Butter

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Keyword: Butter

Links: Appetit, Brot, Essen, Nahrung, Milch

Definition: Butter (ahd. butera, aus bous: Kuh, Rind; mhd. buter) bedeutet ursprünglich Quark aus Kuhmilch und ist ein aus den Fettklümpchen der Milch gewonnenes hochwertiges Fett, das beim Kochen, Backen und in der kalten Küche Speisen wohlschmeckend macht und verfeinert.

Information: Butterherstellung gibt es seit es Viehzucht gibt, erste Darstellungen gibt es bei den Sumerern im dritten Jahrtausend vor Christus. Die süßlichen Fettklümpchen der Milch setzen sich als Sahne auf der Milch ab und werden abgeschöpft. Die Sahne ist früher im Butterfass zu Butter gestoßen worden, ein Prozess, der Geduld, Sorgfalt und Anstrengung bedarf und an dessen Ende ein ursprüngliches, hochwertiges, nahrhaftes, kräftigendes, aber leicht verderbliches Lebensmittel steht. Aufgrund des hohen Gehalts an fettlöslichen Vitaminen ist Butter eines der wertvollsten Lebensmittel, sehr cholesterinreich. Sowohl zur Herstellung wie auch zur Aufbewahrung ist Kälte erforderlich. Auch andere fette "Genüsse" bekommen die Zusatzbezeichnung Butter (Erdnussbutter, Kakaobutter). Kräftig gelb blühende Wiesenblumen, vor allem Hahnenfuß und manchmal Löwenzahn werden volkstümlich Butterblume genannt. Die industriell hergestellte Margarine und andere moderne kalorienreduzierte Brotaufstriche haben Ersatzcharakter und werden im Geschmack oft am Geschmack der Butter gemessen.

Ähnlich der Butter, vielleicht noch stärker als sie, ist Sahne und ihre französische Schwester Creme fraiche üppige Lustnahrung, Freude, eigentlich verzichtbar, aber so zart verfeinernd und verführerisch, dass ihr nur schwer zu widerstehen ist, besonders in manchen klassisch gewordenen Kuchen- und Süßspeisen (Erdbeer- oder Pflaumenkuchen mit Sahne) und im Sahneprodukt Eis, das in der Werbung und in Fantasien der Menschen Assoziationen wie Sommer, Sonne, Süden, Strand, Freude, Ausspannen und auch Erotik und Sexualität hervorruft.

Interpretation: Mit Butter ist in den Erinnerungen und Fantasien vieler Menschen eine Ambivalenz verbunden. Butter zu haben ist ein Grundbedürfnis und zugleich ein Luxus. "Die gute Butter", verfeinert das "liebe Brot" wie auch jedes andere – feine oder deftige Essen. Butter anstatt Margarine verwenden zu können, ist Zeichen von Wohlstand und Üppigkeit. Mit Butter muss auf jeden Fall sorgsam umgegangen werden, "es muss noch ein bisschen Butter dazu, oder ein Flöckchen", sagen Koch bzw. Köchin bezeichnenderweise.

Butter steht jedem Menschen zu, nur "Verbrecher im Zuchthaus" werden mit "trocken Brot und Wasser" ernährt. Ein Butterbrot ist zugleich eine Köstlichkeit wie auch ein einfaches, urkräfigendes Grundnahrungsmittel. Butter gilt zudem als "Nervennahrung". Duftendes Buttergebäck (z. B. zu Weihnachten), Butterkeks (z. B. wenn man krank ist), frischer Butterkuchen (an der Sonntagskaffeetafel) sind köstliche Süßigkeiten und Buttercreme (in der Geburtstagstorte) ist "eine süße Sünde", aber wegen ihrer Kalorienhaltigkeit oft gefürchtet. Für ein wenig frische Butter, Brot, Eier und Speck haben die Bewohner der zerbombten deutschen Städte nach dem 2. Weltkrieg sogenannte Hamsterfahrten auf das Land unternommen und ihre bewegliche und entbehrliche Habe eingetauscht. Butterfahrten, manchmal auch Kaffeefahrten sind vor der ausgedehnten Zollfreiheit in Europa organisierte Tagesausflüge genannt worden, bei denen man billig in das Gebiet eines Nachbarstaates fahren und zollfrei einkaufen konnte.

Redensarten mit Butter gibt es einige: Wenn alles in Butter ist, ist alles in bester Ordnung. Fällt hingegen etwas auf die Butterseite, so ist das vorteilhaft. Und wird jemand aufgefordert, Butter an die Fische zu geben, soll er keine halben Sachen machen. Wenn jemand nicht fest zu seiner Meinung stehen kann oder leicht verführbar ist, dann schmilzt er wie Butter in der Sonne oder ist hart wie Butter. Wenn man mit jemandem nicht sorgsam oder behutsam umgeht, wie man das mit der frischen Butter tun muss, dann buttert man ihn unter und wenn man sein Vermögen oder viel Geld in eine Idee steckt, buttert man es hinein. Jemandem nicht die Butter auf dem Brot zu gönnen, bedeutet missgünstig und habgierig zu sein. Lässt man sich hingegen die Butter nicht vom Brot nehmen, dann lässt man sich nichts gefallen. Wer für ein Butterbrot arbeitet, bekommt einen kärglichen Lohn. Bekommt man etwas aufs Butterbrot geschmiert, bekommt man etwas immer wieder etwas vorgehalten oder vorgeworfen. Liegt der Kamm neben der Butter, so ist ein Haushalt in Unordnung und "Butterberge" sind Zeichen für die Schattenseite der EG-Agrarwirtschaftspolitik.

Butter (wie auch Sahne) wird manchmal von Menschen abgelehnt, die Konflikte mit ihrer Oralität, mit Bios (klangliche Assoziation bei Butter ist oft das Reimwort Mutter; assoziiert werden rasch Kuh, Euter, Milch, Melken, Stall, Landleben) haben. Jemand kann dann vielleicht an einer Ess-Störung leiden oder Konflikte mit der durch Butter ausgedrückten Lebenshaltung der Fülle, des Reichtums und der Üppigkeit haben. Gemieden wird sie auch, weil Butter traditionell bürgerliche deutsche Küche, fette deutsche Soßen, braune Butter über Kartoffeln, schwarz-weiße Buttercremetortenberge, oder Kaffeeklatsch – "aber bitte mit Sahne" – assoziiert, damit fette, übermäßig essende, dickbäuchige, bürgerliche Menschen, die ihre Oralität ungehemmt ausleben und vielleicht im Essen die einzig noch verbliebene Befriedigung haben bzw. nach Ersatzbefriedigung suchen. Manchmal werden Butter und Sahne auch aus ideologischen oder religiösen Überlegungen gemieden, weil es sich um ein tierisches Fett oder weil es sich um ein Produkt der Kuh handelt und manchmal, weil die erotisch-verführerische, schmelzende Konsistenz und die wohlschmeckend appetitanregende Wirkung vermieden werden soll.

Eine Frau aß bei Tisch fast nichts, vor allem keine Butter auf ihrem Brot, obwohl sie nichts köstlicher fand als ein frisches Brötchen oder Brot mit Butter. Heimlich aber kaufte sie sich regelmäßig Brot und Butter und aß es für sich alleine. Es gebe nichts, worüber sie sich so schäme, als über ihre "Buttersucht", gestand sie ein, nachdem sie zum ersten Mal davon erzählte. Als sie begann, sich näher mit Butter zu beschäftigen, stieß sie zuerst auf die vielen Redewendungen zu Butter. Mit jeder verband sich für sie etwas Emotionales oder Komplexhaftes, eine konflikthafte oder auch eine angenehme Erinnerung an einen Menschen oder eine Situation. Über ihre "Butterspur", wie sie diese Arbeit dann nannte, kam sie zur Auseinandersetzung mit dem Vater, der keine Butter mochte und zur Großmutter, die immer zu viel Butter ins Essen gab. Sie kam zur Mutter und deren Mutter, die beide gerne Butter aßen und manchmal eine Messerspitze pur schleckten. Sie kam auf ein altes Hausmittel gegen Halsweh in ihrer Kindheit, zu dem Butter gehörte, ihr fielen die Butterkekse ein, die die Mutter kaufte, wenn sie krank war. Sie erinnerte sich an die Erzählungen der Eltern und Großeltern über das Butterstoßen im Butterfass und wie während des Krieges Butter manchmal heimlich gestoßen wurde, weil in der Kriegswirtschaft die Milch abgegeben werden sollte. Und einmal, so erinnerte sie sich, war die Mutter, damals noch ein Kind, mit den beiden Kühen auf dem Feld gewesen und aus einem Flugzeug beschossen worden. Die Kühe rissen aus und nie habe die Mutter mehr Angst gehabt, weil mit den Kühen auch die Milch verloren gewesen wäre.

Um die Butter herum, so fand die Frau zunächst, konnte sie nicht trennen zwischen ihren eigenen Ängsten und Erfahrungen und denen ihrer Eltern und Großeltern, da war sie ein Kind des Krieges, obwohl sie nach dem Krieg geboren worden war. Im Laufe der Symbolarbeit vergegenwärtigte sie sich die Butter in ihren belastenden und ihren positiven Aspekten und konnte gelöster und entspannter mit ihr umgehen. Manchmal versprach sie sich, und es war nicht klar, ob sie gerade über die Mutter oder über die Butter sprach. Aber, so sagte sie später, es war befreiend, diesen "Mutter-Butter-Komplex" zu betrachten. Sie nannte das Thema so, nach einem ihrer assoziativen Sprachspiele zur Butter: "Butter-Mutter-Futter-Luther" war einer ihrer Lieblingsreime, weil in Luther die geistige Tradition ihrer Jugend aufblitzte. Endlich konnte sie beginnen, Buttergebäck und Butterkuchen zu backen, die so köstlich durch das Haus dufteten, "als wäre ich bei meiner Großmutter". Sie lernte nun auch zusehends, sich nicht mehr die Butter vom Brot nehmen zu lassen und in ihrem Leben Butter bei die Fische zu geben.

Literatur: Standard

Autor: Müller, Anette