumann kommt er zum Ergebnis, dass den Wissenschaften wieder andere Erkenntnismöglichkeiten entgegengestellt werden sollten. Für Heidegger ist es speziell die Dichtung.

Die Analytische Psychologie sieht auch die anderen menschlichen Grundtätigkeiten wie das Spiel, die Religion, die schöpferische Arbeit im weiteren Sinne und den Individuationsprozess als solche Zugangsweisen an. In jeder schöpferischen Tätigkeit, in der das Bewusstsein und das schöpferische Unbewusste sich durchdringen, besteht die Möglichkeit, die von positivistisch-materialistischer Wissenschaft und Technik vereinseitigte und vergewaltigte Welt und Psyche wieder offen werden zu lassen. Die Analytische Psychologie steht deswegen auch spirituellen und transpersonalen Ansätzen offen gegenüber, weil sie kompensatorische Kräfte enthalten. Es geht dabei aber nicht so sehr darum, neue Techniken zu erwerben, sondern über das symbolische Auffassen mit archetypischem Erleben in Beziehung zu kommen und dadurch Wandlungsmöglichkeiten zu entdecken. Jung und Neumann betonen dabei immer wieder, dass es nicht um Regression im Sinne eines rückwärts gewandten Wiederherstellens von kindlichen und einfachen Ich-Zuständen geht. Das ist genau so wenig möglich, wie es möglich ist, die technische Entwicklung ungeschehen zu machen, das Rad zurückzudrehen. Es geht eher darum, einem komplexen Ich-Bewusstsein den Zugang zum unbewussten Kosmos bzw. zum Selbst zu ermöglichen, damit es in die Lage versetzt wird, das, was es dort erfährt, aufgrund seiner basalen kreativen Fähigkeiten ursprünglicher, ganzheitlicher, bewegter in das Licht des Bewusstsein und seiner technischen Wirklichkeit zu transportieren.

Die Schwierigkeit, des modernen Menschen, sich dem eigenen Körper und seinem schöpferischen Unbewussten zu nähern, zeigt sich am Ende des 20. Jhs z. B. so: Menschen lernen Entspannungstechniken, meditative Lauftechniken, Atemtechniken und weitere Techniken zum Wiedererlernen dessen, was Menschen ursprünglich, quasi automatisch, zur Verfügung steht, Es scheint so, als hätten sie in ihrer Sozialisation andere Fähigkeiten automatisieren müssen, die in ihrer Welt höher geschätzt werden. Sie sind eifrig und betriebsam geworden, wie die Industrie das erfordert (lat. industria: Eifer, Fleiß, Betriebsamkeit). Sie stehen unter Druck, ihre bewusste konzentrierte Aufmerksamkeit immer wieder zu aktivieren und haben eine hohe Fähigkeit im Umgang mit Stress und Kontrolle erworben. Entspannen gehört nicht mehr zu den automatisierten Grundtechniken im Umgang mit sich und dem Körper.

Im “Untergrund” der Jugendbewegungen wird seit der Hippie-Kultur und der Beat- und Rockmusik regelmäßiger Konsum von psychoaktiven, psychedelischen, bewussstseinsverändernden Drogen propagiert. Hippies, Blumenkinder werden sie auch genannt, verstehen sich als "love-generation". Mit Techno, einer ab den 80er Jahren des 20. Jhs. entwickelten "technischen" Richtung der Popmusik, die ausschließlich mit elektronischen Instrumenten und Computern erzeugt wird und einen aggressiven Rocksound hervorbringt, kommen Techno-Parties und Raves in Mode: In Großstädten bringen als Demonstrationen angemeldete Umzüge wie die "Love-Parade" in Berlin mehrere hunderttausend Teilnehmer dazu, mit Technomusik durch die Straßen zu ziehen. Zur Musik und den Parties gehört die sogenannte Designer-Droge Ecstasy, die "entaktogene", d. h. das Innere berührende Wirkungen hat, das Erleben insgesamt intensiviert, vor allem ein Gefühl von Nähe, menschlicher Wärme, Liebe und Harmonie erzeugt.

Die Techno-Generation holt sich sozusagen mit Hilfe der Technik künstlich die Menschlichkeit zurück, die scheinbar mit der Technisierung verloren gegangen ist. Sie benutzt Maschinen zur Erzeugung von lauter, sich ständig wiederholender rhythmischer Musik und Lichtphänomenen, die an Urlichter oder kosmische Lichter erinnern. Das Ich verschmilzt uroborisch mit der Gruppe und der Umwelt draußen wie mit seinen eigenen Emotionen, Affekten, Triebimpulsen, Gedanken. Es erlebt Harmonie und Ambivalenz, das paradoxe Nebeneinander von dem Bewusstsein scheinbar unvereinbaren Gegensätzen wird erlebbar. Der Mensch erlebt seinen Körper neu und entdeckt wieder, dass er und seine Bewegungen gleichermaßen von ihm wie von der Musik, dem Licht und der Gruppe beeinflusst werden, dadurch wie sehr er mit seiner Umwelt verbunden ist.

Solche kollektiven, zur aktuellen Bewusstseinshaltung kompensatorische Bewegungen signalisieren einerseits eine regressive Rückzugstendenz, andererseits auch eine proogressiv-finale Energie und die Suche nach Wandlung in der technischen Welt. Sie müssen aber verstanden und aktiv weitergestaltet werden, wenn daraus nicht eine Weltflucht und ein krankhaftes Suchtverhalten der Einzelnen fixiert werden soll. In Entwicklungen wie Techno zeigt sich, dass für Menschen, die in einer technisierten Welt aufgewachsen sind, die elektronische, künstliche Musik oder andere technische Hilfsmittel genutzt werden können, um wieder in Kontakt mit der ebenso archaischen wie schöpferischen Psyche zu kommen.

Auch die Fantasy-Spiele im Computer, das Chatten im Internet und das allgegenwärtige Handy können kompensatorische Suche sein, nach dem, was der Seele im Zeitalter der Technik fehlt. Wie das bis zur Entstehung des Internets von kritischen Pädagogen und Technikkritikern verteufelte Fernsehen, transportieren sie nicht nur negative Vorbilder und Gewalt, sondern Wissen und vielfältigste, den eigenen Horizont erweiternde Anregungen in die Psyche der Benutzer und Betrachter.

Literatur: Standard

Autor: Müller, Anette