Brücke

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Keyword: Brücke

Links: Bauwerk, Beziehung, Bogen, Jenseits, Kommunikation, Nachtmeerfahrt, Regression, Treppe

Definition: Brücke leitet sich etymolog. ab von der indogerm. Wurzel "bhreu", "bhru" = "Balken, Knüppel", denn die ersten Brücken waren Knüppeldämme.

Information: In mythologischem Zusammenhang werden Brücken häufig als Übergang zwischen verschiedenen Daseinsbereichen gesehen, also beispielsweise zwischen Diesseits und Jenseits, zwischen dem Bereich der Menschen und der Götter und der Lebenden und der Toten. Häufig müssen die Seelen der Verstorbenen diesen Weg gehen. Dabei stürzt der Sündige oder mit Makel behaftete in die Tiefe.

Im alten China gab es die sehr schmale Brücke zur Jenseitswelt, bei der die Sünder in eine schmutzige Flut stürzten. In einer finn. Überlieferung führt über den Todesfluss eine Brücke, die nur aus einem dünnen Faden besteht. Ebenfalls ein schmaler Holzbalken bildet die Brücke in nordamerik. Indianermärchen. Im Parsismus muss nach dem Tod die Sonvat-Brücke überquert werden; sie ist nur haarbreit und Ungerechte stürzen in die Hölle. Im "Perceval" von Chrétien de Troyes ist die Brücke scharf wie ein Rasiermesser. Ähnlich ist das scharfe Schwert als Brücke im Islam bekannt, die über die Hölle als vorgestellte Feuergrube führt. Darüber müssen alle Seelen nach dem Tode gehen und fallen hinab, wenn Allahs Gnade dies nicht verhindert. Im christl. Mittelalter überquert man auf der "pons periculosus" (gefährliche Brücke) den Höllenfluss auf dem Weg in den Himmel. In der nordischen Mythologie reiten die toten Seelen über die Brücke Bifrost, die von einem göttlichen Wächter behütet wird, nach Walhall. Wenn ein noch nicht Gestorbener die Brücke zur Hel überschreitet, erzittert diese.

Häufig gelten auch der Regenbogen und die Milchstraße als Brücken zwischen den Daseinsbereichen. Die Milchstraße ist dann als Baumstamm, dickes Seil oder Brücke gedacht, auf der die Seelen die irdische Welt verlassen.

In fast allen Kulturen mussten beim Bau von Brücken Bauopfer dargebracht werden, auch um die Flussgottheiten zu besänftigen. Diese Aufgabe vollzog der "Pontifex" (lat. Brückenbauer, Priester), eine später im übertragenen Sinne für den Papst als »Brückenbauer« zwischen Diesseits und Jenseits übernommene Bezeichnung.

Zu allen Zeiten schützten Brückengötter oder Brückenheilige (z. B. St. Nepomuk und St. Rupert) die Übergänge über Flüsse vor unheilvollen Dämonen.

Interpretation: In unserer Sprache haben wir viele Redewendungen, in denen die Bedeutung der Brücke zum Ausdruck kommt: "Jemandem goldene Brücken bauen", "einen Brückenschlag suchen", "alle Brücken hinter sich abbrechen". Die "Eselsbrücke" ermöglicht auch dem Dummen einen begehbaren Weg.

Die Brücke "Pont Saint Bénézet" in Avignon ist durch das Kinderlied "Sur le pont d´Avignon" zu einer Berühmtheit geworden. Als besonderes Symbol zwischen der christlichen und islamischen Welt gilt die Brücke von Mostar über die Neretva.

Besondere Filme: "Die Brücke am Kwai" (1956), "Die Brücke von Arnheim" (1976), Antikriegsfilm "Die Brücke" (1959)

Die Brücke ist ein Vermittlungs- und Friedenssymbol. Als Sinnbild des Selbstwerdungs- und Individuationsprozesses vermag sie über die getrennten Gegensätze hinweg Bewusstsein und Unbewusstes zu verbinden. Über sie wird das Überschreiten der physischen Grenzen möglich und das Übernatürliche in seiner Raumlosigkeit zugänglich. Machte die Brücke in Urzustand des "Goldenen Zeitalters" dem Menschen das beliebige Überqueren der Jenseitsbrücke noch möglich, kann sie heute nur im Tod oder in der Initiationszeremonie überschritten werden. Wer nicht über die moralische Integrität verfügt, stürzt in den höllischen Abgrund zu den Fabelwesen und Dämonen, die hier für die Sünde und Unwissenheit stehen. So ist die Brücke auch Weg der Erleuchtung, wenn sie zur Überwindung der Trennung der Gegensätze führt.

Literatur: Standard

Autor: Obleser, Horst