Angst: Unterschied zwischen den Versionen
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Aktuelle Version vom 19. Oktober 2023, 16:51 Uhr
Keyword: Angst
Links: Affekt, Emotion, Komplex, Regression
Definition: Die Angst (mhd. angest, ahd. angust, eigtl. = Enge, verw. mit eng) ist ein Gefühlszustand, der mit Beklemmung, Bedrückung und Erregung einhergeht.
Information: Angst signalisiert, dass eine Gefahr droht. Die Bedrohung kann von innen oder von außen kommen und die mit ihr verbundene Angst äußert sich in einem unangenehmen Spannungs- und Erregungsanstieg, in Befürchtungsfantasien, in der Einschränkung verschiedener psychischer Funktionen (z. B. Wahrnehmung, Gedächtnis, Denken), in Körperreaktionen (z. B. erhöhter Pulsschlag, Atemnot, Schweißausbruch, gesteigerte Blasen- oder Darmtätigkeit) und im Verhalten (z. B. Erstarrung, Fluchttendenzen, Regression oder Aggression).
In der Psychologie kennt man verschiedene Angstformen, z. B. die Todesangst, die Angst vor dem Verlust einer Beziehung oder vor dem Verlust der Liebe eines Menschen, die Trennungsangst, die Angst vor Nähe oder die Angst vor bedrohlich erscheinenden Tieren (Hunde, Schlange, Spinne), die Angst vor anderen Menschen (soziale Phobie), zu engen Räumen (claustrophobie) oder Plätzen (agoraphobie)
Träume mit Angstinhalten werden als Albträume bezeichnet. Ein Alb ist nach dem Volksglauben ein menschen- oder tierähnliches Wesen, das nächtliche Beklemmungszustände verursacht. Sie treten verstärkt bei seelischen Krisen und einschneidenden Entwicklungsphasen auf, können aber auch körperliche Ursachen haben (z. B. nächtliche Atemnot oder Herzbeschwerden).
In der Fachsprache der Psychologie und Philosophie wird meist zwischen Angst als unbegründet, nicht objektbezogen und Furcht als objektbezogen differenziert; in der Allgemeinsprache werden beide Wörter aber meist synonym verwendet.
Interpretation: Angstzustände symbolisieren sich in allen Gestaltungen und Ereignissen, die wir mit einer Bedrohung, mit dem Erleiden von körperlichem wie seelischem Schmerz, mit einer Einschränkung unserer Freiheit, unserer Lebendigkeit und Selbstbestimmung verbinden: Verfolgt und angegriffen werden von gefährlichen Wesen und Mächten, Teufeln, Dämonen, Ungeheuern, Tieren (Raubtiere, Schlange, Spinne), Verbrechern, Mördern; sich in fremden Landschaften, Wäldern, Städten, Labyrinthen oder den tiefen Weiten des Weltalls verlieren; sich ausweglosen Situationen ausgesetzt erleben: der Dunkelheit eines Abgrunds oder eines schwarzen Gewässers, der schwankenden Höhe eines Baumgipfels oder dem schmalen Grat eines Berges; eingesperrt in eine viel zu enge Räumlichkeit, ein Gefängnis, einen Sarg; Unfälle, Krankheit, Todeserfahrungen, seine Identität und Herkunft nicht mehr kennen; sich ausgestoßen, einsam, ungeliebt zu fühlen, in moralischer oder leistungsmäßiger Hinsicht versagt zu haben, gedemütigt, ausgelacht zu werden und dann voller Scham- und Schuldgefühle zu sein.
Farben, die häufig mit Angstzuständen verbunden werden sind Schwarz (Unbekanntes, Tod) und Rot (Blut, Feuer), sowie alle zu dunklen oder zu grellen Farben, weil wir diese Farben entweder mit einer Einschränkung unserer Lebendigkeit oder einer Überreizung und Überflutung unserer Verarbeitungsfähigkeit verbinden.
Angst zu erleben, auszuhalten und die mit ihr verbundenen Einschränkungen schließlich mutig zu überwinden: Das ist das Thema fast aller Märchen, Mythen und Dramen der Menschheit (Heldenmythos, Drachenkampf). Hier finden sich auch viele praktische Hinweise für einen guten Umgang mit der Angst; es werden hilfreiche Begleiter, Freunde, Tiere, weise Menschen gesucht, man macht sich mit dem Gegner oder der Gefahr vertraut, man trainiert seine kämpferischen Fähigkeiten, man übt, in gefährlichen Situationen entspannt, besonnen und "kühl" zu bleiben und die angemessene Abwehrstrategie zu finden. Das kann in dem einen Fall die Flucht und das Vermeiden der Gefahrensituation sein, im anderen Fall der Kampf und die Aggression oder auch der Einsatz von List, Humor und kreativen Ideen.
Literatur: Kast (1996): Vom Sinn der Angst, Standard, Strian (1995)
Autor: Müller, Lutz